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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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mit dem er nach der Auflösung des Reiches rechnete, doch sie hatten ihn zurückgewiesen, weil sie das Konzert der Großmächte erhalten wollten. Dann, im Herbst 1843, trat er erneut an die Österreicher heran und ließ die Idee eines von Russland, Österreich und Preußen (der Heiligen Allianz von 1815) gestützten griechischen Reiches wiederaufleben. Dies sollte die Briten und Franzosen daran hindern, die Beute des zerbröckelnden Osmanischen Reiches unter sich aufzuteilen. Nikolaus beteuerte, dass Russland nicht auf den Balkan vorrücken wolle, sondern vielmehr bereit sei, den Österreichern sämtliche türkischen Territorien zwischen der Donau und der Adria zu überlassen; Konstantinopel solle eine freie Stadt unter österreichischer Aufsicht werden. Es gelang ihm freilich nicht, das tiefsitzende Wiener Misstrauen gegenüber den russischen Ambitionen zu zerstreuen. Der österreichische Botschafter in St. Petersburg meinte, dass der Zar eine Situation herbeiführen wolle, in der er unter dem Vorwand, die Türkei zu verteidigen, in deren Angelegenheiten eingreifen könne, um seine eigenen Teilungspläne mit Militärgewalt durchzusetzen. In Wirklichkeit strebe der Zar kein von den drei Großmächten garantiertes griechisches Reich an, sondern einen »mit Russland durch Interessen, Prinzipien und Religion verbundenen und von einem russischen Fürsten regierten Staat … Russland kann dieses Ziel nie aus den Augen verlieren. Es ist eine Vorbedingung für die Erfüllung seines Geschicks … Das heutige Griechenland würde von dem neuen Staat verschlungen werden.« 3 Die argwöhnischen Österreicher wollten ohne Einverständnis der Briten und Franzosen nichts mit den Teilungsplänen des Zaren zu tun haben. Deshalb war Nikolaus nun nach London gereist, um die Briten für seinen Standpunkt zu gewinnen.
    Oberflächlich betrachtet, schien wenig darauf hinzudeuten, dass Nikolaus ein neues Bündnis mit Großbritannien schmieden konnte. Die Briten hatten sich auf ihre liberalen Reformpläne zur Rettung des Osmanischen Reiches festgelegt und hielten die russischen Pläne für eine große Bedrohung. Gleichwohl sah sich der Zar durch die diplomatische Annäherung der vorangegangenen Jahre zwischen Russland und Großbritannien ermutigt, die durch ihre gemeinsame Sorge über das wachsende Engagement Frankreichs im Nahen Osten ausgelöst worden war.
    Im Jahr 1839 hatten die Franzosen dem ägyptischen Machthaber Mehmet Ali bei seiner zweiten Rebellion gegen die Herrschaft des Sultans in Syrien zur Seite gestanden. Mit französischer Hilfe besiegten die Ägypter die osmanische Armee und gaben damit zu neuen Befürchtungen Anlass, dass sie wie sechs Jahre zuvor auf die türkische Hauptstadt marschieren würden. Der junge Sultan Abdülmecid wirkte zu schwach, um Mehmet Alis Forderungen nach einer Erbdynastie in Ägypten und Syrien widerstehen zu können, erst recht nachdem sich die osmanische Flotte bei Alexandria auf die Seite der Ägypter geschlagen hatte. Wiederum musste die Hohe Pforte um ausländische Hilfe bitten. Im Jahr 1833 hatten die Russen allein interveniert, um das Osmanische Reich zu retten, doch in dieser zweiten Krise beabsichtigten sie, mit Großbritannien zusammenzuarbeiten, um die Herrschaft des Sultans wiederherzustellen. Ihr Ziel war es, sich zwischen den Briten und Franzosen zu positionieren.
    Wie die Russen waren die Briten beunruhigt über die zunehmenden französischen Aktivitäten in Ägypten. Ebendort hatte Napoleon 1798 gedroht, das Britische Empire niederzuwerfen. In den 1830er Jahren hatten die Franzosen enorm in den florierenden Baumwollanbau und die gewerbliche Wirtschaft Ägyptens investiert. Sie hatten Berater nach Ägypten entsandt, um dessen Heer und Marine ausbilden zu lassen, und mit französischem Beistand waren die Ägypter eine ernst zu nehmende Gefahr nicht nur für die türkische Herrschaft. Als Kopf der mächtigen islamischen Wiedererweckungsbewegung gegen die Intervention christlicher Staaten im Osmanischen Reich inspirierte Mehmet Ali auch die muslimischen Rebellen gegen die Zarenherrschaft im Kaukasus.
    In der Folge wirkten Russland und Großbritannien zusammen mit Österreich und Preußen auf Mehmet Ali ein, damit er sich aus Syrien zurückzog und ihre Bedingungen für eine Übereinkunft mit dem Sultan akzeptierte. Diese Bedingungen, niedergelegt in der Londoner Konvention von 1840 und ratifiziert von den vier Großmächten und dem Osmanischen Reich, gestatteten Mehmet Ali, eine

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