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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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des Heiligen Kriege im Westen

    Im Mai/Juni 1005 griff der König durch einen – zu Thiel in der heiligen Fastenzeit vorbereiteten – Feldzug über die Zuidersee die Westfriesen an; angeblich ein Rachekrieg für den Schlachtentod des Grafen Arnulf. Dieser war freilich schon zehn, zwölf Jahre früher gefallen. So geschah die mäßig erfolgreiche Attacke auf die Westfriesen wohl eher zugunsten der wachsenden Macht der Utrechter Bischöfe und der Witwe Arnulfs, Liudgard, einer Schwester von Heinrichs Gattin Kunigunde. Das Bistum Utrecht gehörte seit Karl I. zur Kirchenprovinz Köln, umfaßte den größten Teil der heutigen Niederlande und trieb einen blühenden Handel bis nach Sachsen, England, Dänemark und Norwegen. Die in Utrecht geprägten Münzen (Münzrecht seit 936) wurden bis nach Skandinavien, bis ins Baltikum verbreitet. Und wie sehr sich das Bistum gegen seine friesischen Nachbarn engagierte, zeigt u.a. der Friesenfeldzug 1018, bei dem die bischöflichen Truppenkontingente größer waren als die der weltlichen Fürsten.
    Schon ein Jahr nach seiner Friesenheerfahrt kämpfte Heinrich erneut im Westen.
    Kaiser Otto II. hatte entlang der Scheide Marken errichtet, die offensichtlich den französischen Kronvasallen Balduin IV. den Bärtigen, Graf von Flandern (988–1035), bedrohten. Dieser suchte die Scheide, den Grenzfluß, zu beherrschen. So schloß Heinrich gegen Balduin im August 1006 ein Bündnis mit dem (wundertätigen) König Robert II. dem Frommen von Frankreich (987/996–1031), das kein anderer als Bischof Notker von Lüttich (S. 47 f.) vermittelt hatte. Und Dritter im Bunde Herzog Richard II. von der Normandie (996–1026); auch er in den Quellen gefeiert als »Muster an Tugend, Friedenshüter und Schirmherr der Kirche« (Renoux). Doch trotz solch dreifach gottgefälliger Vereinigung des Heiligen, des Frommen, des Kirchen-Schirmherrn kam es gerade durch letzteren im Spätsommer 1006 im Gebiet von Arras nicht nur zu den üblichen Plünderungen, sondern sogar zum Kampf um das Kloster Mont-Saint-Eloi, das die Mönche vergeblich verteidigten; das »Gotteshaus« wurde von den Angreifern vollständig ausgeraubt. Da der Vorstoß dennoch mißlang, nahm Heinrich den Krieg bereits im nächsten Jahr wieder auf. Dabei suchten seine Scharen – unter ihnen, an der Spitze eines großen Aufgebots, der hl. Bischof Bernward von Hildesheim – plündernd das Kloster Holthem heim und dessen Kirche. Man eroberte Gent und verwüstete Flandern, worauf Balduin Geiseln stellen und sich im Oktober in Aachen unterwerfen mußte. Den »ersten und sichersten Gewinn aus dem glücklichen Feldzug« (Hirsch) aber machte das Bistum Cambrai; es erhielt gleich noch zu Aachen die Grafschaft des Cammerichgaues. 47
    Sogar mit den Brüdern seiner hl. Gattin Kunigunde, Tochter des Grafen Siegfried I. von Luxemburg (Lützelburg), führte Heinrich II. in Oberlothringen, diesem von Fehden geschüttelten Land, langjährige Bürgerkriege (1008–1015). Freilich war auch das Verhältnis zu seinem eigenen Bruder, dem Bischof Brun von Augsburg, nicht gut – er jagte ihn zweimal, 1003/1004 und 1024, in die Verbannung.
    Die Luxemburger hatten ihre Stellung unter dem königlichen Schwager ausgebaut. Sie beherrschten den größten Teil Oberlothringens, wollten aber auch nach Osten expandieren, an der mittleren Mosel Fuß fassen, was Heinrich zu weit ging. Zwei von Kunigundens Brüder waren Geistliche. Sie brannten vor Ehrgeiz und suchten die frei werdenden Bischofsstühle von Metz (1005) und Trier (1008) zu gewinnen, zwei Diözesen in ihrer Einflußsphäre.
    Zunächst hatte sich 1006 Bruder Dietrich II. angeblich eigenmächtig zum Bischof von Metz gemacht. Wahrscheinlich jedoch erhielt er nach dem Tod Adalberos II. den vakanten Metzer Sprengel Anfang 1006 durch Zutun seines Schwagers Heinrich selbst. Und auch dem Schwager Adalbero, Propst von St. Paulin in Trier, scheint der König, nach Auskunft der Quellen, das dortige Erzstift versprochen zu haben. Jedenfalls wählte man nach dem Tod von Erzbischof Liudolf von Trier dort Adalbero, Kunigundes jüngsten Bruder, übrigens ein bewährter Kirchenräuber, kanonisch korrekt zum Nachfolger. Doch nun wurden die aufstrebenden Verwandten dem König zu stark und er übertrug, entgegen den »dringenden Bitten seiner geliebten Gemahlin und anderer Freunde« (Thietmar), Trier einem Gegenbischof, dem Mainzer Kämmerer Megingaud (1008–1015). Dieser kaufte sich zwar, längst nicht mehr ungewöhnlich, für

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