Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
fährt mit?«, fragte Jeb.
»Ich, ein Sanitäter, der in einer Minute eintrifft, und Tommy. Ich brauche noch einige Leute mehr, Menschen, die den Fluss kennen.«
»Ester sagte, Sie dürften die Stadt nicht verlassen.«
»Ich darf bei keinem Lkw-Konvoi mitfahren. Das hier ist etwas anderes.«
»Nur wenn man ein Spross wie Sie ist, junge Frau. Machen Sie nur weiter so, und Sie bringen sich noch ins Grab.«
»Eine Menge Leute sind darauf erpicht. Bislang hatte keiner Erfolg.«
»Also strapazieren Sie Ihr Glück lieber über Gebühr.«
»Beladen Sie das Boot, alter Mann.«
»Ich belade das Boot. Mick, du meckerst doch ständig darüber, nur in der Stadt herumzulungern. Schaffe mal deine Sommersprossen rüber zur Andrea Doria und sag Addie Bescheid, dass wir José brauchen. Diese Dame hier macht eine Flussreise, und sie braucht dafür den besten Flussschiffer, den wir haben.«
»Aber sicher, Paps«, sagte ein junger Mann von vielleicht achtzehn und rannte los.
»Ich lege noch Olaf drauf, den großen Bären von einem Kerl da drüben. Sie fahren in eine Schluchtenlandschaft und müssen vielleicht ein bisschen klettern, ehe alles gesagt und getan ist. Nabil, Akuba, ich brauche euch hier.« Zwei große dünne Männer, einer dunkel, der andere dunkler, trabten heran.
Der Sanitäter traf ein, begleitet von Tommy. Er blickte sich um, als erwartete er, Rauch im Regen aufsteigen zu sehen. »Was geht hier vor?«, fragte er Kris. Sie erklärte es ihm. Um den Ernst der Lage zu verdeutlichen, machte er sich daran, alle zu impfen,die für die Fahrt ausgesucht worden waren. »Kris, du sollst doch hierbleiben«, lautete Tommys Reaktion, als sie an der Reihe gewesen war.
»Habe ich ihr schon erklärt«, sagte Jeb schleppend. »Das Mädchen hört allerdings nicht zu, also sparen Sie sich den Atem.« Jeb betrachtete forschend das Boot; es lag etwa zehn Zentimeter tief im Wasser, als die Kisten mit Lebensmitteln und Impfstoff eingeladen worden waren. »Ich überlasse José die letzte Entscheidung, was die Zuladung angeht. Eine gewisse Last könnte hilfreich sein. Zu viel jedoch … Ich brauche Ihnen ja nicht zu erklären, dass der Fluss heutzutage ein echter Killer ist. Waren Sie je mit einem Wasserfahrzeug unterwegs?«
»Meine Familie hat ein Schiff. Ich bin auf einem See auf Wardhaven gesegelt.«
»Das hier wird ganz anders.«
»Habe ich auch erwartet.«
José traf ein, schnell gefolgt von Mick. Der braunhäutige Mann von vielleicht dreißig Jahren musterte das Boot, sprang an Bord, betrachtete alles noch etwas genauer und befahl dann: »Alles festbinden. Der Fluss wird echt tückisch sein, und ich brauche nicht noch mehr Ärger, als er mir ohnehin bereiten wird. Mick, beschaff mir ein paar Paddel und Stangen.« Erneut rannte Sommersprosse los.
Die Männer, die das Boot beluden, hatten reichlich Seillänge mitgebracht und machten sich nun daran, die Ladung ordentlich festzubinden. José hob die drei kleinen, flachen Kästen mit dem Impfstoff an. »Sind sie der Grund, warum wir dieses törichte Unternehmen starten?«
»Ja«, sagte Kris. »Ihnen ist sicher klar, was geschieht, wenn wir diesen Impfstoff nicht an den Oberlauf bringen.«
»Menschen sterben dort, und sobald der Fluss sie verschlingt, sterben wir alle. Denken Sie, ich würde etwas so Dummes aus einem anderen Grund tun? Jeb, besorge Rettungswesten für alle.Und drei Rucksäcke. Unsere Navyleute hier werden die Arznei schleppen.«
Kris gefiel es nicht, dass man sie zu einem Lasttier herabstufte. Sie öffnete den Mund, aber José schnitt ihr das Wort ab, ehe sie etwas herausbekam. »Hören Sie, gute Frau, ich befehlige dieses Boot. Wäre ich dort oben …« Er deutete zum grauen Himmel. »… und wollte in Ihrem Weltraum überleben, dann würde ich vielleicht auf Sie hören. Vorausgesetzt, Sie erweckten den Eindruck zu wissen, was Sie tun. Hier unten ist es José, der über diesen Fluss alles weiß, was es zu wissen gibt. Wenn Sie dieses Zeug zu diesen Menschen bringen möchten, dann hören Sie auf José. Sie tun, was er sagt, und Sie überleben vielleicht.«
Der Flussmann musterte den Meeresarm vor ihnen mit finsterer Miene. »Die Bucht ist schon schlimm, voller Hindernisse und Baumstümpfe und Wirbel, die einen im Kreis drehen. Der Fluss wird sich als noch viel schlimmer erweisen. Aber ich denke, dass José Sie vielleicht ans Ziel bringt.«
»Vielleicht?«, wiederholte Kris.
»Josés ›vielleicht‹ ist allemal besser als der sichere Tod, den Sie ohne
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