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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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drücken. Sie schikanierte sie durch das ganze 15. Jahrhundert, ging mit geistlichen Strafen gegen sie vor, soll auch willkürlich gefoltert haben, und um 1500 machte der Fürstabt auf die perfideste Art 1200 Zinser leibeigen. (1526 enthält das sogenannte Blutbuch der Abtei 173 Namen von aufrührerischen Bauern und Rädelsführern). 3
    Bei aller Wut auf den Klerus waren die mittelalterlichen Bauern durchaus fromm, christgläubig, Wallfahrer, Heiligenverehrer, wurden jetzt auch eine religiöse, eine religiös-soziale Bewegung, und wahrscheinlich wollten Sie schon mit dem »Pfeifer von Niklashausen«, dem 1476 in Würzburg als »Ketzer« verbrannten Hans Behem, sicher aber im Bundschuh von 1502 des Joss Fritz »nichts denn die Gerechtigkeit Gottes«. Die Allgäuer Artikel, beginnend »In Christo Jesu liebwerte Brüder«, wissen sich verbunden »bei dem heiligen Evangelium und bei dem Gottesworte und bei dem heiligen Recht« und wollen einander beistehen bis zum Tod, »denn wir sind Brüder in Christo Jesu, unserem Erlöser«. Und der letzte Artikel des Memminger Manifests lautet, bezeichnenderweise in unverkennbarer Anlehnung an Luthers Verweigerung des Widerrufs auf dem Wormser Reichstag 1521: »Wenn einer oder mehr Artikel allhier aufgestellt sein sollten, die dem Worte Gottes nicht gemäß: ... dieselbigen Artikel wolle man uns auf Grund des Wortes Gottes als ungebührlich erweisen, so wollten wir davon abstehen, wenn man uns den Nachweis mit Begründung aus der Schrift führt.«
    Die Bauern vereinigten sich als »christliche Versammlung«, stritten als »evangelische Brüderschaft«, als »christlich evangelisches Heer«, auf ihren Fahnen sah man Bilder des Gekreuzigten und den Namen Jesu. Ein Fähnlein des Bundschuh zeigte nicht nur einen Crucifixus, sondern auch die Madonna, den Täufer, den Kaiser, den Papst, dazu einen vor dem Kreuz knienden Bauern und die Umschrift: »Herr, stand diner gütlichen gerechtigkeit bi!« Es gab Bauernlager, in denen Huren keinen Zutritt hatten, doch alle Tage Predigtgottesdienst befohlen war. Ja, der württembergische Bauernführer Matern Feuerbacher, freilich ein Außenseiter, der selbst Adligen und Geistlichen Schutzbriefe ausstellte, verlangte das Predigen gleich zweimal täglich. 4
    Gewiß trumpften auch radikale Kräfte auf, Männer, die alle Pfründen reduziert, das Kirchengut abgeschafft, nur noch Kaiser und, ausgerechnet, den Papst als Herren anerkannt sehen wollten oder die, wie die Odenwälder Bauern, der Stadt Tauberbischofsheim lakonisch erklärten: »wir wollen herrn sein«; kein vereinzeltes Geschehen.
    Der Rebell Joss Fritz, charakterlich einwandfrei, wollte sämtliche Abgaben und Zinsen einstellen, die geistlichen Güter aufteilen, überhaupt jede Herrschaft beseitigen. So heißt es in den Satzungen dieses Bundschuhs: »Wir wollen alle Joche und Leibeigenschaften zerbrechen und mit Waffen uns freien, weil wir wie die Schweizer frei sein wollen. Niemals mehr wollen wir Obrigkeit über uns dulden und niemand Zins, Zehnt, Steuer, Zoll und noch andere Beden (Abgaben) bezahlen, sondern uns aller dieser Beschwernisse auf ewig entledigen. Wir wollen die Fürsten und Edelleute mit Gewalt brechen und vertreiben oder totschlagen samt allen Pfaffen und Mönchen; ihre Güter wollen wir teilen.« Als nicht weniger radikal erwies sich die Tiroler Landesordnung des einstigen bischöflichen Sekretärs Michael Gaismair, die den Landesfürsten gar nicht mehr erwähnte und »ain ganze Glaichait im Land« verlangte. Gaismair starb 1532 in Padua durch gedungene Mörder mit Einverständnis der Innsbrucker Regierung. 5
    Doch überraschenderweise war die Mehrzahl der Bauern und Bauernhaufen ursprünglich friedlich gestimmt, versöhnungsbereit.
    Zu Beginn großen Auseinandersetzung 1525 sprechen kaum die Waffen, Ausnahmesituationen beiseite. Die aus lokal oft verschiedenen Anlässen entspringenden Unruhen hatten meist einen gewaltlosen, noch keinen kriegerischen Charakter, dienten der Demonstration der Not, bezweckten die Aufhebung erdrückender Lasten, erstrebten jedoch in der Regel keine Empörung, keinen Umsturz mit Waffengewalt. Das bringen diverse Bauerngruppen auch zum Ausdruck, der Baltringer Haufen (der dann aber, erbittert über die hinhaltenden, die Bauern nur prellenden Scheinverhandlungen des Schwäbischen Bundes, mit der Niederbrennung des Herrensitzes Schemmerberg den eigentlichen Bauernkrieg eröffnete), die Kemptener Bauern, der Schwarzwälder Artikelbrief, die Allgäuer

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