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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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gleich reihenweise »Gottesgerichte«, wunderbare Todesfälle. Die (Gegen)-Bischöfe starben wie die Fliegen: Wigolt am 11. Mai 1088; sein Nachfolger, der von den Welfischen sofort aufgestellte Werinher, sehr plötzlich noch auf dem Weg nach Augsburg; der nächste (Gegen-)Bischof, Ekkehard Graf von Nellenburg, Abt der Reichenau, mußte, gleichfalls schon im Anmarsch, erkrankt zurück und verschied am 24. November 1088 auf der Reichenau. Und als, weitere Querelen beiseite, 1094 Abt Eberhard von Kempten nach besagtem Bischofsstuhl trachtete, wollte Gott, daß auch er »plötzlich« verblich, so daß alle Kandidaten »jeweils eines plötzlichen Todes« starben (Horn). Und bald darauf, 1096, versammelte sich der zwar päpstlich nicht ermächtigte, im übrigen aber rechtmäßige Augsburger Bischof Siegfried ebenfalls zu seinen verewigten Rivalen. 102
    Im gleichen Jahr brach das Abendland zum ersten Kreuzzug auf.
    Heinrich IV. hatte sich in Deutschland inzwischen weiter durchsetzen können. Einige seiner glühendsten Gegner waren so oder so aus dem Weg geräumt; vor allem in Sachsen, wo der Neffe des Kölner Erzbischofs Anno (S. 217 ff.), Bischof Burchard II. von Halberstadt, einer der führenden Köpfe des sächsischen Widerstandes, im April 1088 bei einem Aufruhr in Goslar grauenvoll getötet worden war, die Motive jedoch undeutlich bleiben. Und da auch Erzbischof Hartwig von Magdeburg, erst 1086 noch Besieger des Kaisers (S. 330 f.), mit ihm jetzt Frieden schloß, zeigten sich auch die Sachsen versöhnlich. Gegenkönig Hermann von Salm konnte sich nicht mehr halten und ging, vielleicht unter Verzicht auf die königliche Würde, nach Lothringen zurück, wo er schon Ende September 1088 umkam,
    Allerdings verlor Heinrich in diesem Jahr auch einen beständigen Anhänger, den Bischof Benno II. von Osnabrück – einen perfekten Beutelschneider, nebenbei, der mit seinen berüchtigten Betrügereien, umfangreichen Fälschungen von Königsurkunden (im Zehntstreit mit der Reichsabtei Corvey und dem Frauenstift Herford, die beide bisher die Zehnten »seit der Karolingerzeit unbestritten besessen«: Vogtherr), auch ein in Worms 1077 tagendes Fürstengericht und den König selbst hinters Licht zu führen vermochte, so daß er den Kirchenzehnt aller Bewohner seiner Diözese bekam. (Nach dem Lexikon für Theologie und Kirche »kämpfte« der hochwürdige Herr bzw. versierte Gauner allerdings nur »um die Ausstattung seiner Bischofskirche«; von Fälschung kein Wort. Und natürlich auch nicht davon, daß er seine Bauern gern prügelte.) 103
    Ein weiterer Verlust, beträchtlich schwerer noch, traf Heinrich durch den Tod des Bischofs Burchard von Lausanne, eines unverbrüchlich getreuen Gefolgsmannes (legal mit einer Frau verheiratet, die sogar Bauten für das Bistum schuf).
    Bischof Burchard, seit fast einem Jahrzehnt italienischer Kanzler, ein strammer Krieger auch, war als Träger der heiligen Lanze in einer Schlacht am Vorabend des hl. Weihnachtsfestes gefallen: ein Überraschungsschlag Ekberts II. von Braunschweig, seit dem Tod Ottos von Northeim der bedeutendste deutsche Gegner Heinrichs. Vor Ekberts mächtiger Burg Gleichen (südwestlich von Erfurt) stachen die wackeren Katholiken einander bis tief in die Nacht des 24. Dezember ab, wobei das kaiserliche Heer große Verluste an Toten (darunter zahlreiche Kleriker), Verwundeten und Gefangenen (darunter Erzbischof Liemar) hatte und Heinrich selbst sein Heil nur in schneller Flucht fand. – Zwei Jahre später, 1090, flüchtete freilich auch Graf Ekbert; und er fiel dabei anscheinend durch Leute der Äbtissin Adelheid von Quedlinburg, Heinrichs IV. Schwester, die sich für einen Raub- und Mordzug Ekberts vor zwei Jahren rächte, wie das so Brauch war unter hohen Christen. 104

Kaiser Heinrich IV. in den Netzen Papst Urbans II.

    Über dem deutschen Herrscher brauten sich bald neue Schicksalsschläge zusammen, wobei offenkundig der schlaue Urban die Fäden wob. Kein anderer als er hatte schließlich 1089 die Ehe zwischen dem 17jährigen Welf V., dem Sohn des abgesetzten, papsthörigen, länderhungrigen Bayernherzogs Welf IV, und der vierundvierzigjährigen Mathilde von Tuszien zustande gebracht, also die süddeutschen und italienischen Kaiserfeinde miteinander vereint.
    Doch es kam schlimmer noch.
    Heinrich war im Frühjahr 1090 mit Kriegsvolk über den Brenner gezogen, und wie in Deutschland hatte er auch in Italien zunächst sozusagen erfolgreich operiert, hatte Städte wie Burgen

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