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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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wechselten sie nach seinem Tod fast augenblicklich wieder die Partei. Allen voran die Kirchenfürsten, darunter Philipps enger Vertrauter, der Bischof von Speyer, Konrad von Scharfenberg (S. 76!). Oder, gleichfalls einer der eifrigsten Staufergenossen, Bischof Konrad von Halberstadt, dem Otto für sein promptes Überlaufen 800 Mark bezahlte. Über lief sogar, dafür vom Papst besonders belobt, der eigentliche Führer der staufischen Sache im Nordosten, Erzbischof Albrecht von Magdeburg. Und auch dieser wurde von Otto mit einer stattlichen Summe belohnt (wenn auch, wie andere, angesichts der durch Krieg und Rüstung erschöpften königlichen Kasse, nur aus Verschreibungen für die Zukunft). Hat Otto doch noch die erzbischöflichen Brüder, die Grafen Heinrich und Günther von Käfernburg, mit 1000 Mark bedankt, nebst Stadt Saalfeld zum Pfand. Selbst Äbte bekamen für ihren Wechsel Gratifikationen, Abt Heribert von Wenden Zinserlaß, Abt Widukind von Corvey den Reichswald Solling. Man erkaufte, man verkaufte sich, die ständige Skrupellosigkeit brachte Geld. Walther beklagt den anpasserischen Adelsmarkt. »Dâ hin dâ her wart nie so wert in allen tiutschen landen: swer nû dâ hin dâ her niht kan, derst an dem spil betrogen. künege wâren ê die niht dâ hin dâ her bekanden: nust si der list wol kemen an, inwerhes umben bogen. ez heten hie bevor die grôzen fürsten niht gelogen diu liute noch diu lant: nu ist in meistic allen dâ hin dâ her bekant.«
    Es begann geradezu ein Wettlauf um Ottos Gunst. »Von allen Ecken und Enden des Reiches zogen Boten auf Braunschweig zu, mit Versicherungen der Ergebenheit und Dienstwilligkeit ihrer Herren ...« (Winkelmann). Kurz, weitaus die meisten unterstützten jetzt wieder den Welfen und riefen ihn auf dem Hoftag zu Frankfurt am 11. November 1208 nochmals zum römischen König aus. Bald darauf verlobte sich, von Innozenz mehrfach angeraten, der fast Siebenunddreißigjährige mit der allenfalls elfjährigen Beatrix, einer Tochter des getöteten Staufers – »und alle Eigengüter, Burgen, Städte und Ortschaften, die lange zuvor die göttlichen Kaiser Friedrich und Heinrich mit großen Ausgaben und unendlichen Geldern zusammengetragen hatten, gingen in seine Verfügungsgewalt über; auch erhielt er die Gunst aller Fürsten und besonders der Schwaben zusammen mit den Regalien und der Burg Trifels« (Marbacher Annalen).
    Die Ermordung Philipps nutzte nicht nur seinem Rivalen, sondern förderte auch die päpstlichen Ambitionen auf die Herrschaft im Reich. Und dies um so mehr, als sich Otto devot weiter zu Innozenz als König »von des Papstes Gnaden« bekannte und ihm alles zu verdanken gestand. Der Heilige Vater aber, der den Mord, zumindest nach außen, verabscheute, sosehr er ihm gelegen kam und so erleichtert er nun war, erkannte in der Untat auch gleich ein klares »Gottesgericht«, wodurch die Zwietracht in Deutschland beseitigt sei. Sofort beglückwünschte er Otto, beteuerte ihm wieder seine Zuneigung, nannte ihn »teuerster Sohn«, »den Mann nach seinem Herzen«, signalisierte ihm seine nahe Erhebung auf den Kaiserthron – und gab ihm, argwöhnisch, wie er war, in dem Bischof Johann von Kamerijk einen Aufpasser. 35
    Otto erneuerte gegen Ende März 1209 in Speyer die Neußer Kapitulation von 1201 (S. 53), erneuerte Verzichte auf diverse kirchliche Rechte des Königs in Deutschland, erneuerte den Verzicht auf die Mathildischen Güter, auf das Herzogtum Spoleto, die Mark Ancona, freilich ohne Zustimmung der deutschen Fürsten. Und sicherte seine Hilfe zur Ausrottung der »Ketzer« zu.
    Kaum aber standen beide Herren 1209 auf Ottos Romzug – die letzte Italienfahrt eines deutschen Königs lag dreizehn Jahre zurück – in Viterbo erstmals einander gegenüber, änderte sich das Bild. Zwar empfing Innozenz seinen Schützling noch mit biblischem Zungenschlag: »Da ist mein liebster Sohn, an dir hat meine Seele Wohlgefallen«, umarmte ihn gar väterlich, während, so die »Braunschweigische Reimchronik«, »sin munt im eyn vruntlich kussen gaph ...«. Doch als man zu den Geschäften kam, war es mit dem guten Einvernehmen vorbei.
    Otto wollte nicht mehr halten, was er versprochen. Er wollte nicht Bedingungen vor der Kaiserkrönung unterschreiben, wollte erst danach verhandeln. Da die deutschen Großen seinen Versicherungen nicht zugestimmt hätten, seien diese ohnehin nicht rechtsverbindlich. Er spielte einen Eid gegen den andern aus, beanspruchte Orte wie Montefiascone und

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