Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Pius III., der Neffe Pius' II., der ihn schon vor mehr als vierzig Jahren zum Kardinal gemacht. Als solcher wurde er, eine freilich umstrittene Behauptung, »ein glücklicher Vater von nicht weniger als zwölf Kindern, Männlein und Fräulein« (Gregorovius). Und vielleicht war der neue, nach den üblichen Intrigen gewählte Pontifex ja (auch) deshalb so friedfertig gestimmt.
Jedenfalls: endlich ein Papst, wider den sich beinah nichts sagen läßt, angesichts seines gesamten Pontifikats nicht, außer daß er verbot, gegen »Cesare Borgia von Frankreich«, seinen »geliebten Sohn«, »den Herzog der Romagna und von Valence, den Gonfalionere der Kirche«, vorzugehen. Er schrieb mehrere Breven zu seinen Gunsten und gestattete ihm gar die Rückkehr nach Rom mit tausend Mann.
Ja, ein fast einwandfreier Pontifex: freilich schon bei seiner Krönung am 8. Oktober so krank, daß er kaum stehen konnte und zehn Tage später starb; immerhin noch auf dem Sterbebett gewillt, seinen Neffen Giovanni Piccolomini zum Kardinal zu kreieren; doch nicht mehr kräftig genug, die bereits vorbereitete Ernennungsbulle zu unterzeichnen. Vergiftung, wovon mehrere Quellen sprechen, ist da wohl entbehrlich, zuviel (des Bösen) – obgleich er noch am Tag vor seinem Tod nicht an sein nahes Ende glaubte. 30
Aus ganz anderem Schrot und Korn: der Nachfolger Giuliano della Rovere, Julius II. (1503–1513). Sein berüchtigter Onkel Sixtus IV., der eigentliche Begründer von Macht und Reichtum der della Rovere, hatte ihn 1471, gleich zu Beginn seiner Regierung, zum Bischof und Kardinal ernannt, worauf er rasch weitere Bistümer, mindestens acht, viele Abteien und Pfründen bekam, was ihn zu einem der reichsten Kardinäle machte. Schon wiederholt Papstkandidat, war er, wie sein Onkel, durch schier unversiegliche Versprechungen und Bestechungen an einem Tag (fast) einstimmig auf den Stuhl der Stühle gelangt. Danach aber erwies er sich in einer Bulle vom 14. Januar 1506 unverschämt genug, künftigen Papstkandidaten die Simonie, mittels derer er selbst aufgestiegen, unter Androhung schwerster Strafen zu verbieten und eine solche Wahl für null und nichtig zu erklären. 31
Auch dem Nepotismus hat Julius II., der ja selbst päpstlicher Vetternwirtschaft alles verdankte, seinen Tribut gezollt, wenn auch nicht im sozusagen sixtinischen Ausmaß. Doch verlieh auch er mehreren seiner Verwandten den Purpur. So dem ältesten Sohn seiner Schwester Lucchina, Galeotto della Rovere, dem besonderen Liebling, dem er dazu das wichtige und einträgliche Vizekanzleramt übertrug sowie eine Fülle von Benefizien. Kardinal wurde auch Clemente Grosso della Rovere. Und als Galeotto schon 1508 verblich, ernannte Julius noch an dessen Todestag einen weiteren Nepoten, Sisto Gara della Rovere, zum Kardinal, ebenfalls zum Vizekanzler und überschüttete ihn mit sämtlichen Benefizien des Verstorbenen – alles für Ludwig von Pastor ein Beweis: »Wie wenig Julius II. sich nepotistischen Neigungen überließ«!
Längst hatte der Papst auch einen anderen Verwandten, Francesco Maria Rovere, einen dreizehnjährigen Jungen zum Stadtpräfekten Roms erhoben, auch dafür gesorgt, daß dieser 1508 Herzog von Urbino wurde, als welcher er, der Neffe des Papstes, 1511 in Rom auf offener Straße einen Kardinal abstach! Eine der Borgia würdige Szene. Julius absolvierte ihn und gab ihm auf dem Sterbebett Pesaro obendrein, ein Gebiet des Kirchenstaates, wo er dann residierte.
Auch sonst wirkt manches borgiaesk. So berauschte sich Julius zuweilen an Luxus; etwa an einer Handvoll Edelsteine, die er für 12000 Dukaten gekauft; an einem berühmten, noch teuereren Diamanten, neben anderen Preziosen auf seinem Rauchmantel prangend; oder an seinen beiden Tiaren im Wert von 300000 Dukaten. Auch richtete er dem Neffen 1505 eine pompöse Hochzeit im Vatikan aus. Und schon im Jahr zuvor gab es dort bemerkenswerten Damenbesuch: geleitet von prächtig zu Pferd sitzenden Kardinälen und Hofschranzen erschien Papst-Schwester Lucchina mit Papst-Tochter Felice, die Julius, durchaus versiert Heiratspolitik treibend, bei einem Orsini unter die Haube brachte, wie Nichte Lucrezia Gara della Rovere bei einem Colonna. So suchte er sich Ruhe und Rückendeckung in Rom für seine künftigen Kriege zu schaffen.
Der Papst bedrohte zwar im Konkubinat lebende Kleriker, war aber großzügig genug – man erinnere sich an Onkel Sixtus (S. 280) – per Bulle die Errichtung eines Bordells zu verfügen, ein auch von Leo X.
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