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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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gesehen haben, blutige Wolken, ganze Heere. Und Karl »der Große« war auferstanden, hieß es ... 28
    In den folgenden Jahren, zwischen Frühjahr 1096 und Frühjahr 1101, machten sich, neben allerlei kleineren Gruppen, besonders drei große Kreuzzugsunternehmen auf die »Reise«, dezent gesprochen, auf die »Pilgerfahrt«, den Zug ins »erbelant« Christi, auch »Überfahrt ins Himmelreich ...« genannt. Und dies vor allem, nimmt man den Begriff nur locker genug, wurde es. Blieb doch fast alles irgendwo auf der Strecke, kam nur eine einzige der drei Hauptwellen, die mittlere, überhaupt an.
    Noch ehe sich aber das Gros des Heeres im Herbst 1096 zusammenfand, zogen viele Tausende in mehreren Scharen mit Frauen und Kindern im Winter 1095 und zumal im nächsten Frühjahr los, die sogenannten Bauernkreuzfahrer, auf zweirädrigen Ochsenkarren oft die ganze Familie einschließlich der Kleinsten, etwas Mundvorrat dazu, ausgestattet nicht selten mit Prügeln bloß, Sicheln, hölzernen Schwertern, doch mit einem starken Glauben. Und angeführt von dem Eremiten Peter von Amiens und dem Ritter Walter Habenichts. Eine deutsche Bande, Franken, Schwaben, Lothringer, stand unter dem Priester Gottschalk.
    Das militärische Engagement des »kleinen Mannes« war völlig neu, war einzigartig. Denn Krieg im Mittelalter führte bisher nur der Adel, nicht der Bauer, der Arme. Es war die Kirche, die zum Ersten Kreuzzug erstmals auch die Masse mobilisiert, in den Krieg geschickt hat, den Tod. Und in welchen oft! 29

Der »Weg des Kreuzes ...«

    Kämpfend, sterbend drang »das Heer Gottes« im sengenden Juli über Dorylaion weiter durch Anatolien nach Syrien » auf das Haus unseres Herrn Jesus vor«, wie der Graf Stephan von Blois seiner Gattin Adele von der Normandie berichtet, einer Tochter Wilhelm des Eroberers, wobei er nicht die Mitteilung versäumt, »an Gold und anderen Reichtümern gegenwärtig zweimal soviel zu besitzen«, als ihm die Dame seines Herzens mitgegeben. Man nahm türkische Festungen, Mensch und Tier hungerten, gingen an Entbehrungen zugrunde, doch siegte man fort und fort und machte, mit Graf Stephan zu sprechen, Eroberungen »für den Herrn«.
    Man muß sich dies vorstellen, diesen Wahnsinn »für den Herrn«: – den Wallfahrer-Wurm, der mit Weibern und Kindern sich dahinquält, kilometerlange Schlangen im ausgedörrten Land, glühende Wüsten, unwegsames Gebirg, Ritter, Bogenschützen, Gebärende, die ihre Leibesfrucht – (Rettet das keimende Leben!) – »auf der Erde liegen« lassen (Albert von Aachen), Maschinenbauer, Halbwüchsige und Nutten, alles unter schwarz schwirrenden Wolken von Fliegen, Dunstglocken von Gestank, von Schweiß, Weihrauch, stechende Sonne, verseuchte Nahrung, Kruzifixe und Fußangeln, Fiebergeschüttelte, Verdurstende, an Hitzschlag Sterbende, an Erschöpfung, Hunger, wer arm ist, krepiert zuerst. Man säuft, wie die auf Burg Xerigordon zernierten Bauernkreuzzügler, Pferde-, Eselsblut, Urin. Man stirbt zwischen Marschmusik und Delirierenden, bei Viehgebrüll, Vergewaltigungen, Psalmen. Aufgeschlitzte Roßbäuche, erstickende Reiter, Prozessionen und Massaker, der »Weg des Kreuzes«: man betet und erschlägt, man predigt und ersticht, anstürmende Pferde, Lanzenhagel, wirbelnde Schwerter, zerklüftete Helme, Hirne, hervorquellende Augen, Kirchenfahnen an Kolonnenspitzen, Ikonen, Heiligenbilder, Reliquien, die nicht bloß schützen, die Waffen mörderischer machen sollen, und vor dem Schlachten Priester mit hochgerecktem Kreuz und Abendmahlskelch – in diesem Zeichen JEDES VERBRECHEN. Und bei alldem und immer: während die Masse des elenden Fußvolks teils auf den Blutfeldern untergeht, teils in der Sklaverei, teils einfach auf dem Weg, dem »Weg des Kreuzes«, rettet die Elite auf schnellen Pferderücken ihr kostbares Leben.
    Allmählich gelangte man in mehr rechtgläubige Gefilde, seit etwa 1020 von armenischen Auswanderern besiedelt. In Artah massakriert die ansässige Christenheit beim Heranziehen des Kreuzheers die türkische Besatzung, säbelt ihr die Köpfe ab und wirft sie über die Mauer. »Fromm und fröhlich begrüßten sie darauf die Pilger«, meldet der zu Hause gebliebene Albert, »canonico et custode Aquensis ecclesie«, Autor der reichhaltigsten Prosageschichte dieses Kreuzzugs. Und noch immer, registriert Erzbischof Wilhelm von Tyrus, überall »Luxus und eine beispiellose Verschwendung«. 49
    Im Fürstentum Edessa wünschten die Christen einen westlichen Wallfahrer als

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