Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
Marmors und machte die kühle Wucht des Prunksaals nochüberwältigender. Was für ein wunderbarer Raum für die Mächtigen von heute, um ihren Augenblick des Ruhms zu feiern!
Kris betrachtete die Menschen, die sich hier versammelten, und fand sie von der Umgebung in den Schatten gestellt. Die meisten Männer waren leicht zu vergessende Gestalten in schwarzen Fracks und weißen Krawatten, nach Wahl in Strumpfhosen oder normalen Hosen … wobei die Wahl nicht immer nach dem Kriterium gefallen war, was ihnen gut stand. Mutter bildete das Vorbild für die Damenmode, mit einem bodenlangen roten Kleid, das mindestens einen Meter zwanzig weit um sie herum den Raum beanspruchte und nach Kris’ Schätzung von mindestens zwanzig Petticoats in Form gebracht wurde. Oben endete dieses Arrangement für Kris’ Geschmack viel zu früh in einem engen glänzenden Bustier, das für alle Welt emporhielt, was eine Frau zu bieten hatte – nur dass alle Frauen dergleichen trugen und die Männer zu sehr damit beschäftigt wirkten, selbst gesehen zu werden, als dass sie all die Schönheit ringsherum hätten bemerken können. Alle Männer außer Tommy.
Als Kris zum ersten Mal den hochstehenden engen Kragen der weißen Galauniform geschlossen hatte, hielt sie ihn für ein Folterinstrument. Natürlich konnte man sich auf Mutter verlassen, sich etwas Schlimmeres auszudenken. Kris, die nichts vorzuweisen hatte, was ein Bustier hätte hochhalten können, fühlte sich hinter dem gestärkten Weiß der Uniform wohl. Leider machte die Uniform Tommys Blick weniger irre, als es die Bustiers taten.
Mutter hielt im fernen Südwinkel des Ballsaals Hof inmitten von Damen der Gesellschaft, Parlamentariergattinnen und ähnlichen. Vater zog aus eigenen Gründen seine Kreise inmitten der Mehrheit von Männern aus Parlament und Geschäftswelt im nördlichen Winkel. Kris’ großer Bruder Honovi, der noch in seiner ersten Legislaturperiode im Parlament war, hielt sichdicht an Vaters Seite. Er war dabei, das Familiengeschäft vom Besten zu lernen; Kris wünschte ihm alles Gute.
Im Ostwinkel hatte eine Flotte von Admirals und Generals Anker geworfen. Captains und Majors bildeten ringsherum eine Eskortlinie und schienen die hohen Tiere vor allen außer den beharrlichsten Zivilisten zu schützen. Kris überlegte, dort Zuflucht zu suchen, aber den Kern bildete eine weitere Mächtigkeitsballung von Familie mit ihren Urgroßvätern Longknife und Trouble. Sie hatte keine Ahnung, wie sie sich bei ihrer ersten Begegnung seit zehn oder fünfzehn Jahren verhalten sollte. Warf ein Ensign die Arme um einen alten General und drückte ihn, oder nahm sie Haltung an und stieß ein forsches »Guten Tag, Sir!« hervor? General McMorrison, Stabschef von Wardhaven, stand direkt neben General Ho, Generalstabschef der Erde. Umgeben wurden sie von einem ungewöhnlich großen Kontingent von weiteren planetaren Stabschefs. Irgendwie bezweifelte Kris, dass sie selbst die erforderliche Sicherheitsfreigabe genoss, um sich deren Plauderei anzuhören.
Also fügte sie sich ins Unvermeidliche und wandte sich der Umgebung des Premierministers zu, um mal zu sehen, welche offiziellen Pflichten ihr zugedacht waren. Ehe Kris ihren Vater erreichte, löste sich Honovi von dessen Seite und fing Kris ab. In seinem Kielwasser fuhr ein ihr unbekannter Typ, der nach Kleidung und Bürstenschnitt wohl ein Sicherheitsagent war. Kris begrüßte beide mit einem Lächeln. Der Agent nickte ihr doch tatsächlich zu. Honovi legte sofort mit einer Tirade von aktueller Thematik los.
»Kleine Schwester, du hast den alten Herrn wirklich außer Fassung gebracht. Es ist schlimmer als damals, als du zur Navy durchgebrannt bist.«
»Ich scheine wirklich diese Wirkung zu haben.« Beide tauschten jenes Achselzucken aus, das sie schon vor langer Zeit als Reaktion auf das Unausweichliche gemeistert hatten.
»Na ja, für heute konnte ich ihn beruhigen. Was sagst du dazu, wenn wir beide nicht das Risiko eingehen, ein Schwätzchen zwischen ihm und dir zu provozieren?«
»Ich könnte einfach die Runde machen und lächeln und ein paar nette Worte sagen.«
»Sehr wenige, sehr nette Worte«, betonte Honovi auf seine ärgerliche Art, die darin bestand, so zu tun, als hätte er Kris zu etwas überredet, obwohl sie den entsprechenden Entschluss längst selbst gefasst hatte.
Kris nahm übertrieben Haltung an. »Ja, Sir, keine Frage, Sir!«
»Irgendwie zweifle ich daran, dass selbst die Navy meiner kleinen Schwester
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