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Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 07 - Das 13 und 14 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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freudig gebilligt. 6

Byzantinische Geschichten und das Abendland

    Wozu der kleine Seitensprung nach Zadar nämlich führte, das war ein Kreuzzug von Christen gegen Christen, war Krieg gegen die orthodoxe Christenheit – von fern freilich schon vorbereitet durch die wachsenden Animositäten gegen das griechische Reich während des 12. Jahrhunderts, dem man unterstellte, die Kreuzzüge ins Heilige Land zu behindern. Tatsächlich blieb es »ein regelmäßiges Anliegen« des frommen Westens, den »Kreuzzug in den Orient mit einem Krieg gegen Byzanz zu verbinden« (Hehl). Andererseits gewann Ostrom durch die Kreuzzüge die Hälfte Kleinasiens zurück und »sah es nicht ungern, daß sich Islam und Westen in gegenseitigen Kämpfen abnutzten« (Bosl).
    Einer der wichtigsten Betreiber des Zweiten Kreuzzuges hatte sich kaum nach dessen Scheitern darangemacht, einen neuen Krieg zu fördern: der hl. Kirchenlehrer Bernhard von Clairvaux; unterstützt von einem weiteren Heiligen, dem Abt Petrus Venerabilis von Cluny (einem Mann, der nicht nur heftig gegen Moslems und Juden stritt, sondern sogar mit dem Abt Pontius um den Besitz seines eigenen Klosters (vgl. S. 428), unterstützt endlich auch von Abt Suger von Saint-Denis, zeitweilig wichtigster Berater des französischen Königs Ludwig VI. und selbst so kriegserfahren, so kreuzzugsbegeistert, daß ihn nur sein Tod daran hinderte, eine eigene Kreuzfahrt anzutreten.
    Auch die Päpste hatten nach dem Zweiten Kreuzzug immer wieder zu neuen Kreuzzügen aufgerufen, so 1157, 1165, 1166, 1169, wahrscheinlich auch 1173, 1181 und 1184, fanden aber nur geringes Echo. Und ein Jahrzehnt nach den Massakern des Dritten Kreuzzuges (VI 545 ff.) stand man vor dem Vierten – beiseite das Zwischenspiel der großangelegten und gut organisierten, doch scheiternden Kreuzfahrt Heinrichs VI. (S. 30 ff.), der ja, neben der Eroberung Jerusalems, auch schon die von Byzanz zum Ziel hatte. 7
    Und jetzt, nachdem die Pilger in Zadar überwintert, rückten sie gegen Konstantinopel an. Sie griffen – ein willkommener Vorwand – in der Hauptstadt zugunsten des byzantinischen Thronprätendenten Alexios (IV.) Angelos ein, Sohn des von seinem älteren Bruder Alexios III. gestürzten und geblendeten Kaisers Isaak II. Angelos – später wird der dritte Alexios noch einem weiteren Kaiser, seinem Schwiegersohn, die Augen ausreißen lassen (S. 95): ein probates Verfahren in christlichen Herrscherhäusern.
    Vater und Sohn waren 1195 nach der Machtübernahme durch Alexios III. eingekerkert worden, einen Usurpator, mit dem Papst Innozenz – freilich vergeblich – jahrelang Kontakte pflog, dem er gleich zu Beginn seiner Thronbesteigung ein Schutz- und Trutzbündnis gegen das Deutsche Reich angeboten, allerdings nur unter der Bedingung, daß der Byzantiner sich der römischen Kirche unterwerfe und ein stattliches Heer zur Befreiung des Heiligen Landes schicke, wobei der Papst den Kaiser wiederholt bedrohte.
    Doch 1201 gelang dem Prätendenten Alexios auf einem pisanischen Schiff die Flucht nach Rom zu Innozenz und später zu Philipp von Schwaben, dem Mann seiner Schwester Irene. Der Heilige Vater aber, der damals Otto IV. begünstigte, gab ausweichende, hinhaltende Antworten, verweigerte jedoch Philipps byzantinischem Schwager seinen Beistand und benutzte den Thronanwärter nur als Druckmittel gegen den amtierenden Kaiser Alexios, dem er die Kirchenunion, die Wiedervereinigung unter päpstlicher Führung, aufzwingen wollte. Er drohte mit der Förderung des Neffen und seines entthronten Bruders Isaak, stand aber zu dem Usurpator gegen den Prätendenten.
    In Zadar versprach Prinz Alexios den Kreuzfahrern und Venezianern für die Gewinnung Konstantinopels vertraglich viel Geld, ferner die Wiedererrichtung der Kircheneinheit, das heißt die Unterstellung des Patriarchats von Konstantinopel unter papale Oberhoheit, sowie Hilfe in weiteren Kreuzzügen, 10000 byzantinische Soldaten. Und im Mai 1203 kam es auf Korfu zu einem Abkommen.
    Wenn sich dagegen auch heftiger Widerstand erhob, Simon de Montfort und der Abt von Les-Vaux-de-Cernay sogar empört abreisten, unter den Bischöfen und Äbten überwogen »allem Anschein nach die Anhänger des Projektes; den deutschen Herren und Geistlichen hatte König Philipp dessen Unterstützung noch besonders auf die Seele binden lassen« (Kretschmayr). Denn alles paßte nur zu gut zu der expansiven Orientpolitik des Westens, zur antibyzantinischen Kreuzzugsstimmung, zumal sich diese auch

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