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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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er seinen ganzen ungeheuren Geld- und Edelmetallhort den Kirchen und Klöstern seines Reiches.
    Auch die Bischöfe geboten oft über bedeutende Privatguthaben und hatten, aus ihren Testamenten ersichtlich, neben anderen Werten Bargeld in manchmal enormer Höhe, durch Erbschaft, Schenkung, Kauf, Raub, Erpressung. Vielleicht am seltensten infolge Sparsamkeit. Schon häufiger durch schmutzige Wuchergeschäfte, wie Robert von Bamberg, Abt der Reichenau, der sich derart ein gewaltiges Vermögen ergaunert und deshalb von dem zeitgenössischen Chronisten Lampert von Hersfeld »Geldgauch« geschmäht wird, »Küßdenpfennig«. Doch war er, der selbst dem König für die Vertreibung von Fuldas Abt Widerad und die Klosterverleihung an ihn, Robert, hundert Pfund Gold offeriert haben soll, keine Ausnahme. Vielmehr grassierten beim höheren wie niederen Klerus, betont Katholik Kober, »
Geldgier und Habsucht.
Alle Arten und Formen des
Wuchers
wurden aufs Schwunghafteste betrieben«.
    In der christlichen Kirche lebte man stets gern auf großem Fuß. Schon 642 mußte die 7. Synode von Toledo verbieten, daß der Visitator einer Pfarrei mit mehr als fünfzig Wagen im Gefolge erscheine! Zu Synoden kamen manche Prälaten, wie beispielsweise im Hochmittelalter Erzbischof Albero von Trier, »mit solcher Pracht, daß alle Mund und Augen aufrissen« (quod omnium oculos in se et ora aperuit). Und noch zu Beginn der Neuzeit wohnt der Hochmeister des Deutschen Ordens Albrecht von Brandenburg – bei seiner Wahl einundzwanzig Jahre alt – im Königsberger Schloß mit mehr als vierhundert Bediensteten um sich.
    Die Mönche aber, zur Armut verpflichtet, entwickelten ein besonders inniges Verhältnis zum Mammon, bedienten sich bei ihren Finanzgeschäften versierter Juden und wurden geradezu die Bankiers des frühen Mittelalters genannt. Ein Ruf, den sie wahrscheinlich weniger dem Bargeld verdankten als ihren Edelmetallschätzen, all den goldstrotzenden, smaragdbesetzten Kultobjekten, Leuchtern, Kelchen, Monstranzen, Reliquienschreinen etc., die ein riesiges Spargut waren, Kredit sicherten, jederzeit eingeschmolzen und zu harter Münze gemacht werden konnten. Bischof Otbert von Lüttich kaufte sich derart 1096 die Schlösser von Bouillon und Couvin. Schon die lothringischen Klöster des 10. und 11. Jahrhunderts haben mit ihrem Besitz an Edelmetall die Geldwirtschaft verbreitet, haben bereits als Leihinstitute, als Banken fungiert, allerdings, heißt es, noch ohne Wucherei.

»To troste miner selen« oder »rechtmäßige Erben um ihr Erbe bringen«

    Der Hauptteil des Segens kam offenbar durch Schenkungen zusammen, durch Donationen von Fürsten ebenso wie von unübersehbaren Scharen mittlerer und kleiner Grundbesitzer. Und mochte bei den Zuwendungen der Könige, der Kaiser, der Hocharistokratie oft politisches Kalkül mitspielen, ein sehr realer weltlicher Nutzen, ungezählte Christen statteten nur um ihres Seelenheiles willen Kirchen und Klöster mit Gütern aus, natürlich entsprechend befeuert durch himmlische Verheißungen, durch Höllenqualen.
    Die typische Form des Seelgeräts (»donatio pro remedio animae«), die Güterübertragung an eine Kirche zwecks ständiger Gebetsfürbitten oder einer alljährlichen Seelenmesse am Sterbetag, kam Ende des Frühmittelalters au f. Sie sicherte gegen einen freiwilligen Vermögensentzug die Vornahme bestimmter liturgischer Handlungen, war also ein gegenseitiges, von Bestandteilen des Kaufvertrags durchsetztes ordentliches Rechtsgeschäft (an dessen Stelle später das Testament trat) und erlaubte als entscheidender Part aller materiellen Zuweisungen ad pias causas, die Gier des Klerus nach einem »Kopfteil des Erbes« zu stillen (Kroeschell).
    War ein Gläubiger krank, in Sorge, in Gefahr, hegte er Furcht oder Reue, nahte gar der Tod, so spendete er der Kirche Bares, Häuser, Grund und Boden. Unzählige Klosterurkunden in allen Gegenden Europas, besonders im 8., 9. Jahrhundert, doch lang darüber hinaus, belegen dies, bezeugen unermeßliche Vergaben an Geld, Gütern, Land – kleine und große Geschenke, riesengroße. Und stets geschah es um des Seelenheiles willen, geschah es mit den magischen Formeln »pro redemptione animae«, »pro mercede animae«, »pro anima sua« oder wie später in jedem Testament stand: »to troste miner selen«.
    Der englische Historiker William Edward Hartpole Lecky nannte die Behauptung, mehrere Jahrhunderte sei es der erste Artikel des christlichen Moralkodex gewesen, das

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