Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
Stellung bot, zu bearbeiten. An geldgierigen und bestechlichen Elementen fehlte es im Kolleg nicht. Und so werden Ströme von Geld geflossen und Belohnungen jeder Art ohne Maß versprochen worden sein, um die Stimmen der Wähler zu erkaufen!« Auch die Furcht vor ihm spielte eine Rolle und ließ selbst die Widerspenstigen kapitulieren. »Denn sie wußten, draußen harrte eine Menge, die Cossas Wahl ungestüm verlangte, die Kampfgenossen und Spießgesellen des Kardinals bewachten als Konklavehüter den Zugang ... Es bedurfte nur eines Winkes vom Balkon des Hauses, von wo er oft seine Todesurteile hatte verkünden lassen, und ein Sturm brach los, der ihnen allen Tod und Verderben bringen mußte« (Souchon).
Aber auch die Erwartungen, die man in seine militärischen Talente setzte, wirkten sich aus. Denn im Bunde mit Ludwig von Anjou zog man weiter gegen König Ladislaus, den Beschützer Gregors XII. Im April 1411 führte Cossa ein Heer, mit Kirchengeldern aufgerüstet, nach Rom, und trotz eines mit vom Papst geweihten Fahnen, mit 12000 Reitern und vielem Fußvolk errungenen, doch nicht ausgenutzten großen Sieges bei Roccasecca am 19. Mai 1411 wurde der Vorstoß gegen Ladislaus ein Mißerfolg. Zwar ließ Papst Johann die erbeuteten Fahnen des Königs von Neapel und Papst Gregors wie berauscht auf St. Peter hissen, hinabstürzen und bei einer Prozession durch Rom im Straßenstaub hinter sich herschleifen; zwar exkommunizierte er Ladislaus abermals und predigte das Kreuz gegen ihn; zwar ließ er aufmüpfige Römer durch Strang und Beil töten, geriet aber dennoch in die Enge und war nun bereit, Ludwig von Anjou zu verraten, wenn König Ladislaus Papst Gregor verriet. »Er erbot sich, ihn als König anzuerkennen, ihn zum Bannerträger der Kirche zu machen, ihm für die Freilassung der Cossa, seiner Verwandten, große Summen zu zahlen und Ascoli, Viterbo, Perugia und Benevent als Pfänder zu überliefern. Dafür sollte Ladislaus ihn selbst als Papst anerkennen, tausend Lanzen in den Dienst der Kirche stellen und Gregor XII. zur Abdankung bewegen oder doch aus dem Königreich verbannen« (Gregorovius). 27
Der schmähliche Handel kam wirklich zustande, wenn Ladislaus auch bloß zum Schein darauf einging, nun Gregor XII. für unrechtmäßig, für einen »Ketzer« erklärte und Johann XXIII. als rechtmäßig. In Wirklichkeit aber brannte er auf Rache gegenüber einem Papst, der ihn fast vernichtet hatte. Er zog im Sommer 1413 erneut gegen Rom, wo seine Soldaten barbarisch hausten, wo sie brandschatzten, Kirchen ausraubten, mit Frauen besoffen aus geweihten Kelchen zechten und St. Peter zum Pferdestall machten. Und indes Papst Johann mit seinem Hof Hals über Kopf floh, vom Feind verfolgt, von den eigenen Knechten geplündert, indes der König im Lateran hauste, konfiszierte und viele Römer gefangen fortschleppen ließ, feierte das römische Volk Feste und schrie: »Es lebe König Ladislaus.«
Freilich sollte er nicht mehr lange leben.
Während Johann XXIII. und Gregor XII. durch Italien irrten, während sie da und dort Asyl fanden, Johann in Florenz, Gregor nach besonders abenteuerlicher Flucht in Rimini bei Carlo Malatesta, der auch nach dem Schisma noch intensiv im Dienst des Papsttums stand, stieß der Neapolitaner, der insgeheim sich ganz Italien zu unterwerfen suchte, mit Heeresmacht nach Norden vor, kam bis Perugia und wurde von den Florentinern gestoppt.
Angeblich durch Exzesse erschöpft, erkrankte er schwer, gelangte auf einer Sänfte nach Rom, von dort zu Schiff nach Neapel, wo er am 6. August 1414 im Castel Nuovo unter fürchterlichen Qualen starb; beerbt von seiner einzigen Schwester Johanna, einer schönen, lebensgierigen Frau, deren von Schuld und Leidenschaften geschütteltes Dasein etwas dem ihrer gleichnamigen Vorgängerin glich (S. 16 f.). Die Florentiner feierten den Tod des Königs mit großen Festen, das Concistoro von Siena mit Psalm 118,23: »Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen.« 28
Papst Johann aber, durch die Attacke des Vertragsbrüchigen Neapolitaners in Bedrängnis geraten, hatte sich inzwischen an den deutschen König um Hilfe gewandt, forderte jedoch jetzt auch Ludwig von Anjou auf, das neapolitanische Reich mit Waffengewalt zu gewinnen.
Sigismund (1410–1437), der letzte Luxemburger in männlicher Linie, war der Sohn Karls IV. und der jüngere Bruder Wenzels IV. (1363–1400, gest. 1419), jenes böhmischen und römisch-deutschen Königs, der, sorgfältig
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