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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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zerstört, Klerus und Gläubige gespalten, Bischöfe rüsteten und zogen in den Krieg, Blutvergießen, Meineid, Verrat grassierten, weite Gebiete waren beinah menschenleer.
    Alles, nicht genug zu bedenken, zu wiederholen: zur höheren Ehre Gottes! Jede Lüge, jedes Verbrechen eben darum erlaubt. Jeder politische Gegner wurde, wenn irgend möglich, zu einem Feind des Herrn gestempelt, jeder theologische Gegner zu einem »Ketzer«. 79
    Neben all den katholischen Großverbrechen aber geschahen fortgesetzt immens viele kleinere Gaunereien und Gangstereien. Und damit es nicht bei unbewiesenen Pauschal-Bezichtigungen bleibt, folgen einmal gebündelt typische Vorgänge aus der Welt des Klerus zumeist im 10. und 11. Jahrhundert, sind sie doch grundsätzlich in unserem Zeitraum nicht sehr viel anders als schon im vorausgehenden.

Gegenpäpste, Gegenbischöfe und Krieg von Deutschland bis Rom

    Heinrich IV. konnte nach der Rückkehr aus Italien 1085 seine meisten deutschen Widersacher unterwerfen. Gegenkönig Hermann und Erzbischof Hartwig von Magdeburg flohen vor ihm zu den Dänen, drangen aber dann, von dem vertriebenen Würzburger Bischof Adelber »durch anhaltendes Bitten« überredet (Fries), bis Würzburg vor. Bei Pleichfeld, unweit der Stadt, kam es am 11. August 1086 zur Schlacht, von Heinrichs Gegnern, Sachsen und Schwaben, geradezu als Glaubenskampf ausgetragen. Erzbischof Hartwig weihte die zur Erde gestreckten Krieger mit feierlichem Gebet, ehe sie mit einem hohen, mit roter Fahne geschmückten Kreuz aufs Schlachtfeld zogen. Heinrich unterlag, verlor angeblich 2000 Mann, behielt aber gleichwohl auf Dauer die Oberhand. 99
    In Italien war inzwischen Gegenpapst Clemens III. aus dem von Hildebrands Genossen verwüsteten Rom nach Ravenna gezogen. Doch wurde der Exkommunizierte, Verfluchte dort und in Deutschland weithin anerkannt, zeitweilig auch in England, Ungarn, Kroatien. Erst ein Jahr nach Gregors Tod erhob dessen Anhang am 24. Mai 1086 in Rom unter dem Einfluß des Normannenfürsten Jordan von Capua den reichen, mit dem langobardischen Herzogshaus von Benevent verwandten Abt Desiderius von Monte Cassino – den Gregor (dies ist nicht ganz sicher) länger als ein Jahr aus der Kirche ausgeschlossen – als Viktor III. (1086–1087) zum neuen Papst. Freilich war die Inthronisation in der Peterskirche nur durch normannische Truppen ermöglicht worden, die plötzlich den Stadtteil bis zum Tiber samt St. Peter besetzt hatten.
    Bereits wenige Tage später aber verließ Viktor III. fluchtähnlich das noch immer durch Krawalle beunruhigte, in zwei Lager gespaltene Rom, worauf sich, vom kaiserlichen Präfekten gerufen, Clemens III. einfand und im Vatikan residierte. Im nächsten Jahr allerdings, 1087, nahm Viktor mit den Normannen die Leoninische Stadt nebst St. Peter im Sturm, und während Clemens sich in einer anderen Kirche, dem festen Pantheon, verschanzte, wurde Viktor III. am 9. Mai in St. Peter geweiht; die Kirchen Roms, besonders die Petersbasilika, dienten in jenen Zeiten bekanntlich als Festungen, um die man so verbissen kämpfte wie um irgendeine Burg. Doch Roms Boden, noch großenteils von Clementinern besetzt, war Viktor offenbar zu heiß. Er verschwand nach einer Woche erneut, erschien jedoch wieder, diesmal mit Truppen Mathildens, und die Gräfin, seit Gregors Tod eher noch fanatischer kämpfend, eroberte das ganze rechte Tiberufer. St. Peter wurde nun bald von dem einen, bald vom andern Papst genommen und verloren. Man legte Feuer an die Kirche, sang die Messe darin bzw. im Vorhof, ehrfurchtsvoller Weise am Fest Peter und Paul. Schließlich verzog sich Viktor III. zum drittenmal nach Monte Cassino, wo er überhaupt die längste Zeit seines Pontifikats verbracht, auch einst einen Traktat über die Mirakel des hl. Benedikt verfaßt hatte und am 16. September 1087 starb. Seine einzige außenpolitische Aktion: ein Krieg; ein siegreicher Feldzug im Sommer dieses Jahres gegen die Sarazenen in Nordafrika (Osttunesien), wohin er die Italiener mit der Kriegsfahne St. Peters und voller Sündenvergebung geschickt und danach einen Teil der Beute kassiert hat – achthundert Jahre später, 1887, seliggesprochen. (Festtag: 16. September.) 100
    Viktors Nachfolger war ein adliger Franzose, Odo von Châttillon, einstiger Mönch und Prior in Cluny. Von Gregor VII. zum Kardinalbischof von Ostia gemacht, dann am 12. März 1088 in Terracina durch etwa 40 gregorianische Prälaten als Urban II. (1088–1099) zum Papst gewählt und

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