Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
(1387) an Urbans Gegenpapst, an dessen Rechtmäßigkeit zu glauben er geradezu für heilsnotwendig erklärte. 9
Krieg um Neapel Urban VI. läßt die eignen Kardinäle foltern und ermorden
Inzwischen hatten beide Päpste längst begonnen, einander mit allen Mitteln und Möglichkeiten und mit ganzer apostolischer Kraft fertigzumachen. Sie hatten der Christenheit mittels apostolischer Schreiben ihre Rechtmäßigkeit demonstriert, hatten sich auch durch ihre Kardinäle, durch Gesandte als Petri legitime Nachfolger verkünden lassen und natürlich, samt dem ganzen Anhang, gegenseitig exkommuniziert, endlich, stets das Heilswirksamste, ihre Söldnerheere einander auf den Hals geschickt.
Als Clemens' bretonische Truppen unter seinem eigenen Nepoten, dem Grafen Montjoie, im April 1379 zum Entsatz der Engelsburg auf Rom vorrückten, wurden sie von Urbans Scharen unter Alberico da Barbiano, dem Gründer der Kompanie St. Georg, einer Ziehschule der Condottieri, bei Marino zusammengeschlagen – die Schlacht zweier Heiliger Väter angesichts der Ewigen Stadt. Im selben Monat kam auch die Engelsburg, im ganzen mittelalterlichen Rom von beträchtlichem militärischem Belang, an Urban, das Mausoleum Kaiser Hadrians (gest. 138), von dem und auf das jetzt erstmals Kanonen gefeuert und es so schwer ruiniert hatten, daß man seinen Abbruch erwog.
Während aber Urban einen Aufstand in Rom niederzwang, konnte sich Clemens in Anagni nicht mehr halten. Er suchte Schutz bei der Königin von Neapel, floh dann, auch dort von Urbans Anhang bedrängt, Ende Mai über Gaeta nach Avignon, wo ihn am 20. Juni 1379 die verbliebenen Kardinäle huldigend empfingen und er seitdem residierte. 10
In Italien verband sich der Machtkampf beider Päpste mit dem der ungarischen und der französischen Anjou um das Königreich Neapel, einem Erbfolgekrieg.
Auf der einen Seite standen Clemens VII. und der Bruder des französischen Königs (Karl V), Herzog Ludwig von Anjou, den die kinderlose Königin Johanna von Neapel adoptierte, während ihm Clemens für ein projektiertes Königreich Adria (regnum Adrie) fast den ganzen Kirchenstaat übertrug. Auf der anderen Seite agierten Urban VI. und der Schwager der Königin, Karl III. von Anjou-Durazzo, ein 35jähriger, kunstbegeisterter, doch auch politisch ehrgeiziger Mann, den König Ludwig von Ungarn unterstützte, da er Karl, aus dem Zweig der ungarischen Anjou, als Nachfolger wünschte, und damit die Vereinigung von Ungarn und Neapel erhoffte.
Auch Papst Urban wollte als Oberherr Karl von Durazzo das Königreich Neapel geben, dessen Königin Johanna, aus dem Zweig der französischen Anjou und Anhängerin Clemens' VII., ihm, Urban, grenzenlos verhaßt war – »er zitterte vor Ungeduld, sie von ihrem blutbefleckten Thron zu stoßen« (Gregorovius) –; zumal er auch wenigstens ein Drittel ihres Reiches als eigenes Fürstentum Salerno-Capua einem Neffen zugedacht hatte. Beim Verfolgen seiner Ziele ließ der Papst mehr als dreißig Bischöfe und Äbte absetzen, einige foltern, den Erzbischof von Salerno als »Ketzer« verbrennen.
Die dabei ausbrechenden jahrelangen Kriege finanzierte er u.a. mit kirchlichen Kunstschätzen – nicht nur ganze Heilige aus römischen Gotteshäusern verflossen im Schmelzofen zu Gold. Und natürlich gab er seine Kriege als Kreuzzüge aus, gewährte auch einen Kreuzzugsablaß, sogar mit erstaunlich hohem Sündenstrafennachlaß. Ein Zeitgenosse meldet: »Eine unglaubliche Menge von Geld, Gold, Silber kam zusammen, Juwelen, Halsketten, Becher und Löffel, besonders von der Frauenwelt. Reiche und Arme gaben, je nach Stand und über ihren Stand hinaus, damit sowohl ihre lebenden wie die verstorbenen Lieben und sie selbst von ihren Sünden erlöst würden. Denn Absolution wurde verweigert, wenn sie nicht nach ihrem Vermögen und ihrer Stellung gaben.«
Urbans Günstling Karl von Durazzo gewann zunächst. Er wurde König, in Rom gekrönt, ließ im Juli 1382 seine Schwägerin, die Königin, im Schloß Muro mit einem Seidenstrick erdrosseln (vgl. S. 17) und die Leiche – ein vieltausendfach erprobter politischer Anschauungsunterricht – sieben Tage lang in der Kirche Santa Chiara zu Neapel ausstellen, womit der Neapolitanerpapst seine Obödienz um ein Königreich erweitert hatte. Später entzweite sich Karl III. von Anjou-Durazzo selbst mit Urban, der auch gegen ihn einen Kreuzzug verkündete. Der König wurde exkommuniziert, seines Reiches für verlustig erklärt und nun seinerseits
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