Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
hingerichtet worden, schreibt er: »Mit Freuden habe ich dies vernommen (laetus audivi).« Etwa seinerzeit riet er auch, die »Winkelprediger« der Täufer »dem rechten meister, der Meister Hans (= Henker) heißt«, zu übergeben. Keinesfalls eine nicht ganz ernst zu nehmende Hyperbel – erst am 18. Januar 1530 hatte »Meister Hans« in Reinhardsbrunn bei Gotha sechs Täufer getötet. Und 1531 setzte Luther seinen Namen unter ein von Melanchthon verfaßtes Gutachten der theologischen Fakultät Wittenberg, das für Täufer die Todesstrafe verlangte, wenn sie aufrührerische Gedanken vertraten, Verwerfung des Eigentums, des Eides, des Zinses u.a. oder das öffentliche Predigtamt ablehnten. 19
Mit Luthers Anfängen als Reformator, mit seinem Kampf gegen den Papismus wußten sich die sogenannten »Schwärmer«, die aus mittelalterlichen »Ketzer«-Traditionen hervorgegangenen Täufer (von ihren Gegnern pejorativ Wiedertäufer, Anabaptisten genannt) eng verbunden. Luther und Zwingli, diese beiden, so steht in der hutterischen Chronik, einer Täuferschrift, »haben alle Tück und Büberei der päpstlichen heiligkeit eröffnet und an den Tag hervorgebracht gleich als wenn sies mit Donnerschlägen alles zu Boden wollten schlagen«. Doch sie hatten, heißt es, nichts Besseres gebracht. Vielmehr sei es, »als ob einer einen alten Kessel flickt (aber) das Loch nur ärger wird«. Stets von neuem hört man denn von den Täufern, daß eine Lehre, die den christlichen Lebenswandel nicht gebessert, wohl falsch sei, daß »wenig guts ... von der lutherischen Pfaffen Predigen komme [sondern] alle Ärgernis, Freiheit, Büberei, und sei böser und ärger dann underm Papsttum«.
Das Täufertum, das eine Fülle religiöser Gruppierungen ohne einheitliche Theologie umfaßte, wollte wieder ans Urchristentum anknüpfen. Es erhoffte grundlegende gesellschaftliche Veränderungen, verwarf die Kindertaufe, praktizierte die Taufe von Erwachsenen und war häufig mit Endzeiterwartungen verbunden, die übrigens auch Luther durchaus teilte, der zeitweise den Weltuntergang auf das Jahr 1534 ansetzte, dann ihn 1540 ersehnte (»komm, lieber jüngster Tag«, schließt er seinerzeit ein Schreiben an die Gattin). Freilich wußte er auch: »Einige Jahre kanns noch dauern«, »fünf oder sechs Jahre«. Doch bis 1548 bestehe die Welt nicht mehr, »denn Ezechiel ist dawider«. Der große Reformator wußte sogar, der Weltuntergang werde um Ostern stattfinden – »morgens in der Frühe, nachdem es eine Stunde oder etwas länger gedonnert haben wird ...«
Das Täufertum entstand im Gefolge der Reformation (von ihr wie von den Katholiken bald scharf bekämpft) 1525 in der Schweiz, in Zürich, wo man bereits am 5. Januar 1527 Felix Manz, den ersten Märtyrer der Täufer, in der Limmat ertränkte. Es entwickelte sich 1526 in Thüringen und Franken, 1530 in den Niederlanden und verbreitete sich, nicht zuletzt infolge seiner fortgesetzten Verfolgung, von Österreich bis in den Ostseeraum.
Die langlebigste Täufersekte ließ sich auf der Grundlage unbedingter Wehrlosigkeit und Gütergemeinschaft unter Jakob Hutter aus Tirol (1536 in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen verbrannt) in Mähren nieder, beschützt mancherorts vom Adel, der sie als äußerst friedliche und fleißige Arbeitskräfte schätzte, und besteht heute noch in Nordamerika in rund 350 Kolonien.
Die wohl spektakulärste, doch nur kurzlebige Kommune wurde das Täuferreich in Münster 1534/1535, angeführt von dem Prediger Bernd Rothmann, von Jan Matthys, zuvor Leiter der Amsterdamer Täufergemeinde, dann im Kampf um Münster gefallen, geführt weiter von seinem Nachfolger, dem Schneider Jan van Leiden (Bockelson) und dem scharf antiklerialen Tuchhändler Bernd Knipperdollinck. Das »neue Jerusalem« war durchaus kein Gossenregime, sondern vielleicht gar durch »die reichen Bürger« dominiert (Kirchhoff). Jedenfalls verbrannte man alle Bücher bis auf die Bibel, praktizierte die Erwachsenentaufe, die Vielehe und eine Art Planwirtschaft, keine gänzliche Gütergemeinschaft. Bei interner Opposition ließ man rasch die Köpfe rollen, während der Bischof Graf von Waldeck die eingeschlossene Stadt berannt, ausgewiesene Prediger liquidiert hat, bis Landsknechte des Reichs Münster durch Verrat einnahmen. »Außer den Frauen gab es nur wenige Gefangene« (Kirchner). Die Anführer wurden nach monatelangen Verhören und Folterungen am 22. Januar 1536 mit ausgesuchter Grausamkeit durch glühende Zangen
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