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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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hingerichtet und in eisernen Käfigen am Lamberti-Kirchturm zur Schau gestellt. Auch weit darüber hinaus starben »die meisten« Täuferführer »den Märtyrertod« (Rabe). 20
    Für Luther war das Münsteraner Täuferreich ein mehr peripheres Ereignis, mit dem er sich wenig, eigentlich nur beiläufig beschäftigt hat. Doch da er überall den Teufel sah, wo man nicht dachte und glaubte wie er (und selbst dort!), sah er auch in Münster, »das der Teuffel dasselbs leibhafftig haus helt, und gewislich ein Teuffel auff dem andern, wie die kröten, sitzen« und warnte schon bald vor Verirrung in zwinglianische Gedanken und in Aufruhr.
    Zunächst zwar will er die Täufer großmütig geduldet sehen, verkündet er vollmundig: »Man lasse sie nur getrost und frisch predigen!« Dann aber begehrt er für sie die Todesstrafe, nicht nur wegen revolutionärer Übergriffe – zumal Faktum ist: »Die meisten Täufer lehnten jede Gewalt ab« (Moltmann) –, sondern auch wegen ihrer »Irrlehre«, wobei er sich auf die Nachrichten des Alten Testaments über das Töten falscher Propheten stützt. Als sein Freund Johannes Bugenhagen, Theologieprofessor in Wittenberg, »Ketzer«, die Schwärmer und Sakramentarier, auf Moses verweisend, zu töten verlangte, stimmte Luther zu: »Ja es stehet der Grund im Text dabei: Besser ist es einen Menschen hinwegräumen als Gott.« Und unterschrieb auch mit seinem Namen ein Gutachten Melanchthons – des schärfsten reformatorischen Verfechters der Kapitalstrafe für die Täufer –, das im Jahr 1531 für ihren hartnäckigen Anhang ebendiese Sühne prätendierte.
    Seit 1529, seit dem Speyrer Reichstag, stand reichsrechtlich auf »Wiedertaufe« die Todesstrafe. Seit einem Reichstag, auf dem die »Protestanten«, deren Geburtsstunde hier schlug, darauf bestanden, in Glaubensfragen allein ihrem Gewissen zu gehorchen, schlug man Andersgläubigen dies Recht ab – und ihre Köpfe dazu. Ökumenisch schönstens vereint erhoben Katholiken und »Protestanten« jetzt zum Reichsgesetz: »Nachdem auch kürzlich eine neue Sekte der Wiedertäufer entstanden ist, die durch allgemeines Recht verboten ist, ... hat Ihre Majestät ... eine rechtmäßige Konstitution, Satzung und Verordnung erlassen ..., daß alle Wiedertäufer und Wiedergetauften, Männer und Frauen, in verständigem Alter vom natürlichen Leben zum Tod mit dem Feuer, Schwert oder dergleichen nach Gelegenheit der Personen ohne vorhergehende Inquisition der geistlichen Richter gerichtet und gebracht werden ...« Als Aufrührer und »Ketzer« also sollten Täufer getötet werden.
    Doch schon 1527 hatte in ganz Süd- und Mitteldeutschland die Verfolgung begonnen, hatte Herzog Wilhelm von Bayern befohlen, wer widerruft, werde geköpft, wer nicht widerruft, verbrannt. Schon 1527 hatte man zwölf Männer und eine Frau, die sich gegenseitig getauft, enthauptet. 1531 massakrierte man zehn Wiedertäufer in Den Haag. Weitere Exekutionen gab es u.a. 1530, 1532, 1538. Im nächsten Jahr schrieb das Wittenberger Hofgericht im Hinblick auf Täufer, die man in Eisenach gefangen hielt, wenn sie nicht widerrufen und gehorsam sein wollen, »werden sie von wegen solcher Gotteslästerung, und daß sie sich anderweit haben taufen lassen, mit dem Schwert vom Leben zum Tod billig hingerichtet«.
    Man sperrte Täufer ein, manche bis sie in der Gefangenschaft umkamen, wie den bis Livland und Stockholm missionierenden Melchior Hoffmann, einen Kürschner aus Schwäbisch-Hall, der nach zehnjährigem Kerker 1543 in Straßburg endete. Oder man folterte sie, wie jenen in Österreich inhaftierten Täufer, von dem wir lesen: »dem haben sie beide Schenkel in ein Stock so hart geklemmt, daß sie ihm gefault, also daß die Maus seine Zehen von Füßen ihm vor seinen Augen hinweggetragen haben«. Andere wurden enthauptet oder verbrannt, waren sie doch für das öffentliche Leugnen wichtiger Glaubenswahrheiten auch nach sächsischem Recht, wie der sächsische Jurist Matthias Coler (gest. 1587) in seinen »Decisiones Germaniae« schrieb, mit dem Feuertod zu bestrafen (de iure saxonico cremandi veniunt); »vor der Verbrennung müßten sie jedoch auf der-Folter über ihre Mitschuldigen befragt werden, damit das Land von diesen schlechten Menschen gesäubert werde«. 21
    Die »Schwärmer«, ursprünglich Anhänger, dann Gegner Luthers, wurden fast überall verfolgt, »gleich wilden Tieren gehetzt« (von Bezold), und von Ort zu Ort, von Land zu Land. »Einige hat man gereckt und gestreckt«,

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