Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
der aber gleichwohl zu seiner Seelenrettung der Kirche große, u.a. den Pilgern geraubte Summen spendierte. Und vom Heiligen Vater vernichtet, verschwand die Macht des Geschlechts »wie der Rauch, wie in Feuer geworfenes Wachs« (Kardinal Ammanati).
Im Krieg um Rimini, in den der Argwohn um die sich mehrende Macht Roms fast ganz Italien trieb, wurde das Heer des Papstes am 30. August 1469 geschlagen. Und auch gegen den Böhmen Georg von Podiebrad (1458–1471), der sich schließlich zum Utraquismus bekannte, zur Förderung des Laienkelches, vermochte sich Paul nicht ganz durchzusetzen. So entband er ihn 1465/1466 formell sämtlicher Würden und ließ sein Land durch den ungarischen König Matthias I. Corvinus/Hunyadi – seit 1468 mit Böhmen im Krieg, seit 1469 Gegenkönig zu Georg – im sogenannten Ketzerkreuzzug schweren Verwüstungen aussetzen, ohne ihn, den auch Katholiken unterstützten, zunächst sogar die Bischöfe von Olmütz und Breslau, völlig niederringen zu können.
Auch sonst hatte Paul außenpolitisch wenig Erfolg. Weder gelang ihm, wie in der Wahlkapitulation versprochen, eine Fortsetzung des Krieges gegen die Türken, die 1463 Bosnien erobert, König Stefan gefangen und getötet, die 1470 auch noch Negroponte (Euboia) genommen hatten, den letzten größeren venezianischen Stützpunkt; noch konnte er König Ludwig XI. von Frankreich (1461–1483) zur Beseitigung der Pragmatischen Sanktion (S. 224 f.), der sogenannten gallikanischen Freiheiten, bewegen, noch die russisch-orthodoxe Kirche versöhnen. Mit 54 Jahren starb Paul II. überraschend am 26. Juli 1471 durch einen Schlaganfall oder, nach anderer Auskunft, »angeblich an einem Herzinfarkt, während er mit einem seiner Lieblingslustknaben Analverkehr hatte« (Cawthorne). 30
Innozenz VIII. (1484–1492) Das »Goldene Zeitalter der Bastarde«
»Wer als Papst ins Konklave geht, der verläßt es wieder als Kardinal«, schrieb Ferraras Gesandter später seinem Herrn. So erging es Rodrigo Borgia, der als Vizekanzler genügend Geld angehäuft hatte, um die Wahl gewinnen zu können. Denn Konklaven wurden nicht mehr, wie einst so oft, durch nackte Gewalt entschieden, sondern durch Korruption. Dem Borgia aber, wie sehr er auch Ämter, Gelder, Güter, Benefizien versprach, mißtrauten die Kardinäle. Und da auch sein schärfster Konkurrent, der Neffe des verstorbenen Papstes, Giuliano della Rovere, der künftige Julius II., seine Chancenlosigkeit erkannte, ließ er es ebenfalls an Bestechungen nicht fehlen und tat alles, um einen Mann durchzusetzen, der für ihn beherrschbar war, einen Kompromißkandidaten der rivalisierenden Orsini und Colonna: Giovanni Battista Cibo, der sich Innozenz VIII. nannte.
Johannes Burckard, einst aus dem Elsaß wegen Urkundenfälschung und Diebstahl vertrieben, doch in Rom 1483 zum päpstlichen Zeremonienmeister aufgestiegen, berichtet als Organisator des Konklave in seinem Diarium, wie sich Cibos Generosität, seine buchstäblich bestechende Freigebigkeit, herumsprach, wie die zur Nacht sich bereits niederlegenden Kardinäle aus ihren Zellen nur spärlich bekleidet herbeieilten, um ihre Suppliken, ihre Wunschlisten, vorzulegen, und wie Cibo sie alle sehr entgegenkommend unterschrieb, ohne zu lesen, was er unterschrieb, und ohne es dann zu halten.
Innozenz VIII. war eben die »Güte und Liebenswürdigkeit« in Person, aber leider »sein Vorleben ... nicht frei von sittlichen Verfehlungen« (Seppelt). Und diese sittlichen Verfehlungen scheinen, werden sie bekannt, für viele neuzeitliche Kirchenhistoriker stets das Schlimmste zu sein. Damals machte man sich etwas weniger daraus, zumal im Umkreis der Heiligen Väter selbst. 45
Giovanni Battista Cibo, einem vornehmen Genuesergeschlecht entstammend, wuchs am Hof von Neapel au f. Dort hatte er, wie es hieß, »die schreckliche Unart der Sodomie« angenommen. »Seine ungewöhnliche Schönheit verschaffte ihm in Rom Zugang zur Familie des Kardinals Philipp von Bologna, um dessen Vergnügen zu dienen. Nach dem Tod seines Beschützers wurde er der Liebling von Paul II. und Sixtus IV., der ihn zum Kardinal ernannte.«
Ob derartige Dienste nun aus Lust und Neigung oder mehr karrierebedingt geschahen, der Günstling von Sixtus IV. soll es – nicht zufällig rühmte man seine Amtszeit das »Goldene Zeitalter der Bastarde« – – auch auf acht uneheliche Söhne und ebenso viele uneheliche Töchter gebracht haben. »Was suchst du Zeugen«, höhnte man in Rom, »um zu beweisen, ob
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