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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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heißt es in einer Chronik mährischer Täufer, »so daß die Sonne durch sie hindurchscheinen konnte, einige sind an der Folter zerrissen und gestorben, einige sind zu Asche und Pulver als Ketzer verbrannt worden, einige an Säulen gebraten worden, einige mit glühenden Zangen gerissen, einige in Häusern eingesperrt und alle miteinander verbrannt worden, einige an Bäumen aufgehängt, einige mit dem Schwert hingerichtet, erwürgt und zerhauen worden. Vielen sind Knebel in den Mund gesteckt und die Zunge gebunden worden, damit sie nicht reden und sich verantworten konnten. So sind sie zu Tode geführt worden ... Wie die Lämmer führte man sie oft haufenweise zur Schlachtbank und ermordete sie nach des Teufels Art und Natur.«
    Bereits zwischen 1527 und 1533 hatte man als »Ketzer« oder Aufrührer an die siebenhundert Täufer beseitigt, »vielleicht sehr viel mehr« (Rabe), »sie wurden in Massen hingerichtet« (Moeller), nach neueren Schätzungen zwei- oder dreitausend Männer und Frauen, und viele Tausende wurden eingekerkert oder vertrieben. In den Territorien König Ferdinands I., gegenüber den Protestanten eher vermittelnd, war die Verfolgung am schärfsten. Schon nach den ersten Jahren schätzte man die Zahl der umgebrachten Täufer in Exsisheim auf sechshundert, in Tirol und Graz auf tausend. Katholiken und Protestanten standen dabei zusammen, Fugger finanzierte. Und gerade in Kursachsen hat man die »Teuffel«, im Gegensatz etwa zu Hessen, immer wieder liquidiert. Auch Zwingli ließ einige Täufer töten, während Calvin, ihr besonders scharfer Bekämpfer, nie die Todesstrafe gegen sie gefordert hat. 22
    Die Tendenz zur Verschärfung ist für Luther typisch. Und je mehr die Auseinandersetzungen sich zuspitzten, vor allem mit den »Linken« (»zur Linken«, so sagt er selbst), mit den »Propheten« (ob er sie nun himmlisch schimpft oder neu oder falsch oder wie immer), mit den Schwärmern, Rottengeistern, Klüglingen, kurz den Rigoristen, den Radikalen der Reformation, desto mehr anathematisiert er sie, wie die traditionalistischen »Teufel« natürlich von vornherein und erst recht. »Müntzer, wiedertäufer, papst, kardinal(e)« – lauter »Teufelsmäuler«.
    Denn der Wittenberger führte ja einen Zweifrontenkrieg und schaltete nicht nur im Kampf gegen seine reformatorischen Widersacher, sondern auch gegen die Altgläubigen bei Bedarf, und der Bedarf bestand meistens, die weltliche Obrigkeit ein, allerdings erst nach einer notorisch freundlichen Annäherung. Das war sein Prinzip bei allen praktischen religiösen Maßnahmen: Toleranz, Toleranz. Nur keinen Zwang.
    Als es beispielsweise 1522 in Altenburg um die Einsetzung eines evangelischen Predigers, Gabriel Zwillings, ging, mahnte Luther diesen: »Du sollst ..., wie ich es dir ans Herz gelegt, mit dem Worte allein die Gewissen befreien und auf reinen Glauben und Liebe dringen ... Ich habe dem Fürsten versprochen, daß du so vorgehen würdest.« Als aber die Chorherren von Altenburg Zwillings Anstellung zu verhindern suchten, zog Luther, wie üblich, andere Saiten au f. Er gestand ihnen nun keinerlei Recht, Zins, Macht etc. zu, kein Siegel, keine Briefe, keinen Brauch, »weil sie öffentlich dem Evangelio entgegen sind«. Seinem Evangelio natürlich, das er damals rühmte: »Das Wort Gottes ist ein Schwert, ist Krieg, ist Zerstörung, ist Ärgernis, ist Verderben, ist Gift und, wie Amos sagt, gleich dem Bär am Wege und der Löwin im Walde.« Er bedeutete den Chorherren: »Sie sollen schweigen oder das reine Evangelium lehren«, steckte sich hinter den Kurfürsten, dem er doch selbst ein moderates Taktieren versprochen, forderte ihn auf, »zu wehren falschen Predigern«; er müsse »als ein christlicher Fürst den Wölfen begegnen« – und so geschah's.
    Ähnlich verfuhr er gegenüber Johann Heinrich von Schwarzburg, der bei seiner Einführung des neuen Glaubens auf den Widerstand der Mönche stieß. Als der skrupulöse Graf ihn konsultierte, beschied er ihn so knapp wie scharf, es sei »nicht Unrecht, ja das höchste Recht, daß man den Wolf aus dem Schafstall jage ... Es ist keinem Prediger darumb Gut und Zinse gebe, daß er Schaden, sondern Frommen schaffen solle. Schaffet er nicht Frommen, so sind
die Güter schon nimmer sein.
Das ist meine kurze Antwort.« So kam die Reformation nach Schwarzburg.
    Und nicht anders siegte sie in Eilenburg, indem Luther dem Landesherrn schrieb: »
Dem Fürsten liegt es als christlichem Bruder und auch als Fürst

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