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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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ausnehmen, benahmen uns wie seine Feinde, nicht wie Freunde, indem wir mit Ausnahme seiner Leute alles verdarben, manches sogar durch Brandstiftung. Selbst der König sorgte weder für eine Sühne, noch suchte er ihn zu schützen.«
    Schließlich waren gerade die Regenten daran gewöhnt, das Land um sie her gewissermaßen aufzufressen. Das gehörte zu ihren Reisen, ihrem unentwegten Herumziehen, gehörte zu ganz normalen »Gastungspflichten«, dem Anspruch des Herrschers auf Kost und Logis. Befreiungen von diesem durchweg als lästig empfundenen Beköstigungs- und Beherbergungszwang waren selten, sind vor dem 11. Jahrhundert nur schwer nachweisbar. Mit bis zu zweitausend Menschen wälzte sich der Hof dahin, Ritter, Pfaffen, Zofen, Ochsentreiber, ganze Herden von Rindern, Schafen, Schweinen verschlingend. Mitunter zog die Not ein, zog der Fürst ab. Und gelegentlich kam es zur Versagung, zum Widerstand. Bischof Megingaud von Eichstätt (S. 76) schrie auf, als Heinrich II. »ein volles Servitium« von ihm verlangte, »wie es selbst einen Erzbischof in Schrecken versetzt hätte«. »Du übler Kerl«, brüllte er den königlichen Sendling an, »dein Herr hat den Verstand verloren!« Man wußte, warum man den König zum Freund haben wollte – aber nicht zum Gast. 70
    Im Krieg freilich sah das alles noch etwas anders aus, henkte man gelegentlich, wie im zweiten Polenkrieg, »Verräter« und brandschatzte nur, um gewissermaßen in Übung zu bleiben. Bischöfe wie Arnulf von Halberstadt und Meinwerk von Paderborn, im Jahr zuvor schon gegen die Luxemburger dabei, fanden jetzt auch noch Zeit, Mittel- und Niederschlesien zu verwüsten. Trotz häufiger und gewaltiger Regengüsse fügten sie ihren katholischen Feinden »schweres Unheil« zu, führten sie einen ganz planlosen Beutekrieg, im Grunde eigentlich bloß eine Demonstration der eigenen Präsenz. »Erst nachdem alles ringsum verheert war, kehrten die Böhmen in ihr Land, die Unsrigen aber frohgemut durch den Milzenergau an die Elbe zurück« (Thietmar).
    Ein fröhliches Christentum wieder. Meinwerk von Paderborn, erst seit 1009 Bischof, bekam bereits 1011 als erste Frucht seines schon zweimaligen Kriegsdienstes für den Herrscher eine Grafschaft – der Anfang »einer langen Reihe von königlichen Zuwendungen« (Bannasch).
    Mitten im Polenkrieg 1012, in jenem Jahr, in dem der Heilige seine Widersacher im Osten und Westen durch zwei synchrone Feldzüge zu bezwingen suchte, war Erzbischof Tagino am 9. Juni, wie der Chronist es ausdrückt, »nicht in den Tod, sondern freudig hinüber zu Christus« gegangen. 71
    Sein Nachfolger wurde der Dompropst Walthard – nicht ohne ein bißchen Simonie, neben einer Pfründe »für den Lebensunterhalt 20 Pfund Silber als fromme Gabe«. Wie denn auch Thietmar, der Berichterstatter, von sich bekennt, sein eigenes hohes Amt ähnlich erlangt zu haben, »zwar nicht durch Geld, sondern gegen eine Landschenkung an meinen Oheim«. Zum Erzbischof aufgestiegen, erhielt Walthard von Magdeburg den Oberbefehl bei einem neuen Einfall; kamen doch überhaupt aus diesem Raum die bisher Polen attackierenden deutschen Heere.
    Walthard, der anders als seine Vorgänger nie Hofdienst geleistet, nie der Hofkapelle angehört hatte, weshalb er bei seiner Einsetzung dem nur unwillig zustimmenden König als erster Magdeburger Oberhirte einen Treueid leisten mußte, führte den Feldzug lässig. Ja, er brach nach nur kurzem Vorstoß das Unternehmen ab, zwar im Einvernehmen mit dem wieder wenig kriegswilligen Adel, doch entgegen der Absicht Heinrichs, dessen offensive Politik ihm widerstrebte. Und bald warf man denn auch dem für den Angriff verantwortlichen Prälaten vor, »vieles« gegen den König geplant zu haben.
    Leider erfahren wir nicht Näheres. Doch Thietmar, der immerhin erwähnt, daß der Erzbischof bei den Friedensverhandlungen mit Polen, obwohl sie scheiterten, sehr zuvorkommend behandelt und »reich beschenkt« wurde, tut alles, um ihn zu entlasten. Zeigte sich dem berühmten Chronisten, der ja häufig Tote traf (V 395 ff.), auch »der hochwürdigste Mann« selbst am 28. Oktober 1012 in Meißen. Und da er »den Toten gut« kannte, fragte er, wie naheliegend doch, »gleich, wie es ihm gehe«. Und, natürlich, gut ging es dem Toten, gut; war er ja, was die speziellen Anwürfe betraf, seine angeblichen Vorhaben gegen den König, »nicht schuld«! Und später erfuhr unser Geschichtsschreiber gar – wie immer »von glaubwürdigen Leuten« –, Erzbischof

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