Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)

angewärmt bekommen, ehe wir irgendjemanden wecken.«
    Vielleicht zwei Dutzend Menschen schliefen auf dem Fußboden, zumeist ganz junge und alte Menschen. Drei Frauen lagen im einzigen Bett und waren von glänzendem Fieberschweiß bedeckt, während zwei weitere Frauen sie zu trösten versuchten. Der Sani ging dort hinüber, während Kris Sam zur Kochnische folgte und damit begann, Feldrationen aufzuwärmen. Der Geruch von Kaffee lockte weitere Menschen an. Sie bedienten sich leise und verschwanden lautlos wieder draußen im Regen.
    Sobald die Dinge ihren Lauf nahmen, tippte Sam Kris auf den Ellbogen. »Wir müssen reden.«
    Kris folgte ihm zum Küchentisch. Sam, seine Frau Karen und ein großer Kerl, der sich als Brandon vorstellte und Kris’ Hand zu zerquetschen versuchte, nahmen drei der Stühle und ließen Kris den vierten.
    »Also, was machen wir?«, fragte Brandon.
    Kris wartete erst, ob Sam oder seine Frau etwas sagen wollten, aber alle blickten sie an. »Mein Sanitäter wird Ihre Grearsonfälle so gut versorgen, wie er kann. In wenigen Minuten wird er damit beginnen, Sie alle zu impfen. Danach   …« Kris ließ den Satz unvollendet.
    »Danach sterben wir!«, blaffte Brandon.
    »Nein«, beharrte Karen.
    »Doch, tun wir«, erwiderte Brandon. Ringsherum lehnten Menschen an der Wand oder setzten sich auf den Fußboden. Alle, die im Haus wach waren, blickten die vier am Tisch an und warteten darauf, welches Schicksal sich für sie abzeichnenwürde. »Stellt euch den Fakten«, sagte Brandon, mehr an die Umstehenden gewandt als an die, die mit ihm am Tisch saßen. »Das Wasser steigt drei bis fünf Zentimeter pro Stunde. Wenn der Morgen anbricht, wird es uns hier drin bis zu den Knöcheln reichen. Keinerlei Kavallerie wird uns retten kommen. Die verdammte Navy ist schon da, und ihr könnt alle sehen, dass sie im selben Schlamassel steckt wie wir. Es war ein hübscher Trick, das Boot verschwinden zu lassen, selbst für eine Longknife.«
    »Wie Sie schon sagten, sitze ich im selben Boot wie Sie, oder eben in gar keinem Boot«, warf Kris ein. »Aber ich habe nicht vor, am Morgen tot zu sein.«
    Brandon schnaubte abschätzig. »Nur wenn ein Helikopter Sie abholen kommt, Schätzchen. Hat es Ihnen niemand erzählt? Beim Säuregehalt unseres Regens wurden alle Flugzeuge und sonstigen hübschen Spielsachen an außerplanetare Käufer verscherbelt. Hat Ihre Navy wieder welche gebracht?«
    »Nein«, antwortete Kris, die niemanden anlügen wollte, der sie hier anblickte. Sie schaute sich unter den Menschen um und hoffte, in deren Augen zu lesen, dass sie sich darauf verließen, dass sie sie ungeachtet aller Schwierigkeiten aus diesem Elend herausholen würde. Was sie jedoch vorfand, war blanke Hoffnungslosigkeit, als hielten die Menschen sich schon für tot. Kris schluckte. Diese Leute erwarteten von ihr nicht Hoffnung, sondern nur die Erlaubnis, dass sie sich endlich gänzlich aufgeben durften.
    »Also, hier sind wir im vierundzwanzigsten Jahrhundert und haben nichts weiter zur Verfügung als unsere beiden Hände, um uns zu retten, kleine Schwester, nur sind unsere Hände bereits bis auf die Knochen abgewetzt, und wir haben uns nicht retten können. Wenn wir schon sterben, dann sage ich: Nehmen wir die ganze Schlammkugel mit!«
    Diese absurde Äußerung brachte die Zuhörer nicht einmal dazu, mit den Füßen zu scharren. Kris blickte Sam und Karenan. Die starrten auf den Tisch, die Augen so tot wie die ertrunkenen Kühe, die Kris auf dem Weg hierher vom Boot hatte wegschieben müssen. Wie konnte nur irgendjemand so hoffnungslos sein? So hilflos?
    »Warum sollten wir diesen Planeten nicht mit zur Hölle nehmen?«, fuhr Brandon fort. »Niemand hat je etwas für uns getan. Und ihr wisst alle, welches Angebot Sam gemacht wurde. Weiß es auch die kleine Miss Longknife hier? Vielleicht hat ja Ihr Großvater Sam dieses Angebot gemacht.«
    »Ich weiß kaum etwas über die Geschäfte meines Großvaters Alex. Für den Fall, dass Sie es noch nicht bemerkt haben: Ich bin frischgebackener Ensign der Raumflotte und derzeit ohne ein Paddel an einem verschlammten Fluss gestrandet.« Kommt schon, Leute: Lacht, lächelt, zeigt irgendeine Reaktion!
    Die Leute rings um Kris starrten einfach nur auf den Fußboden.
    »Man hat Sam einen Penny für jeden Dollar angeboten, den diese Ranch wert ist, Navy-Frau. Was sagen Sie dazu? Wenn all dies vorüber ist, sind wir alle nur noch Lohnsklaven wie die Fabrikarbeiter auf der Erde. Ich will verdammt