Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
Vom Netzwerk:
Unrecht als gefügiges Werkzeug galt, »Knecht der Knechte der französischen Herrscher«, wie Nikolaus von Clémanges höhnt, Theologe und Reformer, der später freilich auch die Seite wechselt. Im Norden erklärte sich Schottland, als Gegner Englands Freund Frankreichs, für Clemens, im Süden das von Frankreich abhängige Burgund, ebenso Savoyen, auf Zypern das französische Fürstenhaus der Lusignan (S. 144 ff.). Lange zögert man auf der Pyrenäenhalbinsel, dann aber schlagen sich auch die Königreiche Kastilien, Aragon, Navarra zu Clemens VII.
    Urban VI. blieb durch das Überlaufen der Kardinäle zu seinem Gegner fast allein. Kurz vor dessen Wahl aber ernannte er 29 neue Kardinäle, und nun hielten der größte Teil Italiens wie auch der des deutschen Reiches zu ihm, sowohl unter Karl IV., der im Spätherbst 1378 stirbt, wie unter seinem Sohn und Nachfolger Wenzel, der mit den vier rheinischen Kurfürsten einen »Urbansbund« gründete. Auch Frankreichfeind England ergriff für Urban Partei, ebenso Ungarn, ferner der Osten und Norden, somit mehr als die Hälfte Europas. 8
    Nun waren die Obödienzen beider Päpste aber nicht nur nach Staaten geteilt, der Riß ging manchmal durch diese selbst. So standen Deutschlands südwestliche Grenzgebiete, darunter die Bistümer Straßburg, Basel, später insgeheim auch Salzburg zu Clemens, ebenfalls Herzog Leopold III. von Österreich mit Steyermark, Kärnten, Krain, Tirol, mit der Windischen Mark, Istrien, Feltre und Belluno, auch mit seinen schwäbischen und elsässischen Besitzungen, während sein Bruder Herzog Albrecht III. mit Nieder-und Oberösterreich sich an Urban VI. anschloß und nach dem (im Haus Österreich unvergessenen) Schlachtentod Leopolds 1386 gegen die Eidgenossen bei Sempach auch dessen Länder zur römischen Kurie brachte.
    Die Spaltung ging also selbst durch die Familien des Adels. Sie erfaßte aber auch die Universitäten, die Orden. So hatten die Franziskaner einen Ordensgeneral, der für Urban VI., einen, der für Clemens VII. eintrat, und dementsprechend ihre jeweiligen Nachfolger. Ebenso stritten im Dominikanerorden ein Generalmagister für Urban, ein anderer für Clemens.
    Doch auch Diözesen wurden zerrissen, so daß zwei Bischöfe um ein Bistum kämpften, jeder Oberhirte Paladin eines andren Papstes. 1382 bestätigte nach einer Doppelwahl in Basel Clemens VII. Werner Schaler als Bischof, Urban VI. aber Imer von Ramstein. Um das Erzbistum Mainz rangen zwei Erzbischöfe von Mainz, Ludwig von Meißen als Kandidat Urbans, Adolf I. von Nassau als Protegé von Clemens – »und so erhob sich ein schwerer Krieg ...« Und es blieb nicht bei einem. Man raubte, vertrieb, konfiszierte Güter und Einkommen, verheerte mit Feuer und Schwert. »Wenn man alle Leiden und Qualen beschreiben wollte, welche die Länder an Rhein, Main, Neckar, Tauber und ihre Nachbarlandschaften ertragen mußten durch diese Kriege, das wäre ein langes Geschäft« (Chronicon Moguntinum).
    Kurzum, wiewohl an Wirrsal, Konfusionen, an Gift und Galle, Not und Tod im Weinberg des Herrn seit je reichlich gewöhnt, dieses Schisma erwies sich als besonders fruchtbare Fatalität, wobei es die Pikanterie oder Peinlichkeit erhöhte, daß an jeder Front edle Kirchenlichter, ja veritable Heilige fochten. Urban VI. wurde von der schon Gregor XI. beratenden hl. Katharina von Siena unterstützt (S. 151), einer mehr als schillernden Figur. Visionärin seit früher Kindheit, geilten sie mitunter, in ihrer Zelle, sogar in der Kirche, ganze Scharen von Teufeln au f. Zwanzigjährig feierte sie auch eine »mystische« Vermählung mit Christus, mit dem sie ihr Herz tauschte – und auf das Wort, den Rat dieser Person hörten Tyrannen, Häupter von Banden, von Republiken, Könige; es war eben eine inspirierte, eine tief christliche Zeit. Die Kardinäle von Clemens schimpfte sie Teufel in Menschengestalt. Mit 33 Jahren starb sie und wurde von Pius II., dem Vater etlicher verschollener »natürlicher« Kinder (S. 270) und, mehr noch als sie, bis zum letzten Atemzug vom Kreuzzugswahn beherrscht, heiliggesprochen.
    Der hl. Vicente Ferrer, Generalprediger der Dominikaner, angesehener Antisemit und überhaupt einer der maßgeblichen Kirchenköpfe während des Großen Schismas, engagierte sich leidenschaftlich für Clemens VII. Er stritt Seite an Seite mit dessen spanischem Legaten Pedro de Luna, dem späteren Papst Benedikt XIII., und beeinflußte Johann I., König von Aragón, zum Anschluß seines Reiches

Weitere Kostenlose Bücher