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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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wider die katholischen Verteidiger trieb, schützte ihn »die göttliche Vorsehung« vor dem Pfeil eines Bogenschützen und tötete einen dicht neben ihm stehenden Vasallen. »Der König erhob in Demut sein Herz und lobte Gott, der ihm ohne sein Verdienst wie stets seine Obhut und Liebe offenbart hatte.« Jeder eben ist sich selbst der Nächste. Oder, wie Nietzsche sagt: Ein religiöser Mensch denkt nur an sich. »Die Burg aber«, bedauert Bischof Thietmar unmittelbar darauf (vgl. sein Notat S. 90), »wäre durch Brandlegung in Flammen aufgegangen, hätte es nicht ein unglücklicher Befehl des Markgrafen Gunzelin verhindert.« Nein, wie schade wieder. Glück und Pech. Doch schimmert da wie dort viel christkatholische Gesinnung durch. 68
    Um die wenig kriegswilligen Sachsen 1005 zu einem weiteren Zug zu gewinnen, nahm der Heilige seine Zuflucht erneut zu Gott. Auch schloß er mit vielen, zumal mit Prälaten, einen Gebetsbund, der im Todesfall eine beträchtliche Memorialleistung garantierte, eine hohe geistliche Rendite sozusagen. Und dann setzte er im Sommer, in einem der schrecklichsten Hungerjahre – »Farnes magna facta est«, so lakonisch der lahme Mönch von Reichenau –, den Polenkrieg unter dem speziellen Schutz des hl. Thebäerhelden Mauritius fort.
    Heinrich schätzte von früh an diesen Heroen besonders, eine zwar recht sagenhafte, doch auch für Otto I. keine geringe Rolle spielende Figur (V 459 f.), ja, schon im Gangsterregiment der Merowinger hochverehrt (später manchmal mit drei Mohrenköpfen dargestellt, Patron der Infanterie, hilfreich gegen Gicht auch, Ohrenweh, Pferdeleiden – alle sollten ihn brauchen: Schwarze, Weiße, Schlächter, Zivilisten, sogar Tiere; sie natürlich nur wegen ihres Nutzens für die Krone der Schöpfung).
    Im 10. Jahrhundert wurde eine Mauritius-Messe fast Mode. Und unter Heinrich II. rückte der Thebäer, sein Patron und der Magdeburgs, an die Spitze der Soldaten-Heiligen. Man verwahrte das, was man für Reliquien hielt bzw. ausgab, in der königlichen Kapelle. Und nach alten Quellen hatte der hl. Herrscher sancti Mauricii oder wessen Reste immer im Februar 1004 eigenhändig und barfuß durch Schnee und Eis zum Magdeburger Dom getragen – übrigens von dem anrüchigen Kloster Berge aus, dessen Abt Rikdag bereits im folgenden Jahr wegen eines »Verbrechens« abgesetzt worden ist; das Haus selbst wurde zur Zeit der Reformation aufgelöst und zerstört.
    Magdeburg, seit Ottos I. Gründung vielgeförderter Stützpunkt für Offensiven in slawisches Land, sollte offenbar ganz ähnlich unter Heinrich funktionieren, der wiederholt seine Sympathie für Sachsen und die Stadt bekundete und erklärtermaßen das Werk seines »großen« Vorgängers fortsetzen wollte. 69
    Man sammelte sich am 16. August in Leitzkau. Strategisch günstig gelegen (rechts der Elbe, östlich von Magdeburg) – mit einem Hof des Bischofs von Brandenburg –, diente es den Deutschen häufig als Treffpunkt und Ausfallbasis bei Ostattacken, unter Otto III. gegen die Heiden, unter Heinrich dem Heiligen gegen die katholischen Polen (die wahrscheinlich dann die Stätte mit dem Bischofshof zerstörten, worauf sie rasch wieder zur Waldwildnis wurde. 1030 nahmen die Polen den Brandenburger Oberhirten Liuzo gefangen).
    Am Tag vor dem Treffen in Leitzkau hatte der hl. König in Magdeburg »die Himmelfahrt der hl. Gottesmutter« begangen, am nächsten Tag die hl. Messe gehört, dann nebst hl. Gattin zu Schiff die Elbe überquert. Mit Heerespflichtigen aus dem ganzen Reich, darunter auch das Kriegsvolk des Bischofs Arnulf von Halberstadt und des Erzbischofs Tagino von Magdeburg, der selber mitritt und -stritt, mordete man sich in verlustreichen Gefechten zur Oder vor. Dort stießen die Streiter Christi auf die Liutizen samt ihren Feldzeichen. Fahnen mit paganen und katholischen Götzen flatterten nun in schöner Eintracht nebeneinander. Und öffentlich trieben die Heiden ihren Satansdienst. Doch als Hilfstruppen ließ sie selbst Bischof Thietmar gelten; freilich: »Meide ihre Gemeinschaft und ihren Kult, lieber Leser!«
    Unter rechtgläubigen Emblemen und denen des Teufels drang man tief in Polen ein, weiter als je zuvor ein deutsches Heer; nicht ohne Strapazen durch lange Märsche, schlechte Verpflegung, peinigenden Hunger und sonstiges Kriegselend. Dem fliehenden Feind auf den Fersen, wurden Heinrichs Männer doch häufig geschlagen, besonders bei ihren gefährlichen Verprofiantierungsabstechern. Der Kriegsherr selbst

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