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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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liquidiert; im Februar 1386 erlag er den Folgen eines brutalen Attentats, wobei ihm Gift den Rest gab. 11
    Zuvor hatte König Karl allerdings mit einigen Kardinälen ein Komplott gegen den Papst geschmiedet und diesen wegen Unfähigkeit einem Regentschaftsrat unterstellen, vielleicht auch absetzen oder gar als »Ketzer« verbrennen wollen. Urban aber, der nur wenige Tage vor Ausführung des Vorhabens Wind davon bekam, ließ am 11. Januar 1385 in dem nun seinem Nepoten gehörenden Stauferschloß Nocera bei Salerno, wo er residierte, sechs Kardinäle in eine Zisterne stecken – alle (nach dem Geschichtsschreiber des Schismas Dietrich von Niem, unter Urban, der ihm nahestand, Beamter der päpstlichen Kanzlei) unbescholten. Tagelang schlotterten sie vor Hunger und Kälte und wurden unter der Oberaufsicht des für seinen Pfaffenhaß bekannten Genueser Piraten Basilio torturiert, während der Heilige Vater, auf der Terrasse des Kastells lustwandelnd, laut gebetet hatte, um so durch seine Präsenz die Folterknechte zu mehr Eifer anzustacheln.
    Als der Papst dann mit den angeketteten Prälaten aus Nocera floh, wo König Karl ihn mit Truppen hatte einschließen lassen und 10000 Goldgulden dem versprach, der ihm Urban lebend liefere oder tot, ließ dieser, der bekanntlich als rechtmäßiger Papst gilt, den Bischof von Aquila, der sein Mißtrauen geweckt, am Weg niedermachen und liegen. Und als seine Kardinäle ihrem Elend zu entrinnen suchten, ließ er auch sie am 15. Dezember 1386 in Genua umbringen, vielleicht gesackt im Meer oder, eine andere Version, in einer Grube mit ungelöschtem Kalk.
    Urban VI. setzte den Kampf um Neapel auch aus nepotistischen Gründen noch in seinen letzten Jahren unvermindert fort, und dies so sehr, mit solch pathologischer Störrischkeit, daß er kaum einen anderen Gedanken hatte, daß er das meiste, was ihn als Papst und Priester hätte interessieren sollen oder müssen, fast völlig aus den Augen verlor. Noch im Jahr vor seinem Tod wollte er mit einem Heer nach Neapel, kam aber mit nur 200 Reitern bloß bis Ferentino und starb am 15. Oktober 1389 in Rom, möglicherweise an Gift. Bis zuletzt hatte er alle Versuche, das Schisma zu beenden, abgelehnt. 12
    Auch die folgenden Päpste fühlten sich sämtlich im Recht und wollten, ob in Avignon, in Rom oder sonstwo, sehr gern Papst bleiben. Es muß doch schön sein, für die Menschheit, wie man heute sagt, Verantwortung zu tragen, zumal hohe, höchste.

Statt der verruchten Zweiheit eine verfluchte Dreiheit

    Schon ein Jahrzehnt früher, am 16. September 1394, war Clemens VII. in Avignon gestorben, damit das Große Schisma freilich nicht beendet. Hatten doch alle 21 avignonesischen Kardinäle bereits am 28. September Pedro de Luna, einen Adligen aus Aragón, Professor des Kirchenrechts und seit Ende 1375 Kardinal Gregors XI., einstimmig zum Papst gewählt. Er nannte sich Benedikt XIII. (1394–1417, gest. 1423) und empfing erst jetzt, neunzehn Jahre nach seiner Kardinalsernennung, die Priester- und Bischofsweihe.
    Als Legat Clemens' VII. hatte der selbstsichere, eloquente und hochgebildete de Luna die Natio Hispanica, Kastilien, Aragón und Navarra gewonnen, seinen Erfolg allerdings 1393 als Gesandter in Frankreich, den Niederlanden und England nicht wiederholen können. Auch war er in Paris für eine Beendigung des Schismas eingetreten, für einen Amtsverzicht beider Päpste (via cessionis), den er, wäre er Papst, auch leisten würde. Noch im Konklave unterschrieb er, wie die meisten Wählenden, eine cedula, auch zurückzutreten, falls die Kardinäle dies für nötig hielten. Als de Luna aber Benedikt XIII. war, kümmerte er sich nicht mehr um seinen Schwur. Eine Gesandtschaft nach der anderen, aus Frankreich, aus England, aus Deutschland, prallte mit allen Rücktrittsforderungen, allen Erinnerungen an sein Gelöbnis an ihm ab. Er wich aus, plädierte für Verhandlungen, die von ihm bevorzugte »Methode des Gesprächs«, die via discussionis, fast mehr noch für die via facti, die Beseitigung seines Widersachers in Rom. Ja, im Mai 1398 erklärte der einst scheinbar so Verzichtbereite, Rücktrittswillige den Rücktritt eines rechtmäßigen Papstes geradezu als Sünde. Und natürlich hielt er sich für rechtmäßig und begründete in mehreren Werken seine Legitimität.
    Frankreich kündigte Benedikt XIII. schließlich offiziell den Gehorsam, beraubte ihn der finanziellen Mittel, belagerte seinen in eine Festung verwandelten Palast in Avignon von 1398

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