Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
ähnliches, wenn auch kaum ganz so schlimmes Schicksal durch den Sultan nördlich von Konya (bei dem heutigen Akschir). Odo von Deuil, der beim Überqueren des Gebirgs dies »noch ganz getränkt vom Blut der Deutschen« gefunden, sah jetzt beim »abscheulichen Berg« den Abgrund sich »immer mehr mit den Trümmern unseres Heeres füllen«; und das alles durch ein »ungläubiges Volk«. Doch vermag er »als Mönch ... den Herrn anzurufen oder die andern zum Kampf zu ermutigen ...« Vermag er »in Tränen zu zerfließen« und den Söhnen Frankreichs, die starben, »bevor sie zum Manne reifen konnten«, immerhin »die Märtyrerkrone« zu verheißen ...
Die traurigen Reste der Heere, durch zahlreiche Neuzugänge mittlerweile übers Meer gelangter Pilger »aufgefrischt«, verrichten erst noch schnell ihre Andacht am Heiligen Grab. Dann beginnen sie zur Lösung ihres Gelübdes und im Einvernehmen mit dem Patriarchen Fulcher, den Erzbischöfen von Cäsarea und Nazareth sowie den Großmeistern des Templer-und Johanniterordens weitere sinnlose Kämpfe an den Grenzen des jerusalemischen Königreiches.
Unter den Majestäten Konrad, Ludwig und dem jungen Balduin III. von Jerusalem, dessen Mutter Melisende noch für ihn regiert, eröffnen sie im Juli 1148 die Einschließung des benachbarten Damaskus – ausgerechnet des einzigen moslemischen Staates, dessen Emir, als Feind Nur ed-Dins, Frieden und Freundschaft mit den Christen sucht! Die fränkische Streitmacht ist die größte, die je im Heiligen Land ins Gefecht geführt worden ist. Doch das Ganze wird ein Debakel. Die Damaszener machen bald Jagd auf die Belagerer »und schleppten ihre Köpfe davon, um den Preis dafür zu bekommen ... eine große Zahl ihrer Köpfe«, wie der arabische Augenzeuge Ibn al-Qalanisi festhält. Es gab »unzählige Leichen Gefallener, auch viele ihrer herrlichen Pferde, deren Kadaver so stanken, daß fast die Vögel aus der Luft herabfielen«.
Da immer neue islamische Entsatztruppen angekündigt wurden oder auch eintrafen, Eifersucht und Argwohn unter den Christen grassierten, Schuldzuweisungen, Betrug, da überdies der König von Jerusalem, Patriarch Fulcher und die Tempelritter, möglicherweise durch Gold, 200000 Denare, die nicht einmal echt gewesen sein sollen, bestochen worden waren, machten sich die Abendländer nach schweren Verlusten und stets mehr zerstritten aus dem Staub. König Konrad gelobte feierlich, im Heiligen Land »niemalen wieder, zu keinem künftigen Zeitpunkt, etwelche Hilfe« leisten zu wollen, »weder in eigner Person noch durch irgendeinen der Seinen«. Und Ibn al-Qalanisi jubelte: »Jedermann freute sich über die von Gott geschenkte Gnade und dankte ihm, dem erhabenen, immer wieder.« 29
Der Westen verlor mit diesem Kreuzzug sein Ansehen im Orient und war in zwei Lager gespalten. Die Deutschen verbündeten sich vertraglich mit den Griechen zur Vernichtung des sizilischen Reichs, die Franzosen verbündeten sich mit diesem Reich. Franzosen wie Deutsche begannen dazu, die alteingesessenen Lateiner Palästinas zu verachten. Offen erklärte man, die Türken seien besser. Und noch lange verwünschte man, besonders in Deutschland und Frankreich, die Initiatoren des ganzen mißglückten Unternehmens, Papst Eugen und den hl. Bernhard, den eigentlichen Verschulder der Katastrophe, der die Verantwortung jetzt allen möglichen Leuten zuschob, auch den »Sünden« der Kreuzfahrer natürlich, besonders aber Byzanz und dem Papst, und nicht anstand zu erklären, Kritik an ihm sei Kritik an Gott.
Und schon treibt er, der ja wußte, daß der Erste Kreuzzug als »Werk Gottes« unternommen ward, also auch ein neuer Kreuzzug als Gotteswerk beginnen konnte, treibt er mit aller Macht zu einem neuen, aber diesmal – zu einem Kreuzzug gegen das christliche Byzanz; und wird bereits zwanzig Jahre nach seinem Tod, am 18. Januar 1174, durch Papst Alexander III. kanonisiert. 30
Verdient. Hochverdient.
Denn schließlich hatte er nicht nur den Zweiten Kreuzzug auf dem Gewissen.
»Tod oder Taufe« – Der Wendenkreuzzug
Die Schwertmission gegen die »Heiden des Nordens« zwischen Elbe und Oder ging in besonderem Maße auf Bernhard von Clairvaux zurück. Er nämlich stachelte am 19. März 1147 zu Frankfurt König und Fürsten, wie Albert Hauck meint, zum törichtesten Unternehmen des 12. Jahrhunderts auf. Doch der Theologe übertreibt. In jenem Jahrhundert konnten noch genug andere Staatsaktionen und Aktionen der Kirche an Verrücktheit mit dem
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