Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
was ich lere vnd schreibe / sollt auch alle weit drüber bersten ...« 11
Die chronikalischen Berichte über den Bauernkrieg stammen (fast) ausnahmslos von der Seite der Herren und sind entsprechend gefärbt. Gewiß brannten die Bauern von den Alpen über Franken, wo sie, von den Bischöfen besonders schikaniert, am wildesten kämpften und hausten, bis nach Thüringen und zum Harz viele Hunderte von Burgen, Schlössern, Klöstern nieder oder vernichteten sie sonstwie, allein im Bistum Bamberg nahezu 150, plünderten sie natürlich auch, das Kloster des Abts Hieronymus Herzog von Elchingen gleich dreimal, verwüsteten die Häuser von Klerikern, beraubten auch Wallfahrtsorte, wie das fränkische Vierzehnheiligen. Sie zerstörten Kunstwerke in den Kirchen, zerfetzten Urkunden, zerrissen Bücher, die sie ohnedies nicht lesen konnten, sie brüllten in die zerschlagenen Orgelpfeifen, betranken sich sinnlos am Wein in den Klosterkellern, aber sie begingen kaum eigentliche Bluttaten, töteten nur Leute, die sich gegen sie während des Kampfes besonders grausam benommen oder sie verraten hatten. 12
In den wenigen größeren Schlachten im Mai und Juni 1525 unterlagen sie hoffnungslos, gelegentlich fast ohne Gegenwehr, ihr Ruin war total, kaum einer ihrer Führer entkam.
Noch am 3. Mai hatte Luther dem Herzog Johann auf die Frage, ob er in die Zwölf Artikel einwilligen solle, dringend abgeraten. »Ich aber widerriet's ganz und gar, er sollte auch nicht in einen willigen.« Ein, zwei Tage darauf drängt Luther den Mansfeldischen Rat Rühel, den Grafen keinesfalls von seinem Vorgehen gegen die Bauern, nichts anderes als »Räuber und Mörder«, abzuhalten, sei es doch ein gutes, von Gott verordnetes Recht, das Schwert gegen die »Bösen« zu brauchen, »solange eine Ader sich reget im Leibe«. Am 9. Mai verlautet sein haßerfüllter Schrei wider die räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern, worin er fallende Fürstensöldner als echte Märtyrer erklärt, die Bauern aber zu massakrieren heißt, da »nicht giftigers, schädlichers, teuflischers sein kann, denn ein aufruhrischer Mensch, gleich als wenn man einen tollen Hund totschlagen muß, schlägst du nicht, so schlägt er dich und ein ganz Land mit dir ...« 13
Am 14. Mai wird das Heer der thüringischen Bauern unter Thomas Müntzer bei Frankenhausen durch Truppen der Fürsten von Hessen, Sachsen und Braunschweig mit wenigen Geschützsalven völlig vernichtet. »Komm Heiliger Geist, Herre Gott«, sangen die Bauern, 5000 von ihnen starben elend, angeblich nur sechs Gegner, und Luther diffamiert noch den toten Müntzer, für Heinrich Heine einer der »heldenmütigsten und unglücklichsten Söhne des deutschen Vaterlandes«, als »den Teufel leibhaftig« und wünscht einmal mehr, »wie hoche Zeit ist's, daß sie erwürget werden wie die tollen Hunde«.
Am 19. Mai werden die Bauern bei Zabern unter Herzog Anton von Lothringen durch großenteils spanische Söldner niedergemetzelt – trotz zugesagter Schonung, 18000 Menschen, die sich freiwillig entwaffnet haben sollen, darunter Frauen und Kinder.
Am 2. Juni attackiert bei Königshofen in Franken Kavallerie des Truchseß von Waldburg einen größeren Aufrührerhaufen, 4000 Bauernleichen liegen am Abend auf dem Schlachtfeld. Nur wenige Tage später verlieren bei Sulzdorf (südlich Würzburg) 5000 Bauern das Leben. 14
Die Zahl der insgesamt im Krieg Getöteten schätzt man zwischen 70000 und weit über 100000. Und nach Beendigung der Kämpfe zogen die Herren oder ihre Büttel durchs Land, brandschatzten, verhängten hohe Strafgelder und ließen die Köpfe rollen.
In Eisenach wurden schon im Frühsommer 24 Rädelsführer hingerichtet, etwas später, am 22. Juni, auf dem Markt in Jena 20 Todesurteile vollstreckt. Landgraf Philipp von Hessen meldet die Hinrichtung »100 böser männer«. Der Bamberger Bischof Weigand von Redwitz hatte 13 Rebellen auf dem Markt enthaupten, den Vorort Hallstadt als Sitz der Empörung niederbrennen lassen und zog dann in seinem Bistum umher, Geld- und weitere Todesstrafen diktierend. Nicht anders der Würzburger Oberhirte, der monatelang seine Diözese durchreiste, Gelder und Köpfe nehmend. Und 220000 Gulden Entschädigung, zahlbar in zwei Jahren. Denn selbstverständlich hat man alle »Opfer« des Konflikts jetzt reichlich getröstet; so mancher bekam für »alte zerrissene Rattennester« bald »hübsche neue Schlösser und Paläst«. In Würzburg aber werden »auf ayn tag 66 man mit dem
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