Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
und benetzte mit seinen Lippen ihre nass geweinten Wangen. Die Pfeilspitze ragte aus ihrer krampfhaft geschlossenen Faust.
Die beiden hatten mich nicht bemerkt als ich eintrat, ich schlich mich von hinten an die Kammersängerin an, fuhr ihr sanft mit den Fingerspitzen über den Unterarm bis zur geschlossenen Faust, wo meine Finger eine auffordernde Samba trommelten. Meine Absicht gelang, ihre Verkrampfung löste sich, und sie ließ den Pfeil in meine Hand gleiten, sicher in der Annahme, ihn Pepe übergeben zu haben.
Ich bemühte mich, diese Illusion nicht zu zerstören und schlich, leise und unhörbar, wie ich gekommen war, die Tatwaffe in meiner Hand, die Treppe zu meinem Zimmer im ersten Stock hinauf.
Dort unterdrückte ich den Gedanken nach einem Schluck Whisky aus meinem Flachmann und betrachtete den Pfeil eingehend. Die Spitze war trocken, offensichtlich nicht präpariert. Auch kein Geruch war festzustellen. Ein Fall für Dr. Smrt, dachte ich und steckte den Pfeil ein. Womöglich wirklich nur ein übler Scherz, doch ich beschloss dennoch, mir den verdächtigen Scherzkeks vorzunehmen.
Als ich die breite Treppe wieder hinunterstieg, hörte ich Stimmengewirr aus der Gaststube und fand dort die übrigen Musikanten, die die Anspielprobe abgebrochen hatten und an einigen Tischen um den grünen Kachelofen herum saßen. Offensichtlich warteten sie auf das Catering.
Heini Blättle verzehrte als Einziger schon einen Rostbraten mit Bratkartoffeln in auf Sonderbestellung gereichter Knoblauchsoße und hatte ein Weizenbier im Glas. Umringt von einigen Musikerkameraden demonstrierte er tatsächlich schmatzend, wie er die Klarinette als Blasrohr angesetzt und den Pfeil auf Constanzes Allerwertesten abgeschossen hatte.
»Sag mal, spinnst du, was soll der Scheiß?«, fuhr ich ihm dazwischen. »Ist dir klar, was du da angerichtet hast? Die Frau steht Todesängste aus! Was, wenn der Pfeil vergiftet war?«
»Ach was, krieg dich wieder ein«, meinte er abwiegelnd. »Das war ein Auftragswerk!«
»Auftragswerk – wie meinst du das?«
Heini Blättle winkte mich näher heran, bis ich seinen Knoblauchodem deutlich spürte, und senkte seine Stimme zu einem Flüstern. Die Umstehenden spitzten ihre Ohren, doch Heini sagte so leise, dass nur ich es hören konnte:
»Muss unter uns bleiben, kein Wort, auch nicht zu Constanze!«
Ich nickte.
»Die Alte hat mir selbst den Auftrag gegeben. Sollte ihr das Ding pfeilgrad in den Arsch schießen! Weiß auch nicht warum, aber die Sache war ihr einen Rostbraten und ein helles Hefe wert.«
Die Verwirrungen schienen kein Ende zu nehmen. Constanzes Rolle in dem musikalischen Mordkomplott wurde immer undurchsichtiger. Sollte sie selbst den Pfeil auf Langfried abgeschossen haben – was bezweckte sie dann mit dieser Aktion?
Plötzlich ging mir ein Licht auf: Wenn sie Heini tatsächlich heimlich beauftragt hatte, den Pfeil auf sie abzuschießen, wollte sie damit doch nur vom Verdacht gegen sich ablenken!
Doch sie hatte dabei nicht mit meinem detektivischen Scharfsinn gerechnet …
Wer ist Merdär?
Vico Lahla saß etwas abseits vom restlichen Orchesterpulk in der Gaststube und grübelte. Was ging dem einsamen Sänger durch den Kopf?
»Würdest du heute Abend auch allein singen?«, fragte ich und riss ihn aus seinen Gedanken.
»Allein?«, fragte er zurück und schien nicht zu verstehen, was ich meinte.
»Wenn Constanze auch ausfällt, meine ich«, erläuterte ich den Hintergrund meiner Frage.
»Constanze? Die fällt nicht aus wegen des kleinen Pfeils in ihrem fetten Arsch. Oder glaubst du, ein Rennpferd galoppiert nicht, bloß wegen eines Mückenstichs?«
Ich unterdrückte ein Lachen. Vico hatte es auf den Punkt gebracht. Constanze hatte einen theatralischen Auftritt inszeniert, um zu beweisen, dass sie Opfer und nicht Täterin war. Und heute Abend würde sie auferstehen wie ein straußengroßer Phönix aus der Asche und als Sängerin glänzen, zumal ihre Konkurrentin, mein böhmischer Sonnenschein Libuše, nicht in den Ring trat.
»Sag mal, Vico, an dem Abend, als Langfried starb, wo warst du während des Konzerts, solang du nicht gesungen hast?«
»In der Garderobe oder hinter der Bühne. Warum?«
»Constanze hat behauptet, zur Tatzeit mit dir backstage gewesen zu sein.«
»Während der Schorle-Polka?«
»Richtig.«
»Das kann nicht sein. Bei der Schorle-Polka war ich für mich. Hatte Probleme mit meiner Perücke.«
»Perücke?«
»Jawoll.« Er griff sich in die Haare und riss
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