Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
Williams meine Magennerven wieder beruhigte.
»Verdammt, Sezilia!«, brüllte Dr. Smrt, als er sein Glas geleert hatte, »pass doch auf! Du hast schon wieder den Desinfektionsalkohol mit dem Williams verwechselt!«
Und leise fügte er hinzu: »Ich hab’ ihr schon 100 Mal gesagt, sie soll den Willi nicht neben den Reinigungsmitteln aufbewahren! Na ja, was soll’s! Die paar Prozent mehr, das härtet ab. Was führt Sie zu mir, junger Freund?«
Ich schluckte trocken, holte den Lippenbalsam, den ich fachgerecht in einen Klarsichtbeutel gepackt hatte, aus meiner Jackentasche und hielt ihn Smrt unter die Nase.
»Ich hätte gern, dass Sie das da untersuchen. Und mich interessiert, was bei der Obduktion von Langfried Schieber herausgekommen ist«, fügte ich noch hinzu.
Smrt nahm die Klarsichtfolie an sich und beäugte deren Inhalt.
»Schieber? Ach ja, dieser tote Posaunist, ich erinnere mich. Nun ja, zweierlei gibt es zu sagen: Erstens, dieser Pfeil in seinem Genick war ein plumpes Ablenkungsmanöver. Vielleicht auch nur ein Scherz. Nicht mal die geringste Spur von Gift. Gestorben ist der Mann an Zyanid. Ich habe Spuren davon in seinem Mund- und Rachenraum gefunden, auf der Zunge, auf den Lippen. Und die Kollegen der Kriminaltechnik haben sein Instrument und das Mundstück unter die Lupe genommen. Man hat das Mundstück zwar gereinigt, aber es waren trotzdem minimale Zyanidspuren nachweisbar, ebenfalls im Posaunenrohr an der Stelle, wo das Mundstück angesetzt wird. Offensichtlich ist Gift in den Schaft gelaufen.«
»Dann sehen Sie sich jetzt diesen Lippenbalsam an!«, sagte ich und beobachtete ihn, wie er die Folie öffnete und vorsichtig seine Nase über den Beutel hielt.
»Oh, eindeutig. Allgäuer Bergkäse!«
Ich war erstaunt. Dieser Mann war wahrhaftig ein Fachmann auf seinem Gebiet. Nicht einmal ich hatte den Geruch wahrgenommen, als ich die Klarsichtfolie aus meinem Rucksack genommen hatte, und doch war es tatsächlich ein Allgäuer Bergkäse gewesen, den ich mir vor zwei Wochen für eine Tour im Laternser Tal als Zwischenmahlzeit in diese Folie eingepackt hatte.
»Und Zyanid, eindeutig!«, ergänzte er jetzt. »Wem gehört dieser Lippenstift?«
»Einem Musiker namens Alibert Bratvogel«, antwortete ich.
»Und wo ist er jetzt?«
»In der Tübinger Pathologie«, sagte ich.
»Bei meinen Kollegen?«, fragte Smrt erfreut. »Moment, das werden wir gleich haben!«
Er nahm das Telefon, drückte die Kurzwahltaste und sprach nur wenige Sätze mit dem Teilnehmer am anderen Ende der Leitung. Dabei nickte er, blinzelte mir zu und legte schließlich auf.
»Sie taten recht, junger Freund, dass Sie zu mir gekommen sind. Dieser Bratvogel ist ebenfalls an Zyanidvergiftung gestorben. Spuren auf Zunge und Lippen!«
Ich grinste und wusste, was ich nun zu tun hatte. Doch ahnte ich nicht, dass ich mein Vorhaben nach dem Willen des Mörders nicht überleben sollte.
Pfeilgerade
Der nächste Konzertauftritt von Pepe Plasmas Blasmusik fand noch am selben Abend im südlichen Schwarzwald statt, und ich fuhr zusammen mit Heini Blättle zum Spielort.
Der kleine Ort Menzenschwand liegt am Ende eines einsamen Tals, wo ein Flüsschen namens Alb in einem Wasserschwall vom Feldberg herunterbricht. Direkt am Ufersaum dieses Flüsschens erhebt sich im Hinterdorf eine Halle, wo das Benefizkonzert am Abend zugunsten verschollener Schwarzwaldwanderer stattfinden sollte.
Eine kleine Holzbrücke führt von der Halle über die Alb hinüber zum ›Elchen‹, einem alten Traditionsgasthof, unter dessen Schwarzwälder Walmdach sich unsere Zimmer befanden. Da der ›Elchen‹ weit über den Schwarzwald für seine geniale Küche bekannt ist, waren wir hocherfreut, dort auch unser Essen zu bekommen, zumal im gut sortierten Weinkeller auch über 2000 Flaschen auf uns warteten.
Es war schon erstaunlich, wie schnell Pepe Plasma die Leichen in seinem Orchester kompensierte. Langfried Schieber hatte er kurzerhand dadurch ersetzt, dass einer der doppelt besetzten Tenorhornisten auf die Posaune umgestiegen war. Dies war kein Problem, da die meisten Tenöre parallel auch Posaune spielten, und umgekehrt.
Jetzt musste der Posaunist allerdings wieder zum Tenorhorn zurückkehren, um den verschiedenen Bratvogel zu ersetzen. Pepe rief darauf beim Clubchef der Badischen Blasmusikvereinigung an und bat, man möge doch für den Abend aus einem der südbadischen Musikvereine einen Posaunisten zur Verfügung stellen, für das bisschen Nachschlag.
Der Typ,
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