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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Christen, Krieg den andern! So und nur so verstand die militante Kirche seit Konstantin im Grunde stets ihr Evangelium (»... und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind« – wer guten Willens war, bestimmte sie: vgl. S. 301).
    »Mögen diejenigen, die einst gegen Brüder und Verwandte Fehde geführt haben, jetzt den Kampf gegen die Ungläubigen aufnehmen, wie es sich gebührt«, rief der Papst und drängte zum alsbaldigen Aufbruch, nicht versäumend, Gott »Führer« zu nennen, »nicht ich,
sondern der Herr bittet und ermahnt ..., es ist Christus, der befiehlt«
(vgl. S. 275). Am nächsten Himmelfahrtstag sollte die Sache beginnen – und ein Himmelfahrtsunternehmen für viele wurde es auch.
    Urbans eigentliches Kriegsziel war die »Befreiung« der gesamten orientalischen Kirche. Dafür warb er Truppen. Er schützte aber mehr seine Sorge um die Pilger – die bisher nicht bewaffnet sein durften, was erstmals er völlig preisgab –, um das »heilige Grab«, um Jerusalem vor. 21
    Jerusalem.
    Vor fast viertausend Jahren schon erwähnt, von David erobert, von Nebukadnezar, von Titus zerstört, wurde die Stadt unter christlicher Herrschaft (330–638) zu einem wahren Wallfahrtsmagneten mit einem buchstäblich schwindelhaften Arsenal von Reliquien, nicht zuletzt »Christus-Reliquien«: von der Geißelsäule mit zahlreichen jesuanischen Gesichts-und Körperabdrücken über Dornenkrone und Abendmahlskelch bis zu den am Ölberg bei der Himmelfahrt hinterlassenen göttlichen Fußspuren – alles authentisch (III 279 ff!, 289 ff!).
    Doch leider fielen diese und tausend andere heilige Schätze dem Araber-Sturm zum Opfer, geriet Jerusalem 638 in die Hand des Kalifen Omar, Mohammeds zweitem Nachfolger und Schwager. Der »Befehlshaber der Gläubigen« übte indes ein mildes Regiment, ließ auch die Juden, während der Christenherrschaft aus Jerusalem verbannt, wieder zurückkehren. Und noch zu Beginn des 11. Jahrhunderts genossen Juden wie Christen den Schützlingsstatus (
d
imma), den das islamische Recht monotheistischen Religionsanhängern gewährt, ja, sie konnten zu hohen Hof- und Verwaltungsstellen aufsteigen. Nur unter dem Kalifen al-Hakim kam es seit 1008/09 zu Repressionen, zu Konfiskationen von Kirchengut, zur Enteignung und teilweisen Zerstörung mehrerer christlicher Gotteshäuser und Klöster, darunter die Grabeskirche; Maßnahmen, die allerdings bald wieder annulliert worden sind.
    Der Papst aber propagierte die Rückeroberung Jerusalems.

Christliche Kriegshetze

    Jerusalem hatte jedoch niemals der westlichen Christenheit gehört! Und seit in jenem winterlichen Februar 638 Kalif Omar auf einem weißen Kamel in die Stadt einritt, ist sie auch dem Islam heilig, die dortige Felsenmoschee eines seiner großen Heiligtümer. Gleichwohl sprechen auch spätere Päpste, Kreuzzugsprediger und Chronisten immer wieder vom Heiligen Land als dem »Erbgut« des Herrn, das es wiederzugewinnen oder auch zu verteidigen gelte.
    Weiter behauptete der Papst, die abendländischen Pilger würden am Besuch der »heiligen« Stätten gehindert. In Wirklichkeit ist dies durch den islamischen Staat nie geschehen. Denn selbstverständlich konnten westliche Christen nach Jerusalem wallfahrten, sogar im 7. Jahrhundert. Drei Jahrzehnte nachdem die Araber 637 Jerusalem erobert hatten, fährt Bischof Arculf von Périgueux nach Palästina und verbringt fast ein Jahr und neun Monate in der Stadt. Dann läßt dort Karl »der Große« Pilgerherbergen errichten, studieren westeuropäische Wallfahrer die Bibliothek der Marienkirche. Auch ein Hospital für Pilger entstand in Jerusalem. Christliche Mönchsklöster konnten gebaut, enorme Schenkungen überwiesen werden.
    Im Jahr 869 schreibt der Patriarch von Jerusalem, Theodosius, dem Patriarchen Ignatius von Konstantinopel, die Sarazenen seien gerecht und belästigten die Christen in keiner Weise. Im 10. Jahrhundert reist Bischof Konrad von Konstanz dreimal, Bischof Johannes von Parma sechsmal nach Jerusalem. Wie überhaupt der westliche Pilgerstrom dorthin nie vollständig abriß, gerade im 11. Jahrhundert in die Heilige Stadt wahre Massenpilgerungen begannen unter Führung von Bischöfen, Äbten, weltlichen Fürsten aus Deutschland, Frankreich, England. Noch 1064 wallfahrteten – damals vielbeachtet – Erzbischof Siegfried I. von Mainz und die Bischöfe Günther von Bamberg und Adelber von Würzburg in den Orient. 22
    Zwar waren die Christen in Jerusalem nur Bürger zweiter Klasse,

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