Kris Longknife: Die Rebellin: Roman (German Edition)
vernehmen war. »Anscheinend sind jedoch Leute, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten, für dieses Etablissement nicht gut genug.« Als es an den Tischen still wurde, warf sie einen Blick zu dem hinüber, an dem sie im vergangenen Jahr noch selbst gesessen hatte. »Ihr könntet das unter eure Probleme des vierundzwanzigsten Jahrhunderts aufnehmen.«
Nachdem alles gesagt war, was zu sagen sich gelohnt hatte, marschierte sie zur Tür. Tom und Harvey schlossen sich ihr an. Im Gleichschritt brachten sie die Strecke bis zum Ausgang rasch hinter sich. Zwei Studenten traten gerade ein. Sie warfen nur einen Blick auf die Phalanx, die sich ihnen näherte, wichen zwei Schritte weit zurück und hielten die Tür weit offen, während Kris ihre winzige Abteilung in die Sonne hinaus führte. Dann eilten sie schnell hinein und zogen die Tür hinter sich zu.
»Das hat Spaß gemacht!« Tom grinste.
Kris blickte mit zusammengekniffenen Augen zum blauen Himmel hinauf, aus dem die grelle Sonne einen schönen Frühlingstag beschien. »Wir müssen Tommy eine Sonnenbrille besorgen.«
»Eine Sonnenbrille«, echote der Santa-Marianer.
»Ja. Du bist jetzt in meinem Gravitationsfeld, Spacer«, sagte Kris und wandte sich dem Wagen zu. »Kein Raumhelmvisier schützt hier deine babyblauen Augen, kein Raumanzug deine Haut vor meiner Sonne. Du brauchst auch Lichtschutzcreme, du käsegesichtiger Weltraummensch.«
»Und warum sollte ich das alles brauchen?«
»Harvey, haben meine Eltern noch immer die Oasis auf dem See liegen?«
»Und die Besatzung wartet sie noch immer jede Woche, umsicherzustellen, dass keine Probleme vorliegen, obwohl der Premierminister und seine Dame das Schiff seit fünf, sechs Jahren nicht mehr benutzt haben.«
»Ihr Verlust.« Kris packte ihren Ensignkameraden am Ellbogen. »Tommy, mein Junge, du stehst im Begriff zu erfahren, wie toll es ist, wenn dir der Wind durch die Haare fährt, du ein stolzes Schiff unter dir hast und einen Stern über dir, anhand dessen du es navigieren kannst, selbst wenn es nur auf die andere Seite des Sees geht.«
»Ein echtes Segelschiff!«, schwärmte Tommy in gebremstem Enthusiasmus. »Irgendeine Chance, dass ich Thorpe überreden könnte, mich die nächsten sechs Wochen auf der Taifun zu verstecken? Meine Koje dort kommt mir immer verlockender vor.«
»Komm schon, Tommy, du bist zwischen den Sternen gesegelt. Hast du dich nie gefragt, wie die Alten einst die Meere der alten Erde befuhren?«
»Nein. Ich habe auch noch nie schwimmen wollen.«
»Hab keine Angst, mein Junge, ich gebe dir einen Rettungsring, der für deine Sicherheit sorgt, solltest du mehr Wasser begegnen, als du trinken kannst.«
»Genau das, was ich mir immer gewünscht habe: ein bisschen Kork und Plastik zwischen mir und dem Erstickungstod.«
»Und was ist ein Raumanzug?«, lachte Kris.
»Etwas, womit ich vertraut bin.«
»Harvey, zum See!«
Während sich der Wagen in den Verkehr einfädelte, nahm sich Kris einen Augenblick Zeit, um mit Nelly zu reden. »Führe eine planetenweite Suche nach Longknifes und Peterwalds durch und nach jedem Kontakt, den sie oder ihre Unternehmen in den zurückliegenden achtzig Jahren hatten. Weite die Suche anschließend auf die gesamte Society of Humanity aus. Bevor du zu weit ausgreifst, sieh mal auf Tantchen Trus Computer nach, ob sie vielleicht etwas zu dem Thema gespeichert hat.«
»Trus Computer ist sehr gut gesichert«, stellte Nelly fest.
»Ja, aber du findest vielleicht eine oder zwei Dateien in einem weniger stark gesicherten Vorraum von Sam. Vater hat mir untersagt, mit Tru zu reden, aber ich vermute, dass sich das nicht auf dich und Sam erstreckt.«
»Leite die Suche ein.«
Kris lehnte sich entspannt in den Ledersitz des Wagens zurück. Auch wenn jemand stärker darauf erpicht war, sie tot zu sehen, als sie es als Tochter des Premierministers gewöhnt war, so fand sie doch hier auf Wardhaven das gewohnte Maß an Sicherheit. Sie hatte sechs Wochen Zeit, um sich darüber klar zu werden, ob ein gewisser frischgebackener Ensign sich um mehr als die üblichen Probleme einer Flottenkarriere den Kopf zerbrechen musste. Das war reichlich Zeit. Als jemand, der im Haushalt eines Politikers aufgewachsen war, hatte Kris das frühzeitig gelernt: Die Zeit konnte alles verändern.
Am nächsten Tag hatte Kris einen leichten Sonnenbrand, war aber so glücklich, wie sie es nur sein konnte, nachdem eine steife Brise ihr die Spinnweben aus dem Gehirn geblasen hatte. Sie und Tommy
Weitere Kostenlose Bücher