Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
zwei.
Smrts Antwort gab meiner Theorie auch noch Nahrung:
»Kommissar Donner war so nett, mich auf meinem Diensthandy anzurufen. Er meinte, da ich in den Fall von Anfang an involviert sei, sei es praktisch, mir auch hier die Leichenschau zu überlassen. Der Tübinger Pathologe hat mir seinen Bratvogel inzwischen auch anvertraut. Wissen Sie, im Zeitalter von Internet und Globalität ist auch mein Geschäft härter geworden. Auch der Tod geht online, Sie sollten sich mal meine Homepage ansehen. Mehr dazu unter www.smrtforlasttravel.com. Dort finden Sie auch meinen erweiterten Slogan: ›Wer den letzten Weg heut geht, fährt mit Smrt im Internet‹. Das spricht vor allem die Jugend an. Die Kunden von morgen.«
»Finden Sie nicht, dass das ein bisschen übertrieben ist?«
»Nö. Mein Last-Minute-Angebot ›Freund gefunden – auch für unten‹ ist der Megarenner! Ich arbeite an der Entwicklung eines Doppelsargs.«
Mist!
»Sie müssen sich mal die Einträge auf Facebook ansehen.«
Ich schüttelte dankend den Kopf. Fatzebuck und all dieses neumodische elektronische Zeug ging mir rektal am Unterkörper vorbei. Ich kam auch ganz gut ohne zurecht. Doch Smrt war da ganz anders gestrickt:
»Man darf die Trends der Zeit nicht verschlafen«, sagte er. »Wir leben doch gerade in der Endzeitstimmung. Sie wissen schon: der 21.12.2012. Weltuntergang nach Mayaart. Was glauben Sie, was da an Potenzial dahintersteckt? Das ist für unsereins wie der Ferienbeginn für die Reisebranche. Tausende potenzieller Kunden. Wenn du da nicht im Boot bist, gehst du unter.«
Er zog einen bunten Flyer aus der Jackentasche und reichte ihn mir. Das Titelbild sah aus wie ein Filmplakat aus Nosferatu. 21.12.2012 stand in brennenden Lettern bogenförmig darüber, und darunter prangten in krakeliger Schrift, deren Buchstaben aus Knochen zusammengesetzt waren, die Worte: Gruft grooved.
»Das wird DIE mega Mayaparty!«, erklärte er. »Schon seit Monaten ausgebucht. Mit gemeinsamem Probeliegen auf dem Stoppelacker unterhalb der Burgruine Hohentwiel. Die jungen Leute stehen voll auf so was.«
Ich blätterte in dem Faltblatt und staunte nicht schlecht, als ich das Pauschalangebot des Bestattungsunternehmens las. Jeder Teilnehmer an der ultimativen Mayaparty konnte sich optional gleich noch die komplette Beisetzung bei freier Platzwahl zubuchen. Bei Ausfall des Weltuntergangs wurden die Kosten zurückerstattet, ähnlich wie bei Udo-Jürgens-Konzerten, die wegen Krankheit abgesagt wurden.
»Gekaufte Gruftkarten behalten aber ihre Gültigkeit für den nächsten Weltuntergang, den die Mayonesier vorhergesagt hatten«, erklärte er weiter.
»Mayonesier?«
»Ein vom Aussterben bedrohtes Seefahrervolk aus dem südlichöstlichen Polynesien. Die feiern ihren Weltuntergang am 31.3.13.«
»Nicht schlecht, mein Lieber. Das nenne ich ein gelungenes Marketingkonzept«, lobte ich den Unternehmer und gab ihm den Flyer zurück.
»Keine Lust, zu kommen?«, fragte er. »Oder gehören Sie zu denen, die die Apokalypse leugnen?«
»Nein, das nicht, aber ich gestehe, das Musikprogramm entspricht nicht ganz meinem Geschmack.«
Zugegeben, die Zeiten, wo bei Gruftmucken die Andacht zur Senkung und Ein schöner Tag gespielt wurden, waren vorbei. Heutzutage buchte man sich einen DJ, der My Way oder Time to Say Goodbye auflegte, oder eine Sopranistin, die mit bebenden Nüstern und gurgelnder Kehle einen Song von Whitney Houston oder Amy Winehouse oder einer der anderen vorausgegangenen Diven sang.
Ich selbst hatte das in meinem Testament verboten. Ich wollte den traditionellen Trompeter, der – ganz in Schwarz gekleidet – der Trauergemeinde mit dem letzten Posten aus dem Großen Zapfenstreich und dem nach b-moll transponierten Prosit der Gemütlichkeit noch einmal den Inhalt meines Lebens ins Gedächtnis rief. Und danach Bis bald auf Wiederseh’n von Ernst Mosch.
Zugegeben, solche Musik war wenig geeignet für Dr. Smrts ultimative Untergangsfete, doch eine Mariachiband aus Acapulco, die in historischen Mayakostümen Tijuana-Hits von Herb Alpert spielte, war einfach nicht mein Ding. Ausgesprochen hübsch fand ich allerdings die Idee, kurz vor Mitternacht ein Double von Karel Gott auftreten und Biene Maya singen zu lassen. In einem unbekannten Land vor gar nicht allzu langer Zeit … Das hatte was!
Insgeheim bewunderte ich Dr. Smrt für seine Marketingeinfälle. Ich hingegen war mir über meine Strategie überhaupt nicht im Klaren. Ich stand selbst unter
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