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Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition)

Titel: Krimkrieg: Der letzte Kreuzzug (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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Erbdynastie in Ägypten zu begründen. Um seinen Rückzug sicherzustellen, segelte eine britische Flotte nach Alexandria, und eine angloösterreichische Streitmacht wurde nach Palästina entsandt. Eine Zeitlang leistete der ägyptische Herrscher Widerstand, da er mit französischer Hilfe rechnete. In Europa kamen Kriegsängste auf, als die französische Regierung die von den vier Mächten vorgeschlagenen Friedensbedingungen ablehnte und versprach, Ali beizustehen. Im letzten Moment aber machten die Franzosen einen Rückzieher, weil sie nicht in einen Krieg verwickelt werden wollten, und Mehmet Ali zog aus Syrien ab. Nach den Bedingungen der sich anschließenden Londoner Konvention von 1841, welche die Franzosen nur widerwillig unterzeichneten, wurde Mehmet Ali als Erbherrscher Ägyptens anerkannt, während er seinerseits die Souveränität des Sultans im übrigen Osmanischen Reich akzeptierte.
    Die Bedeutung der Konvention von 1841 beschränkte sich nicht darauf, dass sie Mehmet Alis Kapitulation sicherstellte. Man einigte sich außerdem darauf, die türkischen Meerengen in Kriegszeiten für alle Schiffe außer denen der Verbündeten des Sultans zu schließen – ein sehr großes Zugeständnis seitens der Russen, denn dies bot der britischen Flotte potenziell Zugang zum Schwarzen Meer, von wo aus sie die ungeschützten südlichen Grenzen des Russischen Reiches angreifen konnte. Durch die Unterzeichnung der Konvention hatten die Russen ihre privilegierte Stellung im Osmanischen Reich sowie ihre Kontrolle der Meerengen aufgegeben – all das in der Hoffnung, die Beziehungen zu Großbritannien zu verbessern und Frankreich zu isolieren.
    Aus Sicht des Zaren konnte es nur eine vorübergehende Maßnahme sein, die Macht des Sultans zu stützen. Während die Franzosen durch ihren Einsatz für die Rebellion geschwächt waren und Russland seiner Meinung nach mit den Briten eine neue Übereinkunft im Nahen Osten erreicht hatte, gelangte Nikolaus zu dem Schluss, dass die Londoner Konvention die Möglichkeit eines formelleren Bündnisses zwischen Russland und Großbritannien eröffnete. Die Wahl einer konservativen Regierung unter Sir Robert Peel im Jahr 1841 bekräftigte die Hoffnung des Zaren, denn die Tories standen den Russen weniger feindlich gegenüber als die vorherige Whig-Regierung von Lord Melbourne (1835–1841). Nach Überzeugung des Zaren würden die Tories positiv auf seinen Vorschlag reagieren, wonach Russland und Großbritannien die Initiative in Europa ergreifen und über die Zukunft des Osmanischen Reiches entscheiden sollten. Im Jahr 1844 brach Nikolaus – zuversichtlich, dass er die Briten für seine Teilungspläne gewinnen könne – nach London auf.
    Sein plötzliches Eintreffen im Juni überraschte alle Beteiligten. Seit dem Frühjahr war vage über seinen Besuch gesprochen worden. Peel hatte den Gedanken auf einem Bankett für die Russische Handelsgesellschaft in der London Tavern am 2. März begrüßt, und drei Tage später hatte Außenminister Lord Aberdeen über Baron Brunow eine förmliche Einladung erteilt, in der er dem Zaren versicherte, dass sein Erscheinen in Großbritannien »jegliches polnische Vorurteil [gegen Russland] zerstreuen« werde. »Es ist bedeutsam, dass sich ein reservierter und nervöser Mann wie Aberdeen so zuversichtlich über diese Angelegenheit äußert«, schrieb Brunow an Nesselrode. Was die Königin anging, so zögerte sie zunächst, den Zaren zu empfangen. Die Ursache war sein langjähriger Konflikt mit ihrem Onkel Leopold, dem König des gerade unabhängig gewordenen Belgien, der in den dreißiger Jahren viele polnische Aussiedler in seiner Armee aufgenommen hatte. Entschlossen, die legitimistischen Prinzipien der Heiligen Allianz aufrechtzuerhalten, hatte Nikolaus die durch die französische und die belgische Revolution von 1830 gestürzten Monarchien wiederherstellen wollen, woran er nur durch den polnischen Aufstand in Warschau im November desselben Jahres gehindert worden war. Seine Interventionsdrohungen hatten ihm das Misstrauen westeuropäischer Liberaler eingebracht, die ihn als »Gendarmen Europas« bezeichneten, während die polnischen Rebellen, die nach der Unterdrückung ihrer Revolte ins Ausland geflohen waren, in Paris, Brüssel und London mit offenen Armen aufgenommen wurden. Ebendiese Entwicklungen bereiteten Königin Viktoria Sorge, doch schließlich ließ sie sich von ihrem Gatten Prinz Albert (der ebenfalls ein Neffe von König Leopold war) überzeugen,

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