Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
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Vom feudalen Status, vom Standesdünkel waren auch die Frauenkonvikte oft geprägt.
Das Nonnenkloster Buchau im Bistum Konstanz nahm von seiner Gründung im Frühmittelalter bis ins 17. Jahrhundert nur Frauen aus gräflichem oder altfreiherrlichem Geschlecht au f. Das um 959 gegründete Kanonissenstift Gernrode, von Damen fast durchweg aus dem höheren Adel geleitet, hatte adlige Kanonissen, deren persönliche Dienerinnen nicht selten gleichfalls aus dem Adel kamen.
Selbst die schon zu Lebzeiten als prophetische Mystikerin gefeierte hl. Hildegard drückte dem von ihr um 1150 bei Bingen erbauten Frauenkloster den noblen Stempel au f. Ja, die Tochter eines Edelfreien erklärt dies der Äbtissin von Andernach brieflich so: »Niemand werde sein Vieh zu einer Herde und in einen Stall vereinigen: Ochsen, Esel, Schafe; diese Vermischung führe zum Hasse, wenn die Hochgeborene vor der Niederen weichen müsse; auch Gott unterscheide das Volk auf Erden, wie er im Himmel Engel, Erzengel, Throne, Herrschaften, Cherubim und Seraphim unterscheide ...« 36
Es gab Frauenkonvente, die nichts waren als die Versorgungsanstalten, die Ausstattungsgüter der Töchter Vornehmer. Es gab Frauenklöster mit großen Dienerschaften; gab Äbtissinen, die sich adlige Herren als Kämmerer, Truchsesse, Schenke hielten; gab Äbtissinen (im 13. Jahrhundert in den Diözesen Burgos und Palencia), die nicht nur predigten, sondern ihren Nonnen auch die Beichte abnahmen. Und schließlich gab es Äbtissinnen, die sich trefflich aufs Bauernschinden verstanden. Die Äbtissin von St. Walburg im Bistum Eichstätt steckte ihre Hintersassen häufig ins Gefängnis, und in einer Bittschrift an den Bischof fürchtet eine ganze Gemeinde, man werde sie »stocken, blocken und dazu nit wissen wir wie hoch strafen«.
Das Gebot persönlicher Armut wurde in vielen Klöstern völlig mißachtet. Nicht wenige Mönche und Ordensschwestern hatten Eigenbesitz, ihre »privata repositoria«. »Sie tragen Kleider«, klagt Gerhoh, der im 11. Jahrhundert so eindringlich wie vergeblich die Feudalisierung der Kirche bekämpfende Propst von Reichersberg, »die sie nicht aus der gemeinsamen Kammer erhalten, sie essen Speisen, die sie nicht aus dem gemeinsamen Keller haben; jede treibt ihr eigenes Werk, sie arbeiten nicht für die Gemeinschaft, sondern wie sie wollen, für wen sie wollen und so lang sie wollen.«
Bei den Nonnen von Nimbschen in Sachsen war Sondereigentum zwar nicht Bedingung, aber, wie freilich weithin, geradezu üblich. Auch die Klosterfrauen von Marienthal bei Zittau hatten – zum Teil recht bedeutenden – Privatbesitz, nicht nur Renten, auch Kapitalvermögen. Die Klarissen, deren Stifterin doch mit aller Energie das Prinzip der Besitzlosigkeit gepredigt, trugen zu Ribnitz in Mecklenburg ebenso Schmuck und kostbare Kleider wie die Breslauer Klarissen, die mehr Gold und Silber im Portemonnaie hatten als Nächstenliebe im Herzen. Die Breslauer Äbtissin Margareta Herzogin von Tost beschwerte sich 1515 sogar, daß ein Beichtvater die widerspenstigen Schwestern im Beichtstuhl und außerhalb aufgehetzt habe, ihr, der Äbtissin, nach dem Leben zu trachten, sie zu erdrosseln oder wenigstens fortzujagen.
Der Reichtum machte die Frommen übermütig.
In Sonneberg, einem Zisterzienserinnenkonvent Oberfrankens, verprügelten die Ordensfrauen ihre Äbtissin in der Kirche. Und vor den Zisterzienserinnen von Ichtershausen, adligen Nonnen, erschien der Beichtvater, der ihre Moral verbessern sollte, gar mit einem Panzer unter der Kutte. Auch im Haus der Dominikanerinnen von Cronschwitz, zwar den Bettelmönchen unterstellt, doch reichstes Kloster im Vogtland, verfügten die Gottesbräute über Privatbesitz. Sie behielten Leibgeding (vitalitium), was generell lebenslängliches Nutzungsrecht an Ländereien oder sonstigen Ertrag bringenden Objekten bedeutete, behielten Schenkungen und schlossen Käufe ab. Die geschäftstüchtigen Nonnen von Heiningen, die nicht nur mit dem Kloster Wöltingerode stritten, sondern auch jahrhundertelang um Zehnten mit dem Kloster Dorstadt, handelten im 14. Säkulum schwungvoll mit ihrem eigenen Haus, indem sie ganze Höfe und Gärten desselben kauften. Waren aber die Klostergüter auf diese oder jene Weise verschleudert, befahlen manchmal Potentaten kurzerhand die Rückerstattung, wie 999 Otto III. gegenüber dem hochadeligen Frauenkloster Buchau.
Das war nicht ungewöhnlich. Auch als die Bamberger Oberhirten Hermann und Rupert zahlreiche
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