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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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lascivie e disonesti)«, wie Jacopo Nardi berichtet, übergab man den Flammen, »und alle möglichen Figuren und Gemälde«. Er fiel über den Schönheitskult her. Selbst Fra Bartolomeo, der wahrscheinlich unter Savonarolas Einfluß Dominikaner wurde, Lorenzo di Credi, Sandro Botticelli verbrannten ihre Nacktstudien.
    Der Bußprediger zerriß die Familien. Er inszenierte eine Art Inquisition, überall herumstreifende, herumspionierende und denunzierende Sitten Wächter, sogar eine fanatische »Kinderpolizei«, Jugendlichengruppen (»fanciulli«), die, geschützt von Erwachsenen, die Florentiner terrorisierten, ihnen in razziaartigen Heimsuchungen Kartenspiele, Masken, Spiegel, anderen Hausrat wegnahmen und auf dem Scheiterhaufen verbrannten. 18
    Doch nicht nur das religiöse, moralische, soziale Leben suchte Savonarola zu dirigieren, auch das politische. Er spielte eine führende Rolle bei den Umwälzungen in Florenz, bei der Etablierung einer demokratischen Verfassung (governo popolare), mit der er freilich, nach venezianischem Vorbild, auch aristokratische Prinzipien verband. Er forderte während des Exils der Medici für jeden, der die Tyrannei wieder einsetzen wollte, ausnahmslos die Todesstrafe, und jeder sollte Tyrannen »ohne Sünde in Stücke hauen« dürfen, was man fast augenblicklich zum Gesetz erhob. Savonarola machte die Arnometropole zur Gottesstadt, Christus zum »König von Florenz« und propagierte das Bündnis mit Frankreich und Karl VIII., dem neuen Kyros, dem »Messias«, den er als Gottes Werkzeug zur Kirchenreform ausgab (vgl. S. 329 ff.), womit er in Gegensatz zur papalen Politik, zur antifranzösischen Liga geriet. Und dies störte Alexander anscheinend weit mehr als Savonarolas Kritik an der Kurie, der »Hure Babylon«, und an ihm selbst, von dem er behauptet, »daß er weder Christ ist noch an die Existenz Gottes glaubt«, daß er der Antichrist sei.
    Savonarola wurde 1495 mit Predigtverbot, 1496 mit Auflösung seiner Reform-Kongregation bestraft und 1497 exkommuniziert. Er verlor an Popularität, als der Papst 1498 Florenz mit dem Interdikt und dadurch auch das Geschäftsleben der Stadt bedrohte. Im April stürmte die inzwischen umgestimmte Volksmenge S. Marco. Savonarola kam, an Händen und Füßen gefesselt, in den Kerker, wiederholt und verschärft auf die Folter, seine Prozeßakte hat man gefälscht. »Um der guten Sache willen«, meinte ein Richter, »war einiges weggelassen, einiges hinzugefügt worden.« Und nach seiner – von vornherein feststehenden – Verurteilung durch ein kirchliches Gericht wurde er am 23. Mai 1498 mit zwei Mitbrüdern, Domenico Buonvicini und Silvestro Maruffi, gehängt, verbrannt, die Asche in den Arno gestreut und sein Anhang hart verfolgt. Heute, in Erinnerung an seinen 500. Todestag (1998), eröffnet man offiziell das Verfahren zu seiner Seligsprechung. 19
    Bald nach dem Florentiner Galgenszenario gab Alexander sein Bündnis mit dem abgetakelten Neapel preis und ging nun seinerseits zu Frankreich über. Der Papst brauchte Frankreichs König, und Frankreichs König brauchte den Papst.
    Ludwig XII. hatte als Herzog von Orléans seine Cousine Johanna (Jeanne de France), die verwachsene Tochter Ludwigs XI., als Gattin aufgenötigt bekommen, erwartete der Regent doch eine kinderlose Ehe und den Heimfall des Hauses Orléans an die Krone. Als aber 1498, nach Karls VIII. plötzlichem Tod, der Herzog als Ludwig XII. selbst den Thron bestieg, begehrte er sofort die Scheidung, um die Königinwitwe Anna von Bretagne heiraten zu können. Der Papst annullierte die Verbindung, weil der neue König die Förderung Cesares versprach. Johanna wurde verstoßen, Ordensgründerin und heilig (Fest 4. Februar). Und Cesare wurde Herzog von Valence und mit Charlotte d'Albret verheiratet, der siebzehnjährigen Schwester des Königs von Navarra, da die ihm zunächst versprochene, am französischem Hof erzogene Prinzessin Carlotta von Neapel sich entschieden weigerte, einen »Pfaffen und Pfaffensohn« zum Mann zu nehmen.
    Der »Pfaffe« freilich hatte, als er im Herbst 1498, prachtvoll, beinah wie ein orientalischer Despot, nach Frankreich zog – mit Hunderten von Maultieren, mit auf 200000 Dukaten geschätztem, meist schamlos von der Kurie erpreßtem Gut –, den Hut schon abgelegt und damit auf eine Rente von 35000 Goldgulden verzichtet; als Herzog in Italien versprach er sich mehr. 20

»Blutsäufer Julius« tritt an

    Auf Alexander VI. folgte Francesco Todeschini-Piccolomini,

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