Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
Bankhaus Bini 200000 Dukaten. Die Kardinäle Ridolfi und Rangoni hatten ihre ganzen Benefizien zur Geldbeschaffung drangegeben, Kardinal Salviati hatte 80000, Kardinal Pucci 150000 Dukaten, Kardinal Armellini sein gesamtes Vermögen zu fordern. Sie alle standen beim Tod des Papstes finanziell am Rand des Ruins.
    Nach einer von dem venezianischen Botschafter Gradenigo vorgelegten Abrechnung des Kardinals Camerlengo Armellini gab Papst Leo X. während seiner Regierung viereinhalb Millionen Dukaten aus und hinterließ noch 400000 Dukaten Schulden. Andere taxierten die Verbindlichkeiten auf das Doppelte, Girolamo Severino in einem Brief an Karl V. auf mehr als 850000 Dukaten, König Franz I. noch höher. In Rom kursierte das Bonmot: »Leo X. habe drei Pontifikate aufgezehrt: den Schatz Julius' II., die Einkünfte seiner eigenen Regierung und diejenigen seines Nachfolgers.« Wozu gut des Papstes eigene Sentenz gegenüber seinem Geheimsekretär Kardinal Pietro Bembo über das lukrative Christusmärchen paßt: »Quantum nobis nostrisque ea de Christo fabula profuerit, satis est omnibus saeculis notum« (Wie einträglich diese Fabel von Christus für uns gewesen, ist weltbekannt).
    Nicht alles Geld hat Leo X. verjubelt. 800000 Dukaten soll er allein für den Krieg um Urbino verpulvert haben. 43

Leos blutiges Lavieren für die Medici

    Erstaunlich, daß ein so vergnügungssüchtiger Mensch überhaupt noch Zeit für Politik und Krieg fand. Doch brauchte er sie nicht, gerade wenn und weil er im Papsttum schwelgen, genießen wollte – und die geliebte Verwandtschaft, die Nepoten und die Nepotisierten dazu? Nunc triumphabimus, amici! Bezeichnenderweise kümmerte ihn die Missionierung der neu entdeckten Gebiete in Übersee genauso wenig wie zunächst die in Deutschland sich anbahnende Reformation.
    Leo X., gemessen am Zug der Zeit politisch eher kleinkariert agierend, antiquiert, konzentrierte sich auf die Interessen des Hauses Medici, auf Italien. Hier aber rangen Frankreich und Spanien miteinander, wurde vor allem das Herzogtum Mailand zum Ziel der Expansionsbestrebungen rivalisierender europäischer Staaten, und das Papsttum konnte da keinen Sieger, keinen fremden Allmächtigen brauchen. Also kämpfte es, die schlimmsten Verwicklungen riskierend, bald mit Spanien gegen Frankreich, bald mit Frankreich gegen Spanien, die Konflikte nahmen kein Ende, und Leo lavierte skrupellos zwischen den Großmächten, trügerisch, doppelzüngig, verschlagen. Während die Italiener glaubten, er kämpfe für ihre Freiheit, kämpfte er nur für die Freiheit der Kurie, für den ungehemmten Genuß des Papsttums und das Glück seiner Sippschaft. 44
    Beim Krieg um Mailand und die Lombardei, wo viele Menschen die Rückkehr des milderen französischen Regiments erhofften, neigte Leo deutlich zu den antifranzösischen Kräften, verheimlichte es aber soweit möglich, verhandelte mit Frankreichs König Ludwig XII., dessen Eroberung Mailands er zugleich zu verhindern strebte. Und als der Liga von Blois (23. März 1513), dem Bündnis Frankreichs mit Venedig, die Liga von Mecheln (5. April 1513) entgegentrat, unterstützte er diese zwar kriegsentscheidend mit Geld, leugnete aber offiziell die Unterstützung und feierte erst, als die Franzosen am 6. Juni 1513 bei Novara völlig geschlagen und über den Mont Cenis getrieben, die Venezianer bis zu den Lagunen zurückgejagt wurden, mit Glockengeläut, Freudenfeuern, mit rauschenden Festen den Sieg.
    Da aber Frankreich am 16. August gegen Engländer und Kaiserliche auch die »Sporenschlacht« bei Guinegate verlor und damit die Picardie, näherte sich der Papst dem jetzt geschwächten Land, das seinerseits auch das Schisma beendete, die kirchliche Aussöhnung suchte. Doch zur selben Zeit mühte sich Leo, Venedig von Frankreich loszureißen, insgeheim einen Pakt gegen Frankreich zu schmieden, eine Vereinigung von Spanien, dem Kaiser, der Schweiz, Mailand und Florenz. Er verhandelte aber auch jetzt weiter mit dem französischen König – nach Ludwigs XII. Tod Franz I. –, ja wollte diesem im Falle eines Sieges Mailand überlassen, würde der König dafür Bruder Giuliano Neapel zugestehen, woran Franz I. nicht dachte. Also trat der Papst dem von ihm angeregten, im Februar 1515 gegründeten antifranzösischen Bündnis am 17. Juli offen bei und suchte noch England in den Krieg hineinzureißen.
    Am 13. und 14. September kreuzte man die Waffen bei Marignano. Dabei bildeten neben spanischen, italienischen und

Weitere Kostenlose Bücher