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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Verfolgungen gingen im übrigen nach der großen Pest weiter, nicht anders als die pestartigen Krankheiten. Und die Juden, zahlenmäßig stark reduziert, vertrieben, kehrten oft bald zurück, häufig sogar in jene Gemeinden, die sie noch vor kurzem verfolgt und nicht selten jetzt selbst wieder gerufen hatten (um sie weiter auszunehmen, wieder vertreiben, wieder rufen zu können ...)
    Nürnberg nahm die ersten jüdischen Bürger schon 1349 wieder auf. Und in Augsburg standen sie seit 1355 erneut unter dem Schutz einer Stadt, die sie nur wenige Jahre zuvor erschlug. Als aber dort und weitum 1380 abermals eine Seuche grassierte, so daß man Bittgänge »mit gotz lichnam und mit allem hailtum« gelegentlich stundenlang machte, wurde auch wieder eine Judengemeinde in der Nähe ausgerottet – »do erstachen die von Nördlingen all ir juden, man und wib und kind, der wol zwei hundert was«. 54
    Das alles also lief weiter – durch Jahrhunderte.
    Nun hört man freilich auch durch Jahrhunderte, ja heute noch und immer wieder, daß manche Päpste, Kaiser, Fürsten den Juden Recht und Schutz gewährt hätten. Wie steht es damit?

Die »Judenfreundlichkeit« gekrönter Häupter und der Nervus rerum

    Gewiß, es gab einzelne Päpste, die Schutzbriefe, Schutzbullen zugunsten der Juden erließen. Zum Beispiel zu Beginn des Frühmittelalters Gregor I., im 12. Jahrhundert Alexander III., im 13. Gregor IX. oder Innozenz IV. Doch beiseite, daß dies Eintreten für die Juden oft so gut wie nichts bewirkte, schon gar nicht auf Dauer, was angesichts der unübersehbaren Flut oft scheußlichster antijüdischer Kirchenliteratur nur zu begreiflich ist; beiseite auch, daß manches vielleicht gar nicht (ganz) ernst gemeint, nur eine jederzeit vorzeigbare edle apostolische Geste war, sogar die oben genannten, sich für die Juden verwendenden Päpste stellten sich öfter und viel eindeutiger gegen sie.
    Gregor I., der »Große«, der Heilige, der Kirchenlehrer, der selbst nie mit Juden geredet haben soll, er schimpfte sie glaubensleer, des Teufels, hielt ihr Bekenntnis überhaupt nicht für Religion, sondern für Aberglauben, er verbot ihnen den Bau, die Erweiterung von Synagogen, verbot ihnen jede Missionstätigkeit, untersagte ihnen überhaupt jedweden Einfluß im Leben der Christen (IV 177 ff.).
    Alexander III. dekretierte auf dem Dritten Lateranum (1179), indem er einen schon sehr alten antijüdischen Erlaß wiederholte, daß Christen Dienst bei Juden nicht gestattet sei, ja, wollte Juden, übrigens ganz wie der hl. Augustin, nur am Leben lassen, damit sie durch ihr Unglück die Herrlichkeit Christi bezeugen.
    Papst Gregor IX. schmäht sie in einer Bulle von 1233 »Gotteslästerer«, »Lästerer des Blutes Christi«. Sie sind »Untreue«, »Falsche«, sie geben sich in ihren Häusern, umringt von Ammen, Dienerinnen, »unerhörten Dingen hin, die bei denen, die davon wissen, Abscheu und Entsetzen erregen«. Deshalb verfügt der Papst, »die erwähnten und anderen Frevel der Juden in Euren Diözesen, Kirchen und Gemeinden unbedingt zu unterdrücken, auf daß sie nicht den unter ewiger Knechtschaft gebeugten Nacken zu erheben wagen«.
    Gregor IX. – ein Judenfreund?
    Ein Jahr später, 1234, hat der Papst diese ewige Knechtschaft der Juden in einem fünfteiligen Gesetzbuch, dem »Liber extra«, juristisch ausgeformt. Und 1239 befiehlt er den Königen von England, Frankreich, Navarra, Aragón, Kastilien und Portugal sowie ihren Prälaten, den Juden an einem Sabbat, wenn sie in ihren Synagogen seien, alle Bücher wegzunehmen und an die Bettelmönche auszuliefern. Im nächsten Jahr wurden in Paris alle erreichbaren Talmudausgaben eingezogen und 1242 nicht weniger als 24 Wagenladungen konfiszierter Talmudexemplare verbrannt.
    Innozenz IV. endlich, der die »schöne Bulle« von 1247 erließ, in der er so eindringlich die wütende Verfolgung der Juden bedauert, beklagt, daß man sie ihres Vermögens beraube, mit Hunger, Gefängnis, mit anderen Qualen bedränge – »und tötet ihrer viele auf gräßlichste Weise, so daß die Juden unter der Herrschaft dieser Fürsten, Gewalthaber und Adligen ein schrecklicheres Los haben als ihre Väter unter Pharao in Ägypten ...« – als hätte ihnen nicht zuerst und vor allem die Kirche dieses Los aufgenötigt! –, Innozenz IV. ist im Grunde so antijüdisch wie seine Vorgänger und die ganze Gemeinschaft der Heiligen.
    Ja er, der doch auch die fürchterliche Bulle »Ad exstirpanda« zugunsten der Inquisition

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