Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
großer Kreuzzug ausbrach ...
Kirchenlehrer Bernhard verheißt »einen großen Markt«
Am 1. Dezember 1145 rief Papst Eugen III. in »Quantum praedecessores«, der ersten erhaltenen Kreuzzugsbulle für den Orient, zu dem neuen Aggressionskrieg auf, wobei er allen Teilnehmern wieder volle Sündenvergebung garantierte, Aufschub für sämtliche Zahlungsverpflichtungen, Entfall von Zinsverbindlichkeiten und Schutz ihres Besitzes, im übrigen aber sich nur an die Franzosen wandte. Auch erinnerte er Ludwig, den erlauchten und ruhmreichen König, die Fürsten und alle Getreuen Gottes in Frankreich in einem eindringlichen Brief an »Papst Urban seligen Angedenkens«, habe doch er schon »die himmlische Posaune ertönen lassen«, um das ruhmreiche Grab des Heilands, um Jerusalem und noch viele andere Städte zu befreien »von dem Unflat der Heiden« (a paganorum spurcitia). Und tatsächlich nahm der König »in höchster Begeisterung aus der Hand des besagten Abtes (Bernhard) das Kreuz und gelobte den Kreuzzug, zusammen mit ... vielen anderen Grafen, Baronen und Edlen seines Reichs« (Otto von Freising). 23
Hinter dem eher schwächlichen Papst stand sein Lehrer Bernhard von Clairvaux, der einmal Eugen eitel-unverfroren schreiben konnte, »es heißt, nicht Ihr wäret Papst, sondern ich« (Aiunt, non vos esse papam, sed me); der ja schon in einer Ritterfibel alle möglichen Verbrecher, auch Kirchenschänder und Gottlose, ins Heilige Land gewiesen, denn ihr Abzug erfreue im Abend-, ihr Zuzug im Morgenland. Den französischen König Ludwig VII. und den deutschen Kaiser Konrad III. trieb er durch seine blendende Zungenkunst zum Krieg – ein Fiasko für Europa.
Wer war dieser – schon oft genannte – Bernhard von Clairvaux?
Als Sohn eines Vasallen des Herzogs von Burgund anno 1090 geboren, gehörte Bernhard dem hohen Adel an. Der jähe Tod seiner Mutter um 1106/1107 bewog ihn 1112 oder 1113 zum Eintritt in das Kloster Citeaux. 1115, als er auch die Priesterweihe bekam, gründete er in der Champagne das Kloster Clairvaux, dessen Abt er wurde. Und bald zog Bernhard so viele Novizen an, daß man fast jährlich zwei neue Klöster baute. In seinem Todesjahr 1153 zählte der Orden bereits 350, um 1200 schon 530 Klöster, um 1500 gar 700 Männer- und 900 Frauenklöster. So schießt das Geistliche – das Gegenteil des Geistigen – auf dieser besten aller Welten gar höllisch ins Kraut.
Gleichwohl war der Berühmte, eine »jener großen zwingenden Persönlichkeiten ..., denen man nicht widerstehen kann«, das »religiöse Genie seines Jahrhunderts«, das, so Kirchenhistoriker Franzen, »in erster Linie ... stets Mönch, Heiliger und Mystiker gewesen«, überall öfter anzutreffen als in den von ihm gegründeten Konventen, da er, von allen Seiten gerufen, auf allen Seiten sich eingemischt und die meisten Teile Europas bereist hat. So begleitete er Innozenz II. durch Frankreich, die Niederlande, Italien und verhalf ihm gegen Anaklet II. in Frankreich, England, Deutschland auch mittels Lügen und Verleumdungen zum Sieg. Er gewann sogar Mailand für »seinen« Papst. Er kontaktierte in Sizilien mit König Roger II. Er griff wegen zu naher Verwandtschaft König Ludwigs VII. Ehe mit Eleonore von Aquitanien an, die 1152 geschieden wurde. Er stellt sich resolut gegen die papstfeindlichen Römer und ruft »Kaiser Konrad zur Rache« (Wetzer/Welte). Er bekämpft Arnold von Brescia, der darauf exkommuniziert und nach mehrfacher Flucht und Gefangenschaft Ende Juni 1155 bei Rom hingerichtet wird. Bernhard erreicht die Verurteilung Abaelards – dessen intellektuelle »Konkurrenz« er fürchtet, haßt, den er durch das ganze Abendland denunziert, als Heuchler, Lügner verschreit, als Schrittmacher des Antichrist – durch das Konzil von Sens; erreicht auch das Verbot seiner Schriften sowie die Exkommunikation aller Anhänger und Verteidiger seiner »Irrlehre«; erreicht die Verurteilung Gilberts von Poitiers durch das Konzil von Reims; und er stachelt in Aquitanien und Languedoc gegen die Katharer auf. Angeborene Sanftmut bescheinigt ihm Otto von Freising – und Fanatismus »aus glühendem Eifer für den christlichen Glauben«.
Alexander III., der die Verfolgung der »Ketzer«, besonders der Katharer und Albigenser verfügte (»der erste große Rechtsgelehrte (!) auf dem Papstthron«: Kelly), hat Bernhard 1174 zum Heiligen, der in einem Breve des Jahres 1830 die lockere Moral der Jugend geißelnde Pius VIII. hat im selben Jahr den
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