Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
bis 1403, unterminierte diesen, bis Benedikt auch von seinen meisten Kardinälen und ganzen Ländern verlassen, im März 1403 verkleidet abenteuerlich in die Provence entkam. Doch nun kehrten die Kardinäle, kehrten auch Frankreich und Kastilien zum Gehorsam ihm gegenüber zurück, allerdings nur gegen das Versprechen seines Rücktritts bei Ableben oder Abdankung des Rivalen in Rom. 22
Dieser Fall trat bereits im folgenden Jahr mit dem Tod Bonifaz IX. und der Nachfolge Innozenz' VII. ein (1404–1406), des dritten Papstes der römischen Obödienz im Abendländischen Schisma.
Cosimo Gentile de' Migliorati, zuvor Rechtsprofessor in Perugia und Padua sowie zehn Jahre lang Steuereintreiber Urbans VI. in England, hatte vor seiner Wahl, wie die ihn erkürenden sieben Kardinäle, hoch und heilig beschworen, alles einschließlich der eigenen Abdankung zu tun, um die Spaltung zu beseitigen. Nach der Wahl freilich verspürte auch er zum Rücktritt keine große Lust. Überdies war sein Pontifikat nur kurz und durch einen Aufstand der Römer gestört. Er mußte Ladislaus von Neapel zu Hilfe rufen. Auch Neffe Ludovico Migliorati stand dem Papst wacker bei, ermordete im Hospital von S. Spirito elf römische Gesandte, zwei Governatoren der Republik darunter und mehrere Regionenkapitäne, und ließ sie alle aus dem Fenster auf die Straße schmeißen. Der Heilige Vater aber gab dem blutbesudelten Nepoten eine geistliche Buße und ernannte ihn zum Markgrafen von Ancona und Grafen von Fermo. Schließlich war der Papst »in allen Geschäften gereift und friedfertigster Art« (Gregorovius).
Innozenz VII. mußte bei dem Aufstand in Rom samt Kardinälen, deren Paläste lichterloh brannten, in der Nacht nach Viterbo fliehen, verfolgt von den Römern, die einen Kurialen niederstachen, den Abt von St. Peter (Perugia) erschlugen, indes dreißig weitere Papstbegleiter infolge der Strapaze des Rückzugs tot auf der Strecke blieben. Zwar konnte der Pontifex bei einem Stimmungsumschwung im März 1406 nach Rom zurück, starb dort aber bereits im November. Wie es hieß, ließ ihn Kardinal Baldassare Cossa, der nachmalige Papst Johann XXIII., durch den Bischof von Fermo vergiften.
Der Sekretär und Nachfolger des Verstorbenen, Angelo Correr, aus venezianischem Adel, bereits achtzig Jahre alt und bekannt für seinen Unionseifer, hatte vor der Wahl seine eventuelle Bereitschaft zum Rücktritt beschworen. Nach der Wahl beteuerte er als Gregor XII. (1406–1415, gest. 1417) dies abermals. Da jedoch Benedikt XIII., trotz aller Beteuerungen des Gegenteils, keine Neigung zur Resignation zeigte, vielmehr seinen römischen Gegner durch einen von ihm finanziell sehr geförderten Feldzug des Herzogs Ludwig von Orléans (1407 in Paris auf der Straße ermordet) beseitigen wollte, fühlte sich auch Gregor XII. nicht zu gehen gedrängt; zumal es ihm offenbar gefiel, die angeblich für die Kirchenunion erpreßten Zehnten mit seinen Nepoten zu verprassen, während in Rom die Waffen sprachen und im Kapitol wieder einmal papstfeindliche Barone enthauptet wurden, Galeottus Normanni etwa, der »Kavalier der Freiheit«, oder Konradin von Antiochia, ein Stauferabkömmling.
Ein geplantes Treffen beider Päpste unterblieb. Man wechselte monatelang lust- und erfolglos Noten. Dann wurden die seit Ende 1406 geführten Einigungsverhandlungen im Frühjahr 1408 abgebrochen. Gregor erließ jetzt gar ein Verhandlungsverbot, verdammte den »Weg der Abdankung« als »ketzerisch« und erklärte, als Papst sterben zu wollen. Und während die erzürnte französische Regierung sich erneut von Benedikt zurückzog, ja seine Verhaftung befahl, der er durch die Flucht nach Aragón entging, kreierte Gregor im Mai 1408 vier Kardinäle, darunter seine beiden Neffen Anton Corrario und Gabriele Condulmer (später Papst Eugen IV.: S. 224 ff.). Jetzt floh die Mehrheit seiner Wähler nach Pisa, wo auch enttäuschte Kardinäle Benedikts erschienen und bald ein großes Kirchentreffen stattfand. 23
Das Konzil von Pisa, kanonisch gesehen eine Rebellion, von den abgefallenen Kardinälen beider Päpste einberufen und stark besucht, tagte vom 25. März bis zum 7. August 1409. Versammelt waren 24 Purpurträger, vier Patriarchen, 80 Bischöfe, noch mehr Vertreter abwesender Bischöfe, 87 Äbte und Vertreter von 200 abwesenden Äbten sowie Hunderte von Doktoren der Theologie und der Rechte. Die Päpste, selbstverständlich geladen, fehlten. Sie suchten den Dingen in Pisa durch eigene, freilich kläglich
Weitere Kostenlose Bücher