Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
makellose Küche. Wie schon seit vielen Jahren warteten die Töpfe in der unteren rechten Schublade neben dem Herd auf Kris. Das Mehl wurde im weißen Tonkrug an der Rückseite der Anrichte aufbewahrt. Eine Tüte Schokoladenstreusel von Ghirardelli hielt wie üblich im obersten Regal der Speisekammer Wache. So vieles hatte sich auf der Welt verändert, aber Tante Trus Küche bildete einen Fels in der Brandung, auf den sich Kris immer verlassen konnte.
Es besaß etwas von spiritueller Heilkraft, wenn ein kleines Mächen in einer Küche losgelassen wurde, um zu backen … oder auch ein großes Mädchen. Während sich die wundersamen Düfte rings um sie ausbreiteten, leckten Kris und Tom den Löffel ab, futterten Teigstücke und hätten ganze Brocken aus dem Hauptklumpen gerupft, hätte nicht Tru lautstark und nachdrücklich die Befürchtung ausgedrückt, es bliebe letztlich gar nichts mehr übrig, was gebacken werden könnte. Harvey rollte sich derweil mit seinem Datenleser in einer Ecke zusammen, schlug alle Kuriositäten der Nachrichtenlage nach und diskutierte die seltsamsten davon mit jedem, der ihm zuhörte. Trubastelte am Computer herum. Sie hatte die Abdeckung entfernt und das Innenleben wie Gedärme freigelegt, aus denen Prophetisches zu deuten war.
»Dieses Stück künstliche Intelligenz hat mit Ermittlungen zu tun, die derzeit auf Sequim wegen einer Entführung laufen, nicht wahr?«, fragte Tru und schloss Teile des fehlerhaften Geräts an einen Analysator an, den sie selbst konstruiert hatte.
»Ja«, gab Kris zu und unterbrach sich dabei, ein Backblech einzufetten. »Die dortige Polizei schien jedoch nicht besonders daran interessiert. Zumindest hat niemand gefragt, wo der Computer geblieben ist. Ich dachte mir, du hättest eine größere Chance, etwas darin zu finden, als irgendjemand auf Sequim. Und außerdem wäre ich beinahe auf einem Minenfeld umgekommen, das diese Dreckskerle angelegt hatten. Brandneue Landminen vom Typ 41, die bislang noch nicht mal an meine Marines ausgegeben werden, geschweige denn an Entführer. Ich möchte herausfinden, woher sie ihre Tech erhalten haben.« Kris spitzte die Lippen. »Und wer die Vorlaufkosten aufgebracht hat.«
»Worauf gründet die Polizei ihren Fall?«, fragte Tru gedankenverloren.
»Auf Geständnisse«, warf Harvey ein. »Die vier singen wie die besten irischen Tenöre in einem gut besuchten Pub, denkst du nicht auch?«, fragte er Tom.
»So laut, aber nicht so schön«, antwortete der junge Ensign.
»Vier?« Kris wandte sich von ihren kulinarischen Pflichten ab. »Wir haben fünf gefangen genommen.«
»Einer hatte am Tag, nachdem du ihn eingesackt hattest, einen Herzanfall«, antwortete Harvey, ohne von seinem Datenleser aufzublicken.
»Hmm«, murmelte Tru, ehe Kris fragen konnte, welcher der Männer bereits einen Sarg belegte, »ich bin drin, aber es scheint, als hätte hier ein Paranoiker alles verschlüsselt. Sieht nach Standardkommerzware aus. In wenigen Minuten müsste ich ein paar interessante Sachen gefunden haben. Wer sind diese Entführer?«, wandte sich Tru an Harvey.
»Sie behaupten, nur kleine Gauner zu sein«, sagte Harvey und blätterte durch seinen Datenleser.
»Und woher stammen sie?«
Harvey blätterte zurück. »Erde, New Haven, Columbia, New Jerusalem.« Damit war ein großer Teil der Sieben Schwestern abgedeckt, der ersten Planeten, die man von der Erde aus kolonisiert hatte. Die beiden ersten, New Eden und New Haven, wurden als offene Kolonien gegründet; Yamato, Columbia, Europa und New Canton bezogen ihre Ursprungsbevölkerung aus bestimmten Regionen der alten Erde. New Jerusalem war ein besonderer Fall gewesen … und war es immer noch. Fünf kleine Gangster von der Erde und dreien ihrer sieben übervölkerten Schwestern hatten das Kind des Generalmanagers einer rauen Randweltkolonie entführt. Bei dieser Information zog Tru eine Braue hoch.
Harvey schnaubte. »Die verdammten Dreckskerle bezogen Stütze vom Staat und hatten nichts weiter zu tun. Als kleine Ganoven müssen sie sich dann ausgerechnet haben, sie könnten dicke Knete abkassieren, indem sie einen hart arbeitenden Randweltler treffen, und sich danach zu einem Leben aus Spaß und Spielen nach Hause zurückziehen.«
Kris verbarg ihr Erstaunen über Harveys Einstellung. Sie wusste, dass eine Menge Randweltler nicht viel von den Milliarden auf den Zentralwelten hielten, die nicht auswandern wollten. Kris hatte die Lage sogar auf dem College studiert. Die Erde
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