Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
und ich begannen unsere gemeinsame Reise.
Eingesargt
Die ewige Nacht im Inneren eines Blechsargs hatte etwas Befremdliches. Ich überlegte, ob sich ein Thunfisch in einer Konservendose oder ein Hühnerei im Karton ähnlich fühlte wie eine Leiche im Sarg.
Auch Thunfisch und Hühnerei waren nicht allein eingesperrt, wenn sie ihre letzten Reisen antraten, sondern umgeben von gleichgesinnten Artgenossen und hatten somit ein ähnliches Schicksal wie ich (wobei ich mich schon wieder schwer tue, bei Eiern von Artgenossen zu sprechen, aber solche Philosophien gehen dir einfach durch den Kopf, wenn du eingesargt auf einem Smartdach durch die Gegend gefahren wirst).
Während ich mich also fühlte wie ein Thunfisch oder ein Ei, begann mein Rücken zu jucken, doch ich hatte keine Chance, mich zu kratzen. Der Platz war einfach zu beengt, und mir kam die Idee, dass die Erfindung eines Doppelsargs vielleicht eine Marktlücke war.
Sämtliche Transportmittel waren heutzutage als Zweisitzer erhältlich, ob Motorrad, Auto sowieso, selbst Rikscha und Fahrrad, das man dann Tandem nannte.
Auch sonst war unser ganzes Leben auf traute Zweisamkeit ausgelegt. Ob in Bus oder Bahn, überall saß man zu zweit nebeneinander, selbst unter wildfremden Leuten. Skilift, Gondel, Tretboot, immer schön zu zweit, man schlief im Doppelbett, aß am Zweiertisch, selbst Schuhe, Socken und Saiten waren gewöhnlich nur paarweise zu bekommen. Vielleicht wäre es auch eine Option für Thunfisch und Hühnerei, paarweise verpackt zu werden. Womöglich würde sich das Thunfischei oder der Eierthun zu einem Renner entwickeln?
Ich beschloss, sollte ich diesen Trip wohlbehalten überstehen, die Marktnische für Thuneier von einem Marktforschungsinstitut ausloten zu lassen und einen Prototyp in einen Testlauf zu schicken. Den Slogan hatte ich schon im Kopf, doch leider keine Möglichkeit, ihn mir zu notieren: »Planst du eine Feier nun, nimm zum Menü den Eierthun.«
Mit solchen Gedanken hielt ich mich bei guter Laune und versuchte, das Jucken meines Rückens zu ignorieren. Irgendwann musste ich dann wohl eingeschlafen sein, mein rechter Arm, der auf Vicos Bauch ruhte, war entspannt nach oben gewandert. In meinen Träumen genoss ich Libušes Nähe, wähnte sie längst nicht mehr als verdächtige Mörderin und spürte die Wölbung ihrer Brust in meiner Hand. Plötzlich entfuhr ihr ein Schrei, der mich hochschrecken ließ.
Ausgeträumt!
Ich schlug mir den Kopf am Sargdeckel an und lag starr vor Schreck, als ich bemerkte, dass es Vico war, der geschrien hatte! Jetzt bewegte er sich, seine Hand griff nach meinem Arm, schob ihn von seinem Oberkörper nach unten, und der böhmische Akzent, vor allem aber die helle Stimme, mit der er mich zurechtwies, machte mir mit einem Schlag klar, neben wem ich hier lag: Es war nicht die Leiche Vicos, sondern der quicklebendige Körper Libušes, der sich neben mir erstreckte so weit der Sarg reichte.
Aus dem Traum war brutale Realität geworden, ihre Unschuld war keinesfalls erwiesen, und ich wurde mir darüber im Klaren, dass ich mit einer potentiellen Mörderin im Sarg lag, die sich ihrer bisherigen Liebhaber mit Zyanid entledigt und es als Nächstes auf mich abgesehen hatte!
Meine Hand auf ihrer Brust war nicht geträumt gewesen und hatte in ihr jenen Schrei und die heftige Reaktion ausgelöst, die jetzt die von mir schon geglaubte wundersame Auferstehung Vicos in eine ganz gewöhnliche Verwechslung verwandelte: Die flüchtige Mörderin Libuše hatte dieselbe Idee wie ich gehabt und den Sarg als Fluchtversteck benutzt.
»Nix machän Liebä in Sarg mit Läbuschä!«, schimpfte sie und hielt meine Hand krampfhaft von ihrer Brust fern.
»Um Gottes willen, nein! Wie kommst du denn darauf und hierher?«, fragte ich im Dunkeln und entwand meinen Arm ihrem Griff. Dabei stieß ich mit dem Ellbogen gegen das Blech, was einen lauten Schlag auslöste. Auch Libuše strampelte sich frei und stieß mit ihren Beinen mehrfach gegen die Sargwand, dass ich schon fürchtete, unsere Ruhestätte könne ob so viel Unruhe vom Autodach fallen.
»Muss ich weg von Merdärgrube«, erklärte sie mit unschuldig klingender Stimme. »Sarg von Vico war gutä Meglichkeit.«
»Und Vico? Was hast du mit seiner Leiche gemacht?«
»Vico liegt scheen untär Bett deinigäs. Und ich hipfä in Sarg, bevor jemand merkt.«
»Sauber«, gab ich zu. »Und wie soll das jetzt weitergehn?«
»Ich hipfä wieder raus, wenn Wagän hält. Und du? Warum du liegst drin
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