Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)
gegründete Spahis-Kavallerie, welche die Franzosen bei ihrer Eroberung Algeriens eingesetzt hatten. Sein dortiger Erfolg machte ihn zum idealen Kandidaten dafür, die Baschi-Basuks unter französischem Kommando zu organisieren. Am 22. Juli versammelte er in Warna eine Kavalleriebrigade von 4000 Baschi-Basuks, welche die Osmanen den Franzosen überlassen hatten, sowie verschiedene andere irreguläre Einheiten, darunter eine kurdische Reitertruppe unter dem Befehl von Fatima Khanum. Bekannt als Jungfrau von Kurdistan, führte die siebzigjährige Khanum ihre Stammesmitglieder, die mit Schwertern, Dolchen und Pistolen bewaffnet waren, unter dem grünen Banner eines muslimischen Krieges an. Auch Yusuf beschwor den Dschihad herauf, um seine Männer gegen die Russen anzustacheln und ihnen ein anderes Motiv zum Kampf zu geben als die übliche Aussicht auf Plünderung (welche die Franzosen unbedingt unterbinden wollten). »Wir sind gekommen, um den Sultan, unseren Kalifen, zu retten«, erfuhr Louis Noir, dessen Zuaven-Brigade sich Yusufs Streitmacht auf dem Marsch nach Norden von Warna her anschloss, von einer Gruppe Baschi-Basuks. »Sollten wir sterben, wenn wir ohne Sold für ihn kämpfen, werden wir direkt in den Himmel aufsteigen; würden wir für den Kampf bezahlt, hätte keiner von uns ein Anrecht aufs Paradies, denn wir hätten unsere Entschädigung auf Erden erhalten.« 35
Aber nicht einmal die Verheißung des Paradieses konnte die Disziplin von Yusufs Kavallerie gewährleisten. Sobald die Baschi-Basuks den Befehl erhielten, aus Warna aufzubrechen, begannen sie unter dem Vorwand zu desertieren, dass sie nicht für ausländische Offiziere kämpfen wollten (Yusuf sprach ein tunesisches Arabisch, das die Syrer, Türken und Kurden unter seinem Kommando nicht verstehen konnten). Ein Kavalleriespähtrupp ergriff beim ersten Anblick der Kosaken bei Tulcea en masse die Flucht, so dass die französischen Offiziere allein in den Kampf zogen (sie fielen ausnahmslos). Am 28. Juli besiegten Yusufs Streitkräfte die Kosaken und zwangen sie zum Rückzug, bevor sie selbst jegliche Disziplin verloren, Dörfer plünderten, Christen ermordeten und ihre Köpfe in der Hoffnung auf eine Belohnung zu General Yusuf zurückbrachten (die türkische Armee zahlte in der Regel eine Prämie für die Köpfe von Ungläubigen, darunter auch Zivilisten, die in einem heiligen Krieg besiegt wurden). Einige Männer ermordeten sogar christliche Frauen und Kinder und zerstückelten ihre Leichen, ebenfalls um eine Belohnung zu erhalten. 36
Am folgenden Tag erlagen die ersten Soldaten von Yusufs Truppe der Cholera. Die Sümpfe und Seen in der Donaumündung waren von der Krankheit verseucht, und die Zahl der Todesopfer erwies sich als alarmierend. Durch die Cholera und tagelange Märsche in der sengenden Hitze dehydriert, brachen Männer zusammen und starben am Straßenrand. Die Streitmacht löste sich rasch auf, denn Soldaten flohen, um der Krankheit zu entgehen, oder legten sich im Schatten eines Baumes hin, um sich dem Tod zu überlassen. Yusuf ordnete den Rückzug nach Warna an, wo die Reste seiner Armee, rund 1500 Mann, am 7. August eintrafen.
Auch in Warna stießen sie auf die Krankheit, denn ganz Südosteuropa war im Sommer 1854 von der Cholera ereilt worden. Sie suchte zuerst das französische und kurz darauf das britische Lager heim. Ein heißer Wind blies aus dem Innern des Landes, so dass die Lagerplätze von weißem Kalkpulver und einer Decke aus toten Fliegen überzogen wurden. Viele Männer litten unter Übelkeit und Durchfall und legten sich dann in ihre Zelte, um zu sterben. In Unkenntnis der Ursachen tranken die Soldaten in der Sommerhitze weiterhin Wasser, obwohl sich einige, wie die Zuaven, welche die Krankheit aus Algerien kannten, auf Wein beschränkten oder das Wasser für die Zubereitung von Kaffee (wovon die Franzosen enorme Mengen konsumierten) kochten. In den 1830er und 1840er Jahren kam es in London und anderen britischen Städten regelmäßig zu Choleraepidemien, doch erst in den 1880er Jahren sollte man den Zusammenhang mit den sanitären Verhältnissen erkennen. Ein Londoner Arzt namens John Snow hatte zwar bereits entdeckt, dass die Cholera durch das Kochen von Trinkwasser verhindert werden konnte, doch man nahm seine Befunde kaum zur Kenntnis. Stattdessen wurden giftige Ausdünstungen aus den Seen um Warna, übermäßiger Alkoholgenuss und der Verzehr von Beeren für die Krankheit verantwortlich gemacht. Die
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