Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Schwert gericht«.
Markgraf Kasimix von Ansbach ließ in Rothenburg ob der Tauber dem protestantischen Prediger Dr. Johann Teuschlein, dem blinden Mönch Hans Schmid und 15 Bauernführern auf dem Marktplatz den Kopf abschlagen, in Kitzingen 60 Bürgern die Augen ausstechen, »sind umgangen wie die unvernünftigen Tier, sind viel von ihnen gestorben«. In Langensalza fallen 41 Köpfe. Nach der Niederlage von Pfedersheim bei Worms läßt der Pfalzgraf an 80 Aufständischen das Todesurteil vollstrecken. Bei Überlingen werden 40, bei Schlettstadt 300 geköpft. Nach der Schlacht bei Böblingen zog der Profoß Berthold Aichelin, der Lieblingshenker des Truchseß, mit seinen Spießgesellen durchs Land und soll dabei »an die 1000 Empörer enthauptet oder gehängt haben«. In Stuttgart und Cannstatt wurden auch mehrere Pfarrer an den Galgen gebracht, andere enthauptet sowie einigen Frauen die Zunge ausgeschnitten. Allein im Gebiet des Schwäbischen Bundes hat man Ende 1526 die Menge der Hingerichteten auf 10000 veranschlagt. 15
Das Scheitern des Bauernkrieges war eines der folgenreichsten Verhängnisse der deutschen Geschichte, keineswegs nur für die Bauern, die daraufhin jahrhundertelang weiter unterdrückt, geringgeschätzt, verachtet worden sind, sondern für die Deutschen, Deutschland überhaupt. Karl Marx hat deshalb den Bauernkrieg die »radikalste Tatsache der deutschen Geschichte«, Friedrich Engels den »großartigsten Revolutionsversuch des deutschen Volkes« genannt. Das treffendste Wort hinsichtlich des Konflikts und Martin Luther im besonderen aber stammt wohl von diesem selbst, das Wort nämlich, mit dem er 1533 »Prediger die größten Totschläger« nennt und hinzusetzt: »Ich habe im Aufruhr alle Bauern erschlagen. Denn ich hab sie heißen totschlagen. All ihr Blut ist auf meinem Hals.« Daß er die Schuld dann nach alter Pfaffenart noch seinem »Hergott« zuweist, der ihm »solches zu reden befohlen«, können wir, mag Luther es geglaubt haben oder nicht, auf sich beruhen lassen. 16
Der »Ketzer« wird zum »Ketzer«-Jäger
Luthers Weg führt von der Toleranz des Reformators zur Intoleranz des Kirchenmannes, des Begründers der lutherischen Landeskirche. Dabei entfaltet sich seine Haltung zunächst in der Auseinandersetzung mit der Papstkirche, schien es anfangs, als träte er selbst gegenüber deren mörderischer Rabiatheit für Duldsamkeit ein. Dann identifiziert er zeitweise sein Anliegen fast mit den früheren Häretikern. Nicht sie, die man richte, seien »Ketzer«, sondern die Papisten, die »heute verbrennen«. Überhaupt geißelt er den Mißbrauch des weltlichen Schwertes durch den Papst, der ihn »nicht zu einem liebreichen Vater, sondern gewissermaßen zu einem furchtbaren Tyrannen« mache, »indem wir allenthalben nichts als Gewalt von ihm zu sehen bekommen«.
Frei von jedem Zwang sollte das Evangelium verkündet werden, jeder nur seinem Gewissen folgen. Luther ist für unbeschränkte Lehr- und Kultusfreiheit. Leidenschaftlich wie kein anderer Reformator fordert er Toleranz gegenüber Katholiken wie neuen Häresien. Das »Ketzer«-Verbrennen verurteilt er 1518 und 1520; »Ketzer« solle man »mit Schriften, nicht mit Feuer überwinden«. Auch im folgenden Jahr predigt er: »Zu dem Glauben soll man niemand zwingen, sondern Jdermann furhalten das Evangelium und vormahnen zum Glauben, doch
den freien Willen lassen
zu folgen oder nit zu folgen.« 1525 mahnt er: »Die Obrigkeit soll nicht wehren, was jedermann lehren und glauben will, es sei Evangelium oder Lüge.« Und noch im Juli 1528 beantwortet er die Frage seines alten Freundes Wenzeslaus Link, ob die Obrigkeit falsche Propheten töten solle: »Ich kann nicht zugestehen, daß falsche Lehrer zum Tode verurteilt werden.«
Insbesondere verwirft Luther die Hinrichtung, selbstverständlich auch die Inquisition – die allerdings bald, sogar unter diesem Namen, gegen Geistliche wie Laien wieder eingeführt wird und häufig Absetzung und Exil nach sich zieht. Wie der Reformator auch die Strafe des Kirchenbanns übernimmt und beispielsweise den Stadthauptmann von Wittenberg, Hans Metzsch, wegen Unsittlichkeit exkommuniziert. Doch bis zum Ende der zwanziger Jahre erklärt er die Auseinandersetzung mit der Häresie für eine Sache nicht der weltlichen Gerichtsbarkeit, sondern der Gemeinde. Diese könne »straffen, bessern, ausstossen odder ynn den Bann thun«. Dann aber sieht er in der »Ketzerei« ein »crimen publicum« und verlangt für sie
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