Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert
Kreuzzug aufgerufen. 66
Im Februar 1004 stieß König Heinrich ins Milzenerland vor. Doch schwere Schneefälle und plötzliches Tauwetter behinderten die deutschen Invasoren, sonst wäre wohl, meint Thietmar, »das ganze Land wüst und menschenleer geworden«. Gott, klingt's nicht bedauernd?! Unwillig jedenfalls mußte der Heilige von seinem Vorhaben ablassen.
Noch im Sommer aber zog er mit seinen in Christo Getreuen aus Sachsen, Bayern und Ostfranken gegen Böhmen, wo nach den Thronwirren jetzt Polenfürst Boleslaw regierte und Heinrichs Lehnshoheit über das Land bestritt. Begleitet wurde das königliche Heer von dem vertriebenen Böhmenherzog Jaromir sowie, scheint es, von jeder Menge Prälaten: Gottschalk von Freising, Walter von Speyer, Wibert von Merseburg, Hildiward von Zeitz, Wido von Brandenburg, Hilderich von Havelberg, Tagino von Magdeburg. Die Magdeburger Erzbischöfe trugen zeitweise sogar die Hauptlast von Heinrichs Polenattacken. War doch gerade »pugnax Saxonia«, das kriegerische Sachsen (Leo von Vercelli), das damals mehr Erzbistümer aufwies als jede andere deutsche Gegend, nach Osten nur so gespickt mit Burgwarden.
Unterwegs wohnte der König Anfang August der festlichen Einweihung der neuen Nienburger Klosterkirche bei Calbe an der Saale bei und schenkte angesichts des bevorstehenden Polenspektakels dem Abt Ekkehard, einem seiner Verwandten, mehrere Besitzungen in der Lausitz »um des sicheren Sieges willen«.
Es wurde fast ein Prinzip Heinrichs II., vor Offensiven an Kircheneinweihungen teilzunehmen. So vor den Heerfahrten nach Polen 1010 und 1017. So an der Weihe des Mainzer Domes vor dem Marsch gegen Burgund. Ja, noch die drei Kirchweihen anno 1021 in Quedlinburg, Merseburg und Bamberg begriff man »als Teil einer geistlichen Vorbereitung des Italienfeldzuges« (Guth). Man nennt das auch »politische Frömmigkeit«. Und ist es Zufall, daß Heinrich am häufigsten Sachsen aufsucht, 39mal, soweit bekannt, daß von den 15 durch ihn beehrten Kirchweihen sieben in Sachsen stattfinden, an der Grenze nach Osten, in diesem »paradiesischen Blumengarten in Sicherheit und Überfluß« (Thietmar)? Überhaupt galt: kein organisiertes größeres Schlachten, auch von Christen, selbstverständlich, ohne hl. Messe! Und so war's ja noch im 20. Jahrhundert ...
Der erste Polenkrieg begann von Merseburg aus. Dabei tat der hl. Krieger, als zöge er gegen Polen, fiel aber, völlig unvermutet, in Böhmen ein, wo ihm die Bevölkerung von Saaz die Tore geöffnet und, meint Bischof Thietmar, »freundliche Unterstützung« geschenkt hat bei einer, so später Looshorn, »entsetzlichen Metzelei«, bei der man die polnische Burgbesatzung erschlug. Anscheinend kam es auch zu brutalen Verstümmelungen, Entmannungen u.a.; jedenfalls erinnert Heinrichs Biograph, Bischof Adalbold von Utrecht, daran. Der König aber wurde durch die Grausamkeiten so gerührt, daß er wieder mal »voller Erbarmen« befahl (vgl. seinen Befehl bei dem Massaker in Pavia: S. 82), den noch lebenden Rest zu schonen.
Darauf maschierte man nach Prag, um dort, nach Heinrichs Anweisung, Boleslaw, »die giftige Schlange zu fangen oder zu töten«. Die Schlange entwich jedoch vor dem unter Jaromir anrückenden Heer nach Polen, während Sobebor, der älteste Sohn des Fürsten Slavnik von Libice, ein Bruder des hl. Adalbert (V 551 f.), noch im Kampf auf der Brücke bei Prag umkam. Im September regierte wieder der Premyslide Jaromir, Boleslavs III. Bruder, in der Stadt (seit 973 Mainz unterstellter Bischofssitz) und leistete Heinrich die Lehenshuldigung. Statt von den Polen wurden die Tschechen jetzt von den Deutschen beherrscht. 67
Damals in Prag, am Geburtsfest der hl. Gottesmutter, 8. September (1004), gebot der König – »mit Genehmigung des dortigen Bischofs« – dem Bischof Gottschalk von Freising, dem Volk zu predigen. Und dieser – nicht nur, schon nominell, ein »Knecht Gottes«, sondern natürlich auch einer des Königs – rief alsbald eindringlich alle »zum Festhalten an doppelten Liebesbanden« auf: »nämlich am Gehorsam gegen Gott und an der Ehrfurcht vor der Obrigkeit« – den seit zwei Jahrtausenden sich so segensreich erweisenden Säulen unserer Gesellschaft.
Darauf zog man »in unendlich schwierigem Marsche« in die Oberlausitz und verrichtete gegen die polnische Besatzung der Burg Bautzen noch mancherlei Heldisches. Auch geschah ein wahrhaft wunderbares Wunder am hl. Heinrich. Denn als der gerade all seine Getreuen zum Sturm
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