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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Cibo Mann oder Frau sei? Schau die Schar seiner Kinder an! Das ist der beste Beweis. Schuldig hat er acht Knaben gezeugt und ebensoviele Mädchen: Mit Recht darf Rom diesen Mann als ›Vater‹ bezeichnen.«
    Doch wieviele Sprößlinge immer giftige Zungen ihm nachgesagt haben (zur Zeit seiner Papstwahl lebten sicher noch zwei, Teodorina und Franceschetto), er machte kein Geheimnis daraus, gab sie nicht als Neffen, Nichten oder sonstwas aus. Im Gegenteil, offenherzig verheiratete er einige der Seinen mit diversen Fürstenhäusern Europas, zögerte auch nicht, Hochzeiten mit allem Pomp im Vatikan zu feiern, und gelegentlich feierte sogar die Mutter seiner Töchter mit. Mag Cibo aber als Papst seine Mätresse aufgegeben, mag er sich mit mehreren Konkubinen getröstet haben: »Seine Heiligkeit erhebt sich aus dem Hurenbett«, so sagte man allemal, »um die Pforten des Fegefeuers und des Himmels zu öffnen und zu schließen.« 46
    Und da der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, trieb es auch Papstsohn Franceschetto Cibo, der beim Vater im Vatikan wohnte, entsprechend. Auf nächtlichen Streifzügen soll er, in Häuser eindringend, jede Frau, die er begehrte, vergewaltigt haben – ohne Tadel des Heiligen Vaters. War er nicht zu Einbrüchen und amourösen Gewalttaten unterwegs, durchbrachte Franceschetto die Abende oft in den Spielhöllen der Stadt, und als er einst in einer einzigen Nacht an Riario 14000 Dukaten verlor, bezichtigte er den Kardinal des Betrugs, und der Papst erzwang von diesem die Rückerstattung der Summe.
    Auf Geld war Innozenz VIII. ebenso aus wie auf das Glück seiner Kinder. So betrieb er die Vermählung von Franceschetto mit Maddalena Medici, der Tochter Lorenzos il Magnifico, wobei er nicht zögerte, im Gegenzug dessen dreizehnjährigen Sohn Giovanni Medici, den späteren Leo X., zum Kardinal zu erheben (hatte doch Sixtus IV. schon den Siebenjährigen zum apostolischen Protonotar gemacht). Und gleichzeitig wurde der illegitime Sohn des Papstbruders Kardinal.
    Wie der Vorgänger im Amt, der ihm hohe Schulden hinterlassen, brauchte auch Innozenz nichts dringender als die Sanierung der Finanzen, zumal auch seine Hofhaltung so prunkvoll wie unmoralisch war. Vorübergehend mußte selbst der Kronschatz, mußten Mitra und Tiara des Papstes verpfändet werden. Sahen sich einige seiner Beamten doch sogar genötigt, sich durch eine Fälscherwerkstatt und den schwungvollen Handel mit gefälschten Bullen über Wasser zu halten. Man hat Ablässe auch für die schlimmsten Vergehen en masse verkauft, hat jede Menge überflüssiger Ämter (nicht nur in der Kurie) kreiert und den Meistbietenden zugesprochen. Allein die Einführung von 24 neuen päpstlichen Sekretärstellen erbrachte eine Kaufsumme von 63000 Kammerdukaten. Und für jedes Verbrechen ging man straflos aus, konnte man die päpstliche Kanzlei entsprechend befriedigen. Verbrechen aber gab es ständig; bloß von der Erkrankung Innozenz' VIII. bis zur Krönung seines Nachfolgers wurden 220 Mordtaten gezählt. 47
    Eines seiner besten Geschäfte machte der ständig geldhungrige Pontifex ausgerechnet mit den Türken. Zwar rief auch er zunächst zu einen Kreuzzug gegen sie auf, wollte er sie mindestens fünf Jahre bekriegen, doch blieb alles im Ansatz stecken, ja schließlich ging Innozenz als erster Papst vertragliche Verbindungen zu den Osmanen, einen Handel mit Sultan Bayezid II. ein.
    Beim Kampf nämlich um die Herrschaft nach Mohammeds II. Tod 1481 mußte dessen jüngerer Sohn Dschem, Bayezids Bruder und Rivale, fliehen und gelangte dabei – Opfer jahrelangen Schacherns und Geisel bis zu seinem Tod – über den skrupellosen, wortbrüchigen Großmeister des Johanniterordens Pierre d'Aubusson auf Rhodos nach Frankreich und 1489, gegen einen Kardinalshut für den Johannitergroßmeister, in die Hand des Papstes. Nach einem unverschämten Handel hielt Innozenz den unglücklichen, längst von ihm begehrten Prinzen für jährlich 40000 Dukaten von der Hohen Pforte gefangen, auf daß er seinem Bruder nicht gefährlich wurde.
    1490 lieferten dessen Gesandte in Rom kostbare Geschenke samt der Drei-Jahres-Rate, 120000 Golddukaten, ab, was etwa 60 Prozent der regulären Einnahmen aus dem Kirchenstaat entsprach. Der treusorgende (Heilige) Vater nutzte das Geld für die Ausstattung seiner Kinder, und 1492 überbrachte eine weitere Delegation aus Konstantinopel u.a. gar die – natürlich triumphal eingeholte – kostbare Spitze der Heiligen Lanze, die einst den

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