Kriminalpolka - Kommissar Zufall ermittelt
Hotelzimmern brannte Licht, doch ich wusste nicht, in welchen. Zwei Polizeiautos und das Vernehmungsfahrzeug parkten noch immer vor dem Haus, daneben erkannte ich den schwarzen Smart mit dem Dachgepäckträger, auf dem James Smrt von Leichen-Smrt & Co. normalerweise seinen grauen Blechsarg transportierte. Doch der Sarg fehlte. Sicher war der Profibestatter damit oben in meinem Hotelzimmer, um den armen Vico Lahla in seine vorletzte Ruhestätte zu betten.
Ich überlegte fieberhaft. Irgendwie musste ich es schaffen, unbemerkt von hier fortzukommen. Meine Ausgangslage war alles andere als beneidenswert: Kommissar Donner verdächtigte mich des Mordes. Der Mordanschlag, dem Vico zum Opfer gefallen war, hatte eigentlich mir gegolten. Libuše Kabelková, die ich für die Hauptverdächtige hielt, war spurlos verschwunden.
Ich hatte nur eine Chance, mit heiler Haut und einigermaßen unschuldig aus der Geschichte herauszukommen, wenn es mir gelang, die Täterin zu überführen. Doch dazu musste ich mich zuerst einmal selbst in Sicherheit bringen.
Ein Geräusch am Haupteingang des ›Elchen‹ ließ mich aufhorchen. Die schmale Tür ging auf, und heraus kam, in seltsam gebückter Haltung, Dr. Smrt von Leichen-Smrt & Co. Ihm folgte, im Abstand einer Sargeslänge der Schlagzeuger Vlad Vell, den er wohl kurzfristig zu seinem Gehilfen ernannt hatte, wie einst mich nach dem Ableben von Langfried Schieber. Sie trugen den Blechsarg die Treppe herunter und stellten ihn neben dem Smart auf den Asphalt.
»Und wie kommt der jetzt da rauf?«, fragte Vlad Vell und zeigte auf den Dachgepäckträger.
»Da brauchen wir noch mal zwei Jungs«, antwortete Dr. Smrt. »Meinen Sie, Sie finden zwei Freiwillige?«
»Klar!«, sagte Vlad zuversichtlich. »Ich hole unsere Jungs vom Heavy Metal. Die sind es gewöhnt, schwere Kisten zu verladen.«
Er entfernte sich in Richtung der Halle.
»Ich geh’ noch mal rasch rein, habe meine schwarze Tasche drinnen vergessen!«, rief Dr. Smrt dem Schlagzeuger nach und verschwand im ›Elchen‹.
Das war meine Chance! Ich hatte inzwischen alle Möglichkeiten durchgespielt, von hier zu verschwinden, doch ich war auf keine vernünftige Idee gestoßen. Ich war mit Heini gekommen, hatte also keinen eigenen Wagen, um mich abzusetzen. Donner würde sicher alle Musikerfahrzeuge kontrollieren, um meiner habhaft zu werden. Zu Fuß konnte ich den Feldberg oder St. Blasien erreichen, doch dann? Ich musste abtauchen, mindestens nach Freiburg oder Stuttgart, um mir anonym in der Stadt ein Hotelzimmer zu nehmen, wo ich in Ruhe nachdenken, telefonieren und vielleicht im Internet recherchieren konnte.
Auf das Zeug aus meinem Zimmer konnte ich verzichten, die Flöte hatte ich bei mir, und so fasste ich kaltblütig den Entschluss, im Dunkel der Nacht vor dem ›Elchen‹ ein zugegeben ungewöhnliches Fluchtmittel zu nützen.
Der Blechdeckel ließ sich leicht abheben, ringsum war es finster, und doch kam es mir vor, als wäre die Nacht im Sarg noch dunkler. Ich drückte den armen Vico ein wenig gegen die Außenwand und legte mich der Länge nach neben ihn. Eigentlich hatte ich vor, ihm den Rücken zuzustrecken, da ich Kuscheln mit einer Leiche nicht unbedingt sehr angenehm fand, doch auf solche Kleinigkeiten konnte ich in meiner jetzigen Situation keine Rücksicht nehmen.
Es war Eile geboten, denn Smrt konnte jeden Augenblick zurückkommen. Also überwand ich mein Vorurteil, bildete mir ein, Vico sei die quicklebendige Libuše, legte ihm meinen Arm um die Taille und vergrub mein Gesicht in die strähnigen Haare seiner ohnehin leblosen Perücke.
Seltsamerweise roch er mehr nach Whisky als nach Zyanid, doch ich dachte nicht weiter darüber nach, während ich den Deckel über uns beiden schloss. Ich versuchte, ihn so zu verankern, dass er nicht abrutschen konnte, und stemmte mich von innen leicht dagegen. Er ließ sich zwar öffnen, weil niemand von außen die Verriegelung betätigte, doch der Deckel saß gut fest und hielt.
Ich merkte, dass ich auf dem kahlen Blechboden kalte Füße bekam, und begann meine Zehen in den Schuhen zu bewegen, als der Sarg nach oben gehoben wurde. Durch die dünne Blechwand hindurch hörte ich Vlad, Artur, Smrt und Basstian, den zweiten Tubisten schnaufen und schimpfen, während wir schwankend und schaukelnd auf dem Dach des Smart landeten.
Es folgten metallisch klickende Geräusche, mit denen der Sarg auf dem Dachgepäckträger befestigt wurde. Kurz darauf startete der Motor, und Vico Lahla
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