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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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– »die einen stachen sie ab, die andern zertraten sie mit den Hufen ihrer Pferde ...« (Albert von Aachen).
    Dem talentierten Peter, der offenbar zur Kreatur des raffinierten Bohemund geworden war, fliegen die Heiligenvisionen nun fast wie Bienenschwärme zu – und alle Heiligen »sprechen die militärischen und politischen Absichten Bohemunds aus« (Heer). Freilich fiel nicht jeder auf das Lanzen-Stückchen und die Hilfe des hl. Andreas herein. Kritik kam auf, und als sich der glückliche Finder endlich zur Feuerprobe bereitfand, starb er an den erlittenen Verbrennungen.
    Auch der Beauftragte des Papstes starb. Am 1. August erlag Bischof Ademar von Le Puy, oberster Führer des Kreuzzuges, einer Seuche, die Zehntausenden weiterer christlicher Heilskämpfer allzufrüh das Paradies erschloß. Ein halbes Jahr fast stritten sich darauf die Fürsten um Antiochia, das schließlich Robert Guiscards Sohn, Bohemund von Tarent bekam. Für ihn war damit der »Weg des Herrn« beendet. Er blieb an Ort und Stelle und sorgte für die Ausbreitung seiner Macht, den zweiten Kreuzfahrerstaat. Sein Konkurrent Raymond von St.-Gilles erhielt als Trost die Grafschaft Tripolis. Balduin hatte bereits Edessa. Gottfried von Bouillon schlug sich einen Teil von Syrien zu. Der Papst, von den Fürsten gebeten, selbst nach Antiochia zu kommen und den Kreuzzug anzuführen, verspürte offenbar wenig Lust. Wie alle großen Strategen sah er sich die Sache lieber aus der Ferne an; das gewährleistet auch den Überblick.
    Ein weiteres halbes Jahr wälzte, kämpfte man sich wieder vorwärts, einen Weg voller Leichen hinter sich und voller Leichen vor sich – »der Weg des Kreuzes«. Man stürmte zahlreiche kleine Burgen und Städte, während die Priester gewöhnlich im Rücken der Schlächter »in ihren heiligen Gewändern« standen und zum Herrn flehten, er möge das Heidentum zerschmettern. Nach der Einnahme von Maarrat an-Numan, östlich von Antiochia, stachen die Streiter Gottes, laut einer arabischen Quelle, mehr als hunderttausend Menschen ab. Die Stadt quoll über von Toten, was den Kreuzzüglern jedoch auch insofern zustatten kam, »als die schon stinkenden Leichen der Feinde vom Christenvolk verzehrt worden sind« (Albert von Aachen). Neue Hungersnöte brachen gleichwohl herein, Kalamitäten, Seuchen, Zwiste. Bohemund und Raimund rauften um Maarrat-an-Numan, Balduin und Tankred stritten um Bethlehem. Man machte sich schon Gedanken um die noch ausstehende fetteste Beute. Und gläubig genoß man zwischen Entmutigungen und Massakern abwechselnd den lebendigen Leib des Herrn und die Leichen der »Ungläubigen«. 52

7. Kapitel

Das Ende der Salierzeit und des Investiturstreits
    »... dann gingen die Auseinandersetzungen zwischen Kaisertum und Papsttum unter ... dem energischen Paschalis II. (1099–1118) mit unverminderter Härte weiter.«
    Harald Zimmermann 1

    »Der Investiturstreit dauerte ein halbes Jahrhundert, und nicht minder wütend als der dreißigjährige Krieg hat er Deutschland (und auch Italien) verheert ...«
    Ferdinand Gregorovius 2

In den Spuren des verratenen Vaters

    Heinrich V. hatte seinen Sieg mit Hilfe der Kirche durch Untreue gegenüber dem Vater erkauft. So begegnete er zunächst Papst und Klerus voller Ergebenheit, Entgegenkommen, Demut. Sofort nach seiner Thronbesteigung sorgte er für die Entfernung schismatischer, d.h. wibertistischer Bischöfe von Sachsen bis Bayern, wobei der Haß des siegenden Klerus soweit ging, noch die Leichen gegenpäpstlicher Bischöfe aus den Kirchen zu reißen. Was freilich die Investitur betraf, machte auch Heinrich V. keine Zugeständnisse. Der Papst aber bestand bald und mit aller Entschiedenheit auf dem Investiturverbot. 9
    So setzte jetzt Heinrich V., der seinen Kampf gegen den Vater mit der Kirche begonnen hatte, als König den Kampf des Vaters gegen die Kirche fort. Wie dieser hielt auch er an der Investitur fest, legitimiert durch altes, von der Kirche vordem nicht angefochtenes Gewohnheitsrecht. Paschalis sah sich deshalb in seinen schönsten Hoffnungen getäuscht. Verhandlungen, die er mit Heinrichs Gesandten führte oder führen ließ, blieben ohne jeden Erfolg. Und in all diesen Jahren, besonders 1107, 1108, 1109, führte der Stellvertreter Christi auch einen unentwegten Kleinkrieg, belagerte und stürmte er widerspenstige Adelsnester, aufständische Kastelle in und um Rom, das nach dem Geständnis des päpstlichen Biographen die Höhle täglicher Empörung war. Und als er 1110

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