Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert
gesehen, verliert er doch nur einige Randgebiete und das freilich immer wieder einmal strittige Schemaiten mit den letzten Heiden Europas, wo Jagiello und Witold 1417 gemeinsam das Christentum einführen. Allerdings sind die Kontributionen enorm, muß man, ohnehin durch Rüstung und Krieg finanziell erschöpft, für Gefangenenfreikauf und Burgenräumung die Riesensumme von 260000 ungarischen Gulden zahlen, was zwar die künftige ständige Finanznot des Ordens erklärt, nicht aber entscheidend dessen nun beginnenden Niedergang. 43
Noch mehr als bisher wird der Deutsche Orden, dessen Ritter zumeist dem Reich entstammten, jetzt als Fremdherrscher empfunden, als ein Tyrann, der alles schröpft, den Adel, die Städte, die Stände, die Bauern, eine machtbesessene Clique, die keine »Missions-Aufgabe« mehr hat, institutionell abgewirtschaftet ist und sich nur noch persönlich bereichern will. Wohl nicht nur eine Steuer, zur Begleichung der hohen Reparationen erhoben, treibt einen Teil des Landes in den Widerstand, wobei Danzig – in dem eine immer kleiner werdende Gruppe von Händlern, nicht zuletzt durch Wucher und Kreditspekulationen, immer reicher wird – die Führung übernimmt, zumal die Stadt ohnedies in Handelskonkurrenz zum Orden steht. Der Hochmeister läßt die beiden Danziger Bürgermeister hinrichten.
Es kommt überhaupt, trotz des Ersten Thorner Friedens, immer wieder zu Exekutionen, Überfällen, Kriegshandlungen, die auch 1422 der Friede von Melnosee (Kulmer Land), zwischen dem Ordensstaat Preußen einerseits und dem König Wladislaw Jagiello, dem Großfürsten Witold sowie den Herzögen Johann und Semowit von Masovien andererseits, nur abschließt, aber nicht dauerhaft beendet. 44
Mittlerweile war auch ein interner Ordensstreit ausgebrochen zwischen dem Hochmeister Heinrich von Plauen und dem Obersten Marschall Michael Küchmeister. Dieser ließ den einen Angriff auf Polen planenden Plauen im Herbst 1413 in Marienburg gefangennehmen, absetzen und sich selbst zum neuen Hochmeister wählen, während der alte, der Retter des Ordensstaates nach der Niederlage von Tannenberg, wegen angeblicher Konspiration mit Polen bis zum Tode Küchmeisters und fast bis an sein eigenes Lebensende eingekerkert blieb.
Im Orden nehmen die Konflikte zu, wächst der Autoritätsverlust, die Machtgier, häufen sich die Zwiste zwischen dem Hochmeister und den Komturen oder dem Landmeister in Livland, dem Deutschmeister im Reich, wobei man auch mit gefälschten Statuten arbeitet.
Noch gefährlicher allerdings sind die Auseinandersetzungen mit den Repräsentanten des Landadels und der größeren Städte, die längst eine Mitwirkung vor allem in der Innenpolitik fordern, in der Rechtssprechung, eine Beschränkung dann auch der unbeschränkten Gerichtshoheit der Obrigkeit, des Ritterordens und der Bischöfe. So formieren sich am 14. März 1440 in Marienwerder 53 preußische Adlige und 19 Städte in einem »Bund vor Gewalt«, dem »Preußischen Bund«, den Polen unterstützt, der Ordensstaat aber verwirft, ganz besonders der Bischof von Ermland, der nimmermüde die Stände zu benachteiligen sucht. Denn, argumentiert er mit dem hl. Augustin, ein Prälat, der nicht die Laster seiner Untertanen geißle, sei mehr mit einem schamlosen Hund als mit einem Bischof zu vergleichen. Die Stände ihrerseits erklären, notfalls die Sache selber in die Hand zu nehmen, auch wenn es »einige Hälse« koste.
Die kostete es dann auch. Als nämlich der Preußische Bund auf Wunsch des Ordensstaates vom Papst und im Dezember 1453 vom Kaiser für aufgelöst erklärt wird, kündigen die Bündischen dem Orden den Gehorsam auf, unterstellen sich Polen, dem sie die Souveränität über Preußen antragen, und es beginnt ein dreizehnjähriger Krieg. Ihm fallen nicht nur Tausende und Abertausende von Dörfern zum Opfer, sondern auch 1019 Kirchen – und Preußen wird dabei zur Wüste. 45
Die Heiligen Väter aber leben bald immer fröhlicher.
8. Kapitel
Das Renaissance-Papsttum beginnt
Nikolaus V., Kalixt III., Pius II., Paul II., Sixtus IV., Innozenz VIII.
»Käuflich sind uns Tempel, Priester, Altäre, ... der Himmel ist käuflich und auch Gott.«
Der Karmelit Battista Spagnoli von Mantua 1
»Die wichtigste Tätigkeit des nur drei Jahre regierenden Papstes war dem Kreuzzug gewidmet. Mit einer für sein hohes Alter staunenswerten Energie hat er unermüdlich sein ganzes Sinnen und Trachten dieser Aufgabe geschenkt.«
Handbuch der Kirchengeschichte über
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