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Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 08 - Das 15 und 16 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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dreißig Jahre den lukrativen Posten eines päpstlichen Beraters innehatte, bis er ihn ausgerechnet unter dem »Humanistenpapst« Pius II. verlor.
    Als leidenschaftlicher Bibliophiler ließ Nikolaus griechische Klassiker, zumeist freilich Kirchenväter und Titel theologischen Charakters, ins Lateinische übersetzen und durch seine »Manuskriptenjäger« weit über tausend Handschriften sammeln, wodurch er zum Neubegründer der Vatikanischen Bibliothek wurde. 9
    Der schmächtige, äußerlich unansehnliche Papst, sittenstreng, heißt es und ohne nepotistische Neigungen, baute, wie er noch in seiner Sterbestunde rühmt, »prachtvolle Festungen« im Kirchenstaat, verstärkte die Engelsburg und die Mauern Roms, dessen kommunale Autarkie er sehr beschnitt. Zwar warb er, zumal in Italien, um Frieden, vor allem aber, weil er die Christenheit in einen neuen Kreuzzug zu führen suchte.
    Zum deutschen König, dem Habsburger Friedrich III. (1440–1493), der Kirchen und Klöster förderte, 1436 auch (s. »Kayser Fridrichs moerfart«) ins Heilige Land gereist und in Jerusalem zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen worden ist, unterhielt er gute Beziehungen.
    1448 schloß er mit ihm das Wiener Konkordat, womit sich das Reich endgültig vom Basler Konzil zur römischen Kurie wandte. Der Papst, der eigentliche Profiteur des Vertrags, der bis 1803/1806 in Geltung blieb, erhielt wieder erhöhten Einfluß auf die deutsche Kirche, auf Annaten, Bestallungen, auf viele einträgliche Posten, worauf denn auch prompt eine widerliche Pfründenjagd begann. Und der Habsburger wurde dafür, wichtigster Gegendienst, am 19. März 1452 in St. Peter zum Kaiser gekrönt – die letzte in Rom stattfindende Kaiserkrönung.
    Für eine Kirchenreform tat Nikolaus V. nichts. Auch im Wiener Konkordat standen keinerlei entsprechende Bestimmungen, obwohl die Mißstände je länger desto mehr zum Himmel schrien. 10 Dagegen hatte er Erfolg bei der Zerschlagung eines Aufruhrs unter Stefano Porcaro, einem humanistisch gebildeten Mann aus dem niederen Adel Roms. Entflammt von republikanischen Idealen, wollte er das Volk, wie er sagte, »dem Pfaffenjoch« für ewig entreißen, den Vatikan in Brand stecken und selbst Tribun werden. Nikolaus V. exilierte den wegen seines Charmes und seiner Talente von vielen Geschätzten nach Bologna, ließ den Zurückgekehrten aber mittels Folter und Kopfgeld einfangen und samt Schwager, Sohn Clemente sowie weiteren »Mordgesellen« (von Pastor) am 9. Januar 1453, drei Stunden vor Tag, in der Engelsburg hängen. Andere Opfer folgten. Infessura, Senatsschreiber und Augenzeuge, nennt in seinen römischen Annalen Porcaro einen »Ehrenmann«, den »Freund des Wohles und der Freiheit Roms; ohne Grund aus der Stadt verbannt, wollte er sein eigenes Leben an die Befreiung seines Vaterlandes von der Knechtschaft setzen, wie er durch die Tat bewies«. 11
    Ferdinand Gregorovius, der Nikolaus V. als den liberalsten aller Päpste preist, muß doch zugeben, daß er die Magistrate auf dem Kapitol nicht mehr von der Kommune wählen läßt, sondern selbst bestimmt, daß er die Stadt in eine päpstliche Festung verwandelt, daß die Kardinäle unter ihm verschwenderisch wie weltliche Fürsten auftreten, die Kurialen, überhaupt zahllose Schwärme von Prälaten, Rom ein häßliches Schauspiel bieten »von Übermut, Goldgier und Lasterhaftigkeit«. Vielleicht kann man ja auch das liberal nennen. Und verwundert es, daß die Humanisten, selbst Valla, die vom Geld des Papstes leben, den ihnen einst nahestehenden Porcaro verdammen, während sie im Heiligen Vater, der die Empörer reihenweise aufknüpfen läßt, den »liberalsten Mäzen« sehen? 12
    Nur einige Monate nach den Hinrichtungen, am 30. September 1453, rief Nikolaus V. – dem man noch heute Güte und Toleranz, eine friedliebende Art nachrühmt, den sein Biograph Vespasiano da Bisticci, der Florentiner Buchhändler, als »Licht und den Schmuck der Kirche Gottes und seines Jahrhunderts« bejubelt, den auch der von ihm bezahlte Battista Alberti den »friedlichsten der Päpste« nennt –, er rief zu einem Kreuzzug gegen die teuflische Tollheit der Türken au f.
    Alle Anstrengungen aber des kaiserlichen Sekretärs Enea Silvio Piccolomini, des späteren Pius' II., auf den drei Türkenreichstagen in Regensburg, Frankfurt/Main und Wiener Neustadt 1454/1455, waren umsonst. Die Verbündeten des Papstes, besonders die italienischen Städte, von denen einige schon Sonderverträge mit dem Sultan

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