Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)
denn der sonderbare britische Militärfetisch für die äußere Erscheinung des »Gentleman« war ihnen völlig fremd. Im Verlauf des Winters wurden die französischen Uniformen so buntscheckig, dass die Soldaten kaum noch wie eine reguläre Armee aussahen. Dafür froren sie viel weniger als ihre britischen Kameraden. »Sei unbesorgt«, schrieb Frédéric Japy vom 3. Zuavenregiment an seine ängstliche Mutter in Beaucourt,
dies ist meine Kleidung, von der Haut angefangen: ein Flanellunterhemd (gilet), ein Hemd, eine Wollweste, eine Uniformjacke, ein Übermantel (caban); an meinen Füßen Stiefel sowie, wenn ich nicht im Dienst bin, Lederschuhe und Gamaschen – es gibt also keinen Grund zur Klage. Ich besitze zwei Jacken, eine leichte von den Zuaven und eine monumentale, die ich in Konstantinopel gegen die Kälte gekauft habe; sie wiegt kaum weniger als 50 Kilogramm, und ich schlafe darin, wenn ich im Schützengraben Dienst tue. Wird sie durchnässt, gibt es keine Möglichkeit, sie zu tragen oder in ihr zu marschieren. Sollte es mir möglich sein, werde ich sie als Kuriosität nach Frankreich mitnehmen.
Louis Noir erläuterte, wie sich die Zuaven kleideten, um die Kälte zu überleben:
Unsere Bataillone – insbesondere diejenigen, die aus Afrika kamen – überlebten die eisigen Temperaturen auf bewundernswerte Art. Wir waren gut eingekleidet. Gewöhnlich trugen wir über unserer Uniform entweder einen großen Mantel mit Kapuze, manchmal eine criméenne oder ein Schaffell in Form einer Jacke; die Beine waren durch lange, pelzbesetzte Gamaschen geschützt; und jedem Soldaten hatte man eine warme Schaffellmütze ausgehändigt. Aber es gab keine Standarduniform, sondern jeder kleidete sich nach seinem eigenen Stil. Der eine wie ein Beduine, der andere wie ein Kutscher und der dritte wie ein Priester; andere bevorzugten den griechischen Stil; und manche Stoiker fügten der Uniform überhaupt nichts hinzu. Es gab alle möglichen Pantoffeln und Stiefel – aus Leder, aus Gummi, mit Holzsohlen und so weiter. Die Kopfbekleidung war völlig der Fantasie des Einzelnen überlassen …
Die Briten in ihren Sommeruniformen beneideten die Franzosen um deren warme Schaffelle und criméennes . »Das ist unzweifelhaft die richtige Kleidung für hier draußen«, bestätigte der Militärarzt George Lawson in einem Brief an seine Angehörigen:
Ich wünschte, unsere Männer hätten etwas Ähnliches … Viele von ihnen haben kaum noch Schuhe und Hemden, ihre Mäntel sind verschlissen und überall eingerissen, da die Soldaten nicht nur tagsüber in ihnen leben, sondern auch nachts in ihnen schlafen mussten, denn sie konnten sich nur in die feuchten Decken hüllen, die sie gerade aus den Schützengräben mitgebracht hatten. 4
Die alliierten Befehlshaber hatten auch den Unterkünften der Soldaten kaum einen Gedanken gewidmet. Die mitgebrachten Zelte waren am Boden nicht isoliert und boten kaum Schutz vor dem Wetter. Viele waren durch den Sturm irreparabel beschädigt worden – wenigstens die Hälfte derjenigen, die Hauptmann Tompkinsons Regiment von der Leichten Brigade benutzte. Er beschwerte sich darüber, dass die Zelte unbewohnbar seien: »Sie lassen so viel Wasser ein, dass der Boden unter ihnen bei schwerem Regen überflutet ist und die Männer die ganze Nacht hindurch an der Zeltstange stehen müssen.« Bei einer Inspektion des Lagers in Kadikoi fand Lord Lucan eine große Zahl untauglicher Zelte vor. Sie waren »verrottet, zerfetzt und boten den Männern keinen Schutz«; diese seien »fast erfroren« und litten schrecklich unter Durchfall. 5
Krimwinter, Krimsommer von Henry Hope Crealock, einem Hauptmann des 90. Leichten Infanterieregiments. Der Untertitel lautet: »Der britische Soldat, wie er sich mitten im Krimwinter kleidete – als wären es 20 Grad in der Sonne!!! Der britische Soldat, wie er sich mitten im Krimsommer kleidete – als wären es 40 Grad im Schatten!!!«
Die britischen Offiziere waren viel besser untergebracht als ihre Männer. Die meisten befahlen ihren Dienern, zur Isolierung im Innern des Zeltes einen Holzfußboden zu verlegen oder ein Loch zu graben und es mit Steinen auszukleiden. Manche ließen sich einen Unterstand mit Steinwänden und einem Reisigdach bauen. Am 22. November teilte Hauptmann William Radcliffe vom 20. Regiment seinen Eltern mit:
Meine Hütte macht stetige Fortschritte. Ich hoffe, bis Ende der Woche »unter der Erde« zu sein. Als Erstes musste eine Grube ausgehoben werden: 96 cm
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