Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
sodass sie direkt in den Laderaum fahren konnten. Tommy wartete schon, die Tasche mit den Prüfgeräten in der Hand.
»Bereit, dieses Mistding auseinanderzunehmen?«, fragte Kris beim Aussteigen.
»Nee«, sagte er, während er entspannt an der Hangartür lehnte. »Dachte mir, ich schnappe etwas Luft.« Er wedelte mit dem Prüfgerät. »Welches LSB war deins?«
Kris wies die Marines an, das Boot auszuladen, und entließ sie anschließend. Tommy machte sich sogleich an die Arbeit. Kris ging zu ihrem Spind und zog den Sprunganzug aus. Liebend gern hätte sie eine Dusche genommen, aber sie hatte keinen Schimmer, wo im umorganisierten Schiff das möglich gewesen wäre. Also begnügte sie sich damit, die Khakis von gestern anzuziehen. Nachdem sie sich umgezogen hatte, winkte Tommy sie herbei, um einen Blick ins Innenleben des Cockpits zu werfen. »Was kannst du mir über meinen kaputten Kommlink erzählen?«, wollte sie wissen.
»Dass mir das Herz stehen blieb, als du offline gingst«, antwortete er.
Kris wusste nicht recht, ob das Santa Marias irische Redeweise war, oder ob Tommy tatsächlich mit ihr flirtete. Sie wich dieser Fragestellung aus, indem sie ihn ignorierte.
Er fuhr fort: »Zu diesem Kommlinkmodell ist ein Rückruf ergangen. Der Zulieferer bekam eine Charge Bauteile unklarer Herkunft, aber sie passierten die anfängliche Qualitätsprüfungsowohl des Zulieferers als auch das Endlieferanten … das behaupten jedenfalls die Papiere. Ich sehe mir das mal an.«
Die Abdeckung war demontiert und gab den Blick auf das technische Innenleben des Cockpits frei. Kris brauchte Tommys Zauberprüfgerät nicht, um das Problem zu entdecken: Die Leiterplatte, die er herausnahm, wies Stellen angebrannten Kunststoffs auf. »Kann man feststellen, ob das nur dummer Zufall war oder ob sich jemand daran zu schaffen gemacht hat?«, erkundigte sich Kris und gab der Paranoia, die sie auf dem Schoß ihres Vaters gelernt hatte, freie Bahn.
Tommy kniff ein Auge teilweise zu, während er sie ansah. »Wer sollte sich daran zu schaffen gemacht haben? Es wurde im Depot gewartet.«
Kris seufzte, richtete sich auf und lehnte sich an einen geschlossenen Spind. Sie musterte die vor ihr ausgebreiteten Teile und versuchte, daraus schlau zu werden. Hatte eine Zufallslieferung defekter Teile beinahe sie und ihre Marines umgebracht? Und sie dann gerettet!
»Was denkst du?«, fragte Tommy, der neben ihr hockte.
»Dass ich jetzt die Nachbesprechung mit dem Team durchführen sollte«, sagte sie, ohne sich gezielt an jemanden zu wenden. »Stand nicht in irgendeinem der Bücher auf der OKS etwas über Manöverkritiken und darüber, dass dies posttraumatische Belastungen mildern könne, nachdem man besonders belastende Erlebnisse hatte? Denkst du, beim Atmosphäreneintritt beinahe geröstet zu werden, zählt in dieser Hinsicht?«
»Für Oma Chin und die Ahnen täte es das«, stimmte ihr Tommy zu.
»Im Grunde fühle ich mich selbst ein wenig gestresst. Schon bald muss ich mit meinem Vater ein langes Gespräch über die Auftragsvergabepolitik seiner Regierung führen«, sagte sie. Dann fiel ihr etwas ein. »Wenn zu diesem verdammten Teil ein Rückruf erfolgt ist, warum hat man es dann nicht ausgetauscht?«
»Wir hatten kein Ersatzteil. Der Nachschuboffizier von Geschwader sechs hatte mir einen Ersatz in drei Tagen versprochen. Am zweiten Tag sind wir dann in den Einsatz gegangen.«
»Pech? Klar. Weißt du, Tommy, ich denke, ich muss in dieser Hinsicht wirklich etwas ändern. Irgendeinen Vorschlag?«
»Hast du es schon damit probiert, Milch für das kleine Volk rauszustellen?«
»Ich denke, ich gönne mir ein Bier«, brummte sie. »Das kleine Volk kann alles haben, was ich verschütte.«
»Ist okay für mich«, grinste der Leprechaun an ihrer Seite.
Ehe Kris noch etwas sagen konnte, gingen die Kommlinks beider los und taten ihr Bestes, um die Hornsignale des Offiziersrufes zu übermitteln. Captain Thorpe hatte sehr altmodische Vorstellungen von militärischer Etikette und Motivierung. Kris und Tommy drückten die Tasten ihrer Geräte gleichzeitig und durften so dieselbe Nachricht in Stereo hören.
»Der Generalmanager von Sequim ersucht um die Anwesenheit aller Schiffsoffiziere auf einem Empfang in seiner Residenz um neunzehn Uhr dreißig Ortszeit. Die Taifun startet um siebzehn Uhr Ortszeit zum Hauptraumhafen von Sequim. Zu dem Anlass ist die weiße Galauniform zu tragen.«
Kris schnupperte nach dem eigenen Geruch, entschied, dass sie
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