Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Willkürregiment. Er terrorisierte die Menschen, schickte sie zum Festungsbau, ins Exil, erpreßte Geld, vergoß Blut. Und wie er zu expandieren, wie er Arezzo und Siena an sich zu bringen suchte, so operierte der Kardinallegat Wilhelm Noellet von Bologna aus mit einer Söldnerbande, seiner »heiligen Kompanie«, gegen Florenz, das diese heilige Bande allerdings für 130000 Goldgulden abkaufte, unter dem Ruf »Freiheit! Freiheit!« die Revolution ausrief und rund achtzig Städte der Toskana zu einer antikurialen Liga vereinte. Und während das Feuer des Aufstands auch auf den Kirchenstaat übersprang, fast alle seine Burgen das blutrote Banner der Revolte zeigten, während in Perugia das Volk schrie: »Tod dem Abt und den Pastoren!«, während man in Bologna brüllte: »Tod der Kirche!« und den Kardinallegaten vertrieb, schleiften die Florentiner das Inquisitionsgebäude, verkauften das konfiszierte Kirchengut durch ein achtköpfiges Kollegium, vom Volkswitz »Otto Santi« (die Acht Heiligen) genannt, und brachten Priester in den Kerker oder an den Galgen. 15
Der Papst, der schon angesichts der aggressiven Politik der Visconti über diese das Interdikt verhängt und einen Kreuzzug gegen sie gepredigt, auch einen Papstzehnt, den auf die Länder Deutschland, Böhmen, Ungarn, Polen, Skandinavien sich erstreckenden sogenannten Visconti-Zehnt ausgeschrieben hatte, schleuderte nun den Bannstrahl auf Florenz. Er hob den Bischofssitz auf, die Stadtrechte, er verbot allen Klerikern den Aufenthalt. Nicht genug. Jedem Christen gestattete er, jeden Florentiner, wo immer er sich aufhalte, auszurauben, zu versklaven, und in Frankreich wie in England machte man von dieser generösen Erlaubnis zur Befriedigung der Raubgier gern Gebrauch, während Pisa und Genua sich weigerten und ebenfalls dem Interdikt verfielen. Der Handel und das Bankgeschäft der toskanischen Kapitale kamen darauf in den meisten Ländern zum Erliegen, viele florentinische Vermögen wurden konfisziert.
Auch in Italien gingen Gregors Büttel barbarisch vor.
Zwei seiner Haudegen veranstalteten Blutbäder. Der Kardinal von Ostia, Graf der Romagna, hetzte eine ungelöhnte Söldnerbande auf Faenza, den Bischofssitz an der via Emilia in der Romagna, wo sie sich schadlos hielt, gräßliche Greuel beging, die Stadt ausraubte, die Bewohner teils umbrachte, teils vertrieb.
Das zweite, schlimmere Massaker noch veranlaßte der Kardinal Robert von Genf, den der Bischof von Florenz mit Herodes, mit Nero verglich und der bald Gegenpapst Clemens VII. werden sollte. Gregor hatte den Prälaten vor seinem eigenen Aufbruch mit 6000 Reitern und 4000 Fußsoldaten losgeschickt, worauf sie furchtbar den Raum von Bologna verheerten. Und indes er, Gregor, schon in Rom residierte, der Kardinal von Genf in Cesena, einer Stadt, die bereits mehrmals wider die harte Knute päpstlicher Rektoren aufbegehrt hatte, erhob sie sich verzweifelt erneut am 1. Februar 1377 und erschlug einen Teil der Besatzung, 300 Söldner des Kardinals. Der rief die Bande von Faenza, befahl blutige Rache und ließ 4000 Cesenaten niederstechen. 16
Gregors Reise nach Rom 1376/1377 hatte unter keinem guten Stern gestanden. Allerlei üble Vorzeichen begleiteten sie. In Avignon weigerte sich das Pferd, ihn zu tragen, später wütete die See, verschluckte Schiffe und den Bischof von Luni. Die Florentiner warnten nicht nur einmal und dringend Rom davor, den Bedrücker der Freiheit aufzunehmen, den Bringer von Kriegen. Aber am 14. Januar 1377 landete Gregor XI. in Ostia, drei Tage darauf zog er triumphal in Rom ein, allerdings nicht nach den Vorstellungen Petrarcas und der hl. Katharina, nur mit Kruzifix und Psalmengesang, sondern hoch zu Roß, mit 2000 Kriegern unter Raimund von Turenne, von edlen Römern flankiert, von weißgekleideten Possenreißern umtanzt, um jauchzt vom Volk, überschüttet mit Blumen, besungen von Pfaffen, ein Papst, der das siebzigjährige Exil beendete, der endlich kam, so Ferdinand Gregorovius, »der Stadt das Papsttum für immer zurückzugeben und die Freiheit für immer zu nehmen«.
Nach dem Blutbad in Cesena schlug die Empörung in Italien hohe Wellen. Das Volk, notiert ein zeitgenössischer Chronist, wolle weder an Papst noch Kardinäle mehr glauben, »denn das seien Dinge, um den Glauben zu verlieren«. Florenz, die kämpferische Republik, appellierte an die Fürsten der gesamten Christenheit. Doch unter den emsigen Machenschaften Gregors, der da zum Frieden, dort zum Krieg trieb, begann
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